Von vr. I. Gngenheimer. 197
Wir halten es aber für einen Widerspruch, einerseits zu erklären, daß im Judenthum kein Schisma besteht, und daß die Erwartung des Messias Glaubenssatz ist, andererseits aber zu behaupten, daß ein Theil den persönlichen Messias erwartet, während der größere Theil die Messiasprophetien auf das Volk selbst bezieht. Wären alle Juden in allen das reltgionsgcsetzliche Leben betreffenden Be- ziehungen vollkommen einig, und würde weiter gar keine Differenz bestehen, als die obenerwähnte die Messiaslehrc betreffende, so würde schon in dieser eine» Differenz ein Schisma liegen. Denn nur dann, wenn nachgewiesen werden könnte, daß die Anschauung, welche den Messiasglauben auf das Volk selbst beziehen zu können wähnt, eben- so wie der Glaube an einen persönlichen Messias der Lehre deS Judcnthums entspricht; nur wenn nachgewiesen werden konnte, daß es vom Standpunkte des Judenthums ganz gleichgültig sei, ob man sich den Messias als Person oder als Volk denkt: nur dann könnte zugegeben werden, daß im Judenthume eine verschiedenartige An- schauung bezüglich der Messiaslehre herrscht , und jene Differenz keine Spaltung involvire. Schlagen wir aber die Offenbarnngs- urkunden des Judenthums auf, so werden wir sehen, daß in den- selben mit der größten Klarheit, mit einer nicht den leisesten Zwei- fel zulassenden Entschiedenheit, die künftige Erlösung und Begrün-" düng des Gottesreiches durch einen persönlichen Messias aus der Nachkommenschaft Davids gelehrt wird, wodurch wir die lieb erzen- gung gewinnen werden, daß in der Anschauung, welche die Messias- prophetteen auf das ganze Volk bezieht, nicht blos eine Verflucht!- gung, sondern eine vollständige Negation der von Gott gcoffenbarten Messiaslehre liegt, und daß, wie Maimonides Hilchot Melachtm 11, 1 erklärt, derjenige, der nicht an die mit der Wtederbeachtung sämmtlicher an den Besitz des heiligen Landes und das Bestehen des Ztvustempcls geknüpften Gesetze in Verbindung stehende An- kunft eines persönlichen Messias glaubt, hierdurch nicht blos die an die nachmosaischen Propheten ergangene göttliche Offenbarung, sondern auch die Thora abläugnet.
Schon der nichtjüdische Prophet, der berufen war, den Völkern die ihm von Gott enthüllte Zukunft Israels zu verkünden, und dessen Visionen in der Thora niedergeschrteben sind, hat das einstige Auftreten eines persönlichen Messias prophezeiht, wie aus 4. B. M.