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Josue J 6ho ud a.
Der dritte jüdische Roman von Josue Jehouda ist in Paris erschienen. Dieser Schriftsteller ist im Jahre 1892 in Makarov in der Ukraine geboren. Seine Eltern gehörten jenen mystischen Kreisen an, denen die Philosophie des Lebens als eine lebendige Religion der Freude erscheint. Nach einer gefährlich bewegten Jugend durchreiste Jehouda ganz Europa und den Orient. Seit 1912 lebt er in Genf, wo er die schweizerische Nationalität erworben hat; deshalb hat er auch die französische Sprache benutzt, um seine Gedanken auszudrücken. Alle seine Werke haben denselben Zweck: Jehouda will eine Theorie des Judentums bauen, die die Tradition mit der Notwendigkeit des modernen Lebens vermählt.
Jm Jahre 1923 hat Jehouda „Royaume de Justice" veröffentlicht, seinen ersten Roman, voll Jugend und Schwärmerei: Ben- son Lourie wird in einem unbekannten Ghetto in Rußland geboren. Als er 13 Jahre alt wird, erlebt er die Grausamkeit eines Pogroms, bei dem sein Bruder getötet wird. Er flieht. Er sucht das Land der Freiheit, wo er ohne Furcht studieren und leben darf. Er fährt nach Genf und findet dort einen russischen Kreis. Er fängt dort an zu leben; durch das Leiden und durch die Liebe lernt er verstehen, daß die Gerechtigkeit nur im Herzen des Menschen sich entwickeln kann. Im Jahre 191 k fährt er nach Rußland zurück, weil das Vaterland nach Hilfe ruft . . .
In einer ganz einfachen Sprache versucht J6houda das Leben des jüdischen modernen Suchers und Kämpfers zu erzählen. Er kann die Freude der Chassidim darstellen, für welche das Unglück überhaupt nicht existiert. Die Frauen beurteilt er freilich zu streng, weil er nur Tänzerinnen oder anspruchsvolle Damen beobachtete. Wenn er aber das Innenleben des Denkers betrachtet, schreibt er: „Jedermann ist selbst König einer Welt. Wenn er seine eigenen Kräfte nach Rangordnungen einteilt, wenn er die Ordnung und die Schönheit zur Herrschaft erhebt. Dort ist das Königtum der Gerechtigkeit."
In „l'E ducation de l'Inconscient" (die Erziehung des Unbewußten) bei Oliven, 1924, erschienen, bietet uns Josu6 Jehouda eine naturalistische Weltanschauung.
Wir müssen alle Kräfte verwirklichen, die in uns schlummern, bevor wir daran denken, ein menschliches Werk zu bauen. Durch das Denken und durch die Tat müssen wir unsere unbewußten Triebe erziehen. Die Pflege des Körpers, die Bewegung und der Wille können das Denken sehr leicht beeinflussen.
Durch „La Terre Promise" (das verheißene Land, 1925) ist Jehouda zu dem lebendigen Judentum zurückgekehrt. In diesem Buche versucht er einen Gesamteindruck des neuen Palästina zu geben. Nach Jerusalem ist er zweimal in seinem Leben gefahren und war sicher etwas enttäuscht- Ei zeigt, wie die Alten den Jungen entgegenstehen, und wie „das zionistische Beamtentum durch einige Intriganten monopolisiert wird". Die Religion des Reichtums kann alles in einem neuen Lande verderben. Man kann aber auf die Zukunft mit Vertrauen warten, weil die genialen Kräfte eines Volkes mehr erwecken können als die internationalen Stipendien.
Im Jahre 1927 hat Jehouda mit dem großen europäischen Dichter Panalt Istrati zusammen einen Roman geschrieben: „L a Familie Perlmutter" (die Familie Perlmutter). Die Kinder einer jüdischen Familie aus Rumänien zerstreuen sich in alle europäischen Länder, weil das Leben unter einer unmenschlichen Regierung unerträglich wird. Wenn man aber in der Verbannung lebt, findet man nicht leicht das Glück, das nur ein ruhig organisiertes Leben ermöglichen kann. Die Kinder sterben oder töten sich selbst, ohne in einem festen Boden wurzeln zu können. Dieser Roman bewegt uns durch den starken Pessimismus und die grausame Wahrheit.
1927 hat Josue Jehouda zudem den ersten Band der Tragödie Israels: „De pere en fils" (Vom Vater bis zum Sohn) geschrieben. Der Inhalt ist einfach. Moischt Sewski ist aus Rußland geflohen und lebt jetzt in Zürich mit seiner ganzen Familie. Er lebt als ein bescheidener Schneider, der nur seinen Laden und die Synagoge besucht. Seine Kinder aber werden durch die Freiheit der modernen Welt geblendet. Der Sohn David fährt nach Paris und findet dort einen früheren Hausierer, der als Schieber ein großes Vermögen erworben hat. Dank ihm erreicht er eine große Stellung. Das Leben scheint dem
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