rcgucn mußte, was vor der Erschaffung des Menschen nach Inhalt desselben Verses ja nicht geschehen sei, keincnfalls also die Erschaffung der Pflanzen vor dem sechsten Tage erfolgt sei. Man hat dabei bloß über- sehen, daß wenn in diesem Kapitel die Erschaffung der Pflanzen Hütte berichtet werden sollen, der angebliche ״ Autor" dieses in unverantwortlicher Nachlässigkeit einfach vergessen haben ntüßtc. Denn eS wird ja bloß eine Negation ausgesprochen: ״ alles,ssiach hassadeh war noch vor dem .Werden," wovon als Grund die noch fehlende Negcnspcnde durch Haschen: Etokin: an- gegeben wird. Die ganze Schwierigkeit fällt hinweg, wenn das Wort ssiach im verbalen Sinne als ״ Wachs- thnm" aufgcfaßt wird. Vorhanden waren die Pflanzen seit dem dritten Tage, allein sie waren noch nicht fortgeschritten, noch nicht gewachsen, denn eS fehlte der Regen, den Gott nicht der physischen Welt, sondern den Menschen, nicht als Elokim, sondcri: als Haschen: Elokim spendet. Hinsichtlich des Nähern vcr- weisen wir auf die tiefen Ausführungen a. a. O. S. 52 und 53.
Ebenso ist von den gelehrten Bibelforschern viel Dintc und wenig Geist auf einen anderen vermeintlichen Widerspruch verwandt worden, den bereits R. Jochanan b. Sakkai nach Bcr. rabba gelöst hat. Kap. 2, 19 werden die Thiere und Vögel von Haschen: Elokim ״ gebildet", während sie K. 1, 24 auf GottcS Schöpfer- wort von der Erde hinaus gesetzt werden. Schon R. Jochanan erklärte aber dieses ריצד nicht als bilden, sondern als zwingen, treiben. Damit erklärt sich's auch, daß hier nur היה השדה und עוף steht, während l, 24 בהנזה ausdrücklich genannt wird. Denn die unter בהמה begriffenen Thiere ״ brauchten nicht erst gezwungen zun: Menschen gebracht zu werden, sie hatten sich ihrer Natur nach untergeordnet und bildeten frei- willig seine Umgebung." 7 )
Nicht glücklicher ist endlich die Kritik mit der Ent- decknng eines letzten angeblichen Widerspruches zwischen dem ersten und zweiten Kapittel. Un: diesen zu kon- struircn verfährt sie so unglaublich oberflächlich, daß eS nicht ganz leicht sein durfte, den Vorwurf der Frivolität von ihr abzuwendcn. In: ersten Kapitel heißt eS nach der gewöhnlichen Uebersetznng, daß die ״ Benennung" des Tages, der Nacht, des HinimelS, des Landes, der Meere von Gott geschehen sei, während hinsichtlich der Thiere im zweiten Kapitel V. 19 und 20 berichtet wird, daß deren Benennung vom Menschen aus- gegangen sei. Existirt zwischen diesen beiden Sätzen irgend welcher Widerspruch? Ein solcher würde doch nur dann vorhanden sein, wenn dieselben ״ 'Namen" in dem einen Kapitel auf göttlichen, in den: anderen
ד ) Hirsch, Pentateuch I. S. 65.
auf menschlichen Ursprung zurückgeführt würden, was jedoch, wie wir gezeigt, hier in keiner Weise der Fall ist. Ist eS da nun etwa ernst und wissenschaftlich, oder ist eö nicht vielmehr bodenlos leichtfertig, wenn ein bedeutender kritischer Bibelforscher, die vor Aller Augen klar daliegende Thatsächlichkcit tapfer ignorirend, den Neigen der angeblichen in ihrer Nichtigkeit oben nachgcwiescnen Widersprüche würdig mit folgender Leistung eiulcitct: ״Dort (im ersten Kapitel) benennt die Gott- heit selber die geschasfenen, hier (in: zweiten) giebt ihnen (!!) der Mensch die Namen —"?'? Als ob eS in: zweiten Kapitel hieße, der Mensch gab dem Tage, der Nacht, den: Hinnnel, dem Lande und dem Meere die Namen: Nur beiläufig wollen wir fragen: Was würden die gelehrten Herren wohl sagen, wenn der Talinud mit derartigen Leistungen als wissen- schaftlicher Forschung aufwarten würde! Und das sind dieselben Leuchten der Wissenschaft, die auf die tiefen Forschungen unserer Weiscninit unglaublichen: Hochmuth und dünkelhaftester Vornehrnheit hohnlächelnd herabblicken zu dürfen glauben!
Auf die Auffassung, daß das Wort kam im ersten Kapitel, von Gott gebraucht, nicht nennen, sondern rufen heißt und die Ertheilnng einer Bestimmung, die Anweisung eines Wirkungskreises bedeutet, sowie auf die -tiefen für die Theorie der Erkenntniß und der Sprache grundlegenden Ausführungen, die in den: an- geführten Kommentare an das im zweiten Kapitel von dem Menschen ausgesprochene Namengebcn geknüpft werden, können wir hier nur andentend Hinweisen.
Wohl aber wollen wir mit allen: Nachdruck die bedauerliche Thatsache hervorhebcn, daß solche gänzlich aus der Luft gegriffene Behauptungen, deren Grund- losigkeit ein flüchtiger Blick in die Bibel auch einem jeden Laien klar :nachcn :nüßte, zun: Range eines wissenschaftlichen Dogma erhoben und von Gelehrten und Nichlgelehrtcn noch immer gedankenlos nachgcbctet werden.
Bon Samson Raphael Hirsch.
VLI. Gerechte und Ungerechte.
(Fortsetzung.)
Der Gerechte kennt das Recht der Armen,
Der Gesetzlose begreift eine solche Kenntnißnahme nicht.' (K. 29, 7.)
Der Gerechte kennt und beachtet das Recht eines jeden Menschen, auch der Arrncn, deren Vermögens- losigkeit und gedrückte Stellung sie vielleicht verhindern werden, ihr Recht zu vertreten und zur Geltung zu