290 Ueber die Ursprünge des Philonischen Logos.
dagegen gesträubt und sie wo hl gar als heidnischen Auswuchs weit von sich gewiesen; es ist oft fatal, daß wer A gesagt hat, auch B sagen muß, und es ist nicht selten, daß selbst begabte Denker die aus ihren Sätzen gezogenen nothweudigen Schlußfolgerungen verleugnen ; dieser weite, hier geradezu himmelweite Weg von der Prämisse zum Schluß trennt Philo von der spätem Auffas- sung; aber mancher arme Kopf, der in spätern Jahrhunderten vom Rumpfe getrennt worden ist, weil er trotz aller Muhen die dogmatischen Monstrositäten nicht bekennen und sich zu eigen machen konnte, durfte Philo als den Urheber seines Unglücks anklagen. Philo brauchte diesen LogoS, weil er es der Würde Gottes für nicht entsprechend hielt, sich mit der Materie zu be- flecken, weil Gott als reiner Geist einfach gar nicht unmittelbar wirken könne auf das ihm völlig Entgegengesetzte; dieser Grund ist natürlich nur stichhaltig, wenn der Materie ein eigenes Dasein neben Gott zukönunt; wird aber erst diesem rohen Substrat Selbstständigkeit zugesprochen, so ist schon ein sehr bedenklicher Bruch in die monotheistische Lehre des Judenthums gekommen, ein Bmch, welcher trotz des aristotelischen ex nihilo nihil fit die späteren Religionsphilosophen gezwungen hat, eine Schöpfung aus Nichts zu constatiren.
Ohne nun schon hier zu untersuchen, in wie weit sich Philo selbst treu bleibt, wollen wir zuvörderst der Frage näher treten, was ihn denn in seiner Spekulation dazu bewogen hat, die Ma- terie selbstständig zu machen. Es war dies die Existenz des Bösen, welches ja unmöglich aus Gott selbst gekommen sein könne er; bedurfte eines Grundes, aus dem das Böse entspringt und so gewann die Materie in seiner Anschauung Dasein neben Gott; da nun wiederum Gott nichts auf das ihm völlig Konträre wirken kann, so erschuf er den Logos erstens.aus dem kosmischen Princip, um vermittelst seiner die Welt zu bilden, sodann aus dem ethischen, um die Welt zu strafen; denn Böses könne nun einmal schlechthin von Gott nicht kommen; es entsteht aus der Materie