169

Ein Sekretariat für ostjüdiflche Arbeiter.

. Zur Wahrung der Interessen der aus dem Okkupationsgebiete nach Deutschland eingewanderten jüdischen Arbeiter ist in Berlin ein Sekre­tariat für ostjtidische Arbeiter ins Leben gerufen worden.

Die Aufgaben des Sekretariats sind: Aufnahme von Besch werden und Gewährung von Rechtsschutz, Auskünfte über Arbeitsvermittlung, Zuführung der jüdischen Arbeiter an die betreffenden Berufs­organisationen wie überhaupt jede Wahrnehmung ihrer Arbeitsangelegen­heiten. Das Sekretariat wird vom Genossen Isaax Kornfeld geleitet. Die jüdischen Arbeiter können sich mit dem Sekretariat direkt oder durch Vermittlung der lokalen Arbeitersekretariate in Verbindung setzen. Die Korrespondenz kann in deutscher, jiddischer oder polnischer Sprache erfolgen. Das Bureau des Sekretariats, welches seit dem 1. Januar 1918 seine Tätigkeit aufgenommen hat, ist der General­kommission der Gewerkschaften angegliedert und befindet sich im Gewerkschaftshaus, Berlin SO. 16, Engelufer 15IV, wohin auch alle Zuschriften zu richten sind" 1 ).

Die Geschäftsstelle desArbeiterfürsorgeamtes der jüdischen Organisationen Deutschlands" befindet sich in Berlin WS, Französische Straße 49.

Literaiurblati

003 0(1000303 03

Strack, Hermann L.: Jüdi­sches Wörterbuch mit be- , sonderer Berücksichtigung der ge­genwärtig in Polen üblichen Aus­drücke. Leipzig: Hinrichs 1916. XV, 204 S. 8°. Preis 4 M. Strack, Hermann L: Jüdisch- deutsche Texte. Lesebuch zur Einführung in Denken, Leben und Sprache der osteuropäischen Juden . Leipzig: Hinrichs 1917. 56 S. 8°. Preis 1,50 M. Die jüdischdeutsche Sprache oder Mundart ist zum mindesten letzten Endes nicht jünger als das Althoch­deutsche. Sie hat in Anlehnung an das Hochdeutsche, zu dem sie gehört, dessen Wandlungen mitgemacht, sich aber namentlich in ihrer räumlichen Trennung vom Schriftdeutsehen selb­ständig entwickelt. Ihr Wesen ist es, daß sich deutsches Sprach­material wie Fleisch und Gew T ebc um ein hebräisches Knochengerüst schlingt, und daß die verschiedenen Sprachelemente der Mischsprache eine so innige organische Vor­bindung eingegangen sind, daß man namentlich im Hinblick darauf, daß das Hebräische kulturell im

Mittelpunkte dieses Gebildes steht, von einer jüdischdeutschen Sprache reden muß, auch wenn sich, rein linguistisch genommen, die Sprache als eine Mundart des Hochdeut­schen gibt, die nicht einmal all­zuschwer verständlich ist. Bald nachdem die Sprache in Druck­werken verwendet worden ist, wurde sie auch der Gegenstand wissen­schaftlicher Betrachtung. Nament­lich wurde Wagcnseils Scniift für die Erforschimg der jüdischdeutschen Rede- und Schreibart von wesent­licher Bedeutung. Die Schildt und Chrysander, Callenberg und Voll be­ding waren seine Nachfolger, wie er selbst in Buxtorf einen Vorgänger hatte. Diese von Christen geführte Erforschung und Sammlung des jüdischdeu Ischen Sprachmaterials, welche in den seltensten Fällen rein wissenschaftliche Gründe hatte, viel­mehr als Mittel zur Judenbekehrung dienen sollte, hat doch den Sprach­stoff so gesammelt, daß ihr die lin­guistische Forschung durchaus dank­bar sein muß.

Seit dein Beginne des neunzehnten Jahrhunderts sind diese Studien all-

*) ,,Correspondenzblatt der Generalkonimission der Gewerkschaften Deutsch­lands'", Nr. 1, 1918.