Zeüs&rift für Politik, Wirtschaft und Literatur in Ost und West

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I. Jahrgang 10. Februar 1917 Heft 9

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Judentum und Judenheit

Von Dr. Felix Goldmann, Oppeln

Die nachfolgenden Ausführungen scheinen uns geeignet, den Gedanken einer engeren Zusammenfassung der deutschen Judea zunächst wenigstens auf dem Gebiete der Gleichberechtigungs­arbeit den weitesten jüdischen Kreisen näherzubringen.

Die Redaktion.

Judentum und Judenheit sind Begriffe, die einander bedingen, die ein selbständiges Dasein nicht führen können. Das Judentum ist die Idee, der in sich einheitliche Komplex von Glaubensmeinungen und Glaubensformen, die Juden h e i t ist der Träger dieser Lehre, eine durch sie zusammengefaßte Summe von Einzelwesen, deren Lebensziele sich aber nicht in der Idee des Judentums und dem Wirken für sie erschöpfen. Der Inhalt des Judentums besteht aus abstrakten Ge­danken, Stimmungen und Hoffnungen, die sich restlos zu einem Ganzen vereinigen; die Judenheit setzt sich aus lebendigen Wesen zusammen, deren jedes ein Sonderdasein führt und individuelles Glück und Behagen ersehnt, die also erheblichauseinandergehen können. Das Ziel des Juentums ist einheitlich, es erstrebt die Verwirklichung seiner Sitten­lehre, die Anerkennung seiner Glaubenssätze, den Sieg des ethischen Monotheismus. Die Juden h e i t, sofern sie zusammengefaßt als ein Ganzes gedacht wird, hat kein sachlich scharf umrissenes Ziel, sondern nur ein methodisches, das Glück seiner vielen Teile. Das Juden tum ist schließlich objektiv und ewig, die Juden h e i t ist eine Summe von Individuen mit egoistischen Wünschen, die subjektiv und ebenso ver­gänglich sind wie ihre Träger.

Unter bestimmten historischen Bedingungen, wenn nämlich die konkreten Hemmungen des Glücksgefühls auf eine gemeinsame Ursache zurückgehen und überall denselben Charakter tragen, wird auch das