Einige Bemerkungen über Presse und Judentum
In diesem Sommer sieht man in Köln die Pressa, das heißt eine internationale Ausstellung der Presse, wie sie sich in der Vergangenheit entwickelt hat, wie sie der Gegenwart in ihren mannigfachen Formen und Auswirkungen erscheint. Die Bedeutung dieser Schau kann schwerlich überschätzt werden. Denn unter all den Triebkräften des modernen Lebens ist die Presse extensiv und intensiv die stärkste. Man hat die Presse gelegentlich als die siebente Großmacht bezeichnet. Das mag für frühere Zeiten gültig gewesen sein, in der Gegenwart aber steht die Presse über den Großmächten, sie ist die eigentliche Beherrscherin aller Lebensmächte, und von dieser Tatsache, ob sie nun erwünscht oder unerwünscht ist, muß man bei jeder tiefer eindringenden Betrachtung der Presse ausgehen. Denn was ist in ihrem eigentlichen Wesen die Presse? Nichts anderes als die Kultur einer Epoche, die zum Selbstbewußtsein gelangt ist. Damit aber die Presse ihren Beruf voll erfüllt, muß dieses Selbstbewußtsein, das zunächst nur eine logisch- psychologische Kategorie ist, nach einem bestimmten Ideal ethischer, intellektueller oder ästhetischer Art orientiert sein; es muß werten, urteilen, beurteilen, ja sogar sich selbst verurteilen können. Daraus folgt, daß die Presse das Kulturgewissen einer Epoche ist; jede Kultur hat die Presse, die sie verdient. Als Kulturgewissen ist die Presse nicht bloß Bericht oder Anschauung, sie drängt zur ,,praktischen Vernunft", zum Handeln; aus ihr spricht der kategorische Imperativ der Gesamtheit. Als Organ der Gesamtheit ist sie nicht nur öffentliche Meinung, sie ist selbst Öffentlichkeit. Denn alle Vorgänge haben nur bedingte Existenz, wirklich und dauernd werden sie erst durch die Presse. In früheren Zeiten sagte man wohl: Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt. Jetzt aber kann man sagen: Was nicht in der Presse ist, ist nicht in der Welt. Was die Presse verschweigt, ist mit dem großen Interdikt belegt — nicht gedacht soll seiner werden! Bedenkt man nun, daß in unserer Zeit diese unermeßliche moralische Geistesmacht von den Mitteln einer schrankenlosen Technik unterstützt wird, so wird man begreifen, daß diese Kraft uns oft wie eine unwiderstehliche dämonische Naturgewalt anmutet. Diese Kraft also wird uns auf der „Pressa" anschaulich und begreiflich gemacht.
Und auf dieser Ausstellung ist nun der jüdischen Presse eine besondere Abteilung, ein besonderes Haus eingeräumt. Das jüdische Kulturgewissen wird hier den Besuchern, die aus aller Welt kommen, vorgeführt. Welchen gewaltigen Anteil die Juden aller Länder an der