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ME N 0 RAH
Endlich erbarmte sich Gott ihrer.
Sic wollten Schillern mit Schnaps begießen, anzünden und ihre Freude daran haben. Das Wasser im ISrunncn und die Nacht in ihrem Hirn ließen sie wahrscheinlich an Feuer denken. Der Abend war feudil und kalt. Die Kleider Schulems brannten schwach und langsam. Anton Fedjuk vergrub .seine Fingernägel ins Fensterbrett und starrte durch die Scheibe. Plötzlich vernahm er klar und deutlich ein Wort. Es war nicht das ewig: wiederkehrende ,.ehe-by che", es war ein Wort, das Schülern hinausschrie. Schillern der Böttcher hatte seine Spruche wieder. Eine lebende Fackel, rannte er in einem Kreis herum, sprang, fuchtelte miL den Händen und schrie sein unverständliches fremdes Wort in die windige Nacht hinein.
Anton Fedjuk schleppte sich mühsam vom Fenster weg. Er trat aus der Hütte. Im Vorbeigehen scholl er noch ordentlich den Wagen in den Schuppen, da 13 er nicht im Weg herumstehe. Dann trat er in die Scheune, holte von der Dachkammer einen Strick und erhängte sich.
RABBI SALOMON MI RLS NEUMARK
Zum 225. Todestage
Am 22. Kislew 1706 starb S a 1 o in o n M i r 1 s Neu m a r k, der erste Oberrabhiner der drei Gemeinden Hamburg, Altona, Wandsbek, der hier seine Ruhestätte gefunden hat. Seine drei Vorgänger, Rabbi D a v i d C o Ii n, Meie r A s c h k e n a s i und Rabbi Ilillcl Herz Aschkcnasi amtierten in ihren letzten .Jahren in anderen Gemeinden.
Rabbi S al o m o n M i r 1 s wurde neben G h a i m H a in e 1 n, in der Grabstätte, die iür die Glückt Hameln reserviert war, beigesetzt, die aber, da die Glückl eine z weife Ehe einging und 1699 nach Metz zog, freiblieb, bis Rabbi S a 1 o m o n M i r 1 s dort bestattet wurde.
Um Salomen Mirls hat sich ein Legendenkranz gebildet, der von seinem En
kel Jacob Emden, der ,,.Ti\]>ez", in seiner Selbstbiographie ,,Megillas Sefer" geschildert wird. Als er starb, trauerten 2a0 Enkel und Urenkel um ihn.
M e schule m S a 1 o m o n M i r 1 s wurde 1624 in Wien, als Sohn des gelehrten und reichen Vorstehers D a v i d N e u m ;i r k geboren und im Reichtum zum Thorastu- dium erzogen. Er und sein Bruder waren später in Wien auch im Geschäfte ihres Vaters tälig und übernahmen als seine Erljen dessen wertvolle Häuser und Ciärlen.
Glücklich und ungesehen lebten die Juden in Wien seit mehreren Jahrhunderten, bis durch den Neid und die Unduldsamkeit der Klerikalen im Jsihre 1670 alle Juden Wiens ohne Erbarmen ausgewiesen wurden. Sie mußten die Häuser für jeden Preis verkaufen und, dem Schicksal des jüdischen Volkes folgend, zum Wanderstab greifen. In den verschiedensten Ländern wurden die Vertriebenen Wiens zerstreut, unter denen auch Rabbi Benjamin und sein Bruder S a 1 o in o n M i r 1 s sowie deren Schwager Rabbi Model Ries nach Berlin kamen. Zum Rubine der deutschen Staaten sei es erwähnt, daß viele Eamilien in dvn größeren Städten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt, Fürth, Nürnberg aufgenommen wurden und Schulzbriefe erhielten r sich niederzulassen und Handiel zu treiben. Auch Hamburg und Altona öffneten gastlich ihre Tore und mancher Grabstein in Altona, Königstraße, kündet:
,-Mier ruht einer der ,.M c g u r s c h e" Wiens, der „Vertriebenen Wiens".
Prof. Dr. K a u f m a n n berichtet in seinem Werke „Die letzte Vertreibung der Juden Wiens" ausführlich darüber. Seife 207 schreibt er:
,.ln den Tagen der wildesten Verzweiflung des Wiener Ghettos, nach dem Ans- weisungsdelikle vom 25. Februar 1670. war bereits der Blick des preußischen Residenten A n d r e a s N e u m a n n auf die unglücklichen Opfer gefallen. Eingedenk des Planes seines Herrn, des großen Kurfürsten, dk» schwach bevölkerte Mark durch Zuziig-