134 MENORAH Von der diäter ei In der Kunsthandlung Würthle , wo auch sonst moderne jüdische Künstler zur Darstellung ihrer Arbeiten kommen , sind nun die Kreide¬ zeichnungen und Aquarelle von Anna Ticho zu sehen , die unlängst unsere Pariser Kollegin , Frau Aurelie Gottlieb , in ihrer feinsinnigen Art in diesen Blättern beschrieben und gewürdigt hat . Obwohl das Werk der genannten Künstlerin kaum zutreffender charakterisiert werden könnte , möchten wir auf Grund der Wiener Ausstellung einiges anmerken , was nun auch unseren Eindruck von der Sache kennzeichnet . Es ist — in den Landschaften und den figuralen Rötelstudien — ein bis ins Kleinste reeller Bericht aus Palästina , der im x \ ufbau der Städte¬ bilder selbst vor dem Kleinlichen nicht zurückscheut . Damit geht auch die Arbeitsweise , das partikelhafte Wesen der Faktur , das gerade Ge¬ genteil von Freiheit zusammen . Aber schon hier wird eine topogra¬ phische Exaktheit erreicht , die vor allem den ansprechen wird , der den sachlichen Reiz der alten Vogelfluchten — etwa das kartographische Produkt der alten Holländer — kennt und liebt . Anna Ticho wäre die berufene Person , diese sehr saubere und schöne , eindrucksvolle Art perspektivischer Darstellungen der Städte des heiligen Landes in großen Formaten zu erneuern . Sie würde damit dem Lande auf ihre Weise dienen und zugleich zeitgemäß bleiben . Denn die Karte kann ja eine künstlerische Besitznahme des Landes bedeuten und hat das ein¬ mal bedeutet : die Siege im Freiheitskampf der Holländer gegen die spanische Fremdherrschaft sind durch gewirkte Karten , im Gobelin , verherrlicht worden . Und Karten als Wandschmuck sind schon seit Jahren wieder modern . Schon in einigen dieser Städtebilder wird die Kreide mit leichter feinerer Empfindung geführt , im Zug der Atmosphäre auch schon ge wischt , und in dem , ,Friedhofshügel e < ist ein neuer , freier Vortrag fast schon erreicht . Wieweit er sich mit der schlichten Absicht , die Charak¬ tere des Landes treu aufzuzeichnen , also bei der Wahrnehmung zu bleiben , verträgt , läßt sich heute noch nicht sagen . Wohl aber , daß die Künstlerin in diesem entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung steht . Denn das zeigen die Aquarelle , — alle malerisch , einige überraschend flüssig und fertig , andere von einer fliehenden , feinnervigen Art , die das Beste verspricht . Jedenfalls , schon wegen ihres sicheren , unmodischen Wesens — ein erfreulicher Gast aus Palästina , wo heute die Tüchtigen am meisten nottun . vf 17 . 7 JYLax Jbis/er |