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des Zala-EgerSzeger Bürger Joseph Schreiner, der einer der thätigslen Agitatoren gewesen sein soll. 3mmcr von Neuem bestätigt c$ sich. daß die Bewegung eine künstlich hcransbeschworcne ist. Immer von Neuem muß man ans dem Munde von Zeugen vernehmen' das; Agitatoren das Volk gegen die Inden gehetzt haben, indem sie sich sogar nicht scheuten, die Person unseres erlauchten Kronprinzen in den Koth des antisemitischen Sumpfes zn ziehen und ihn quasi als Haupt ihres schmählichen Treibens dem Volke hinzustellcn. Es würde einen ganz bcsondcrn Artikel erfordern, wollte man von allen niöglichcn und unmöglichen Mitteln und Wegen handeln, welche die Aufwiegler nicht unver- sucht gelassen, den künstlichen -Haß im Volke zu schüren und zu entflammen. Möge cs gelingen, aller Agita^ torcn habhast zu werden, von denen leider noch eine ganze Anzahl, darunter sogar bekanntere Persönlich-- feiten, auf freiem Fuße sich befinden! Aber trotz alles Einschreitens der Behörden gährt cs fort- während. Und wenn hier die Bewegung aufhört, flackert sie an anderen Orten wieder auf. Denn dies ist eben das Karakteristikum der Antisemitenliga: Be- harrlichkcit und geschickte Benutzung aller Verhält- nisse. Wir haben cs ganz eigentlich ja nicht mit rohen Pöbelhorden zn thun denn diese sind durch einige Kugclscilven zu zersprengen sondern mit einem geheinren kunstvoll verschlungenen Gewebe, welches überall seine'Fäden hat; wenige Leiter genügen, die weithin reichenden Fäden zu lenken aber das Ge- spinnst vollständig zn zerstören, täuschen wir uns nicht darüber, das wird fürs erste nicht gelingen. Da könnte ich wieder das alte Lied vom Ilidenhasse singen, das so alt ist, wie Israel selbst und doch nie altert, selbst in unserer Zeit, wo alles Alte in die Rumpel- kammer geworfen wird. Doch ich erinnere mich, ich befinde mich mitten in den ungarischen Wirren, die ich den Lesern dieses Blattes im Ucberblicke vorsühren soll. Wie gesagt also, um mit einem Dichter des ״ Icschurnn" zu reden: Der Judenhaß greift um sich wie die Pest. ־־־ In Kroatien scheinen die Antisemiten ein neues Knnslstückchcn zu beabsichtigen, sic scheinen dem berühmten Bosko nachmachen zu wollen, indem sie sich bemühen, die Wirren zwischen Kroaten und Magyaren in a n t i se 11 ! i t i s ch c zu verwandeln. Wie aus der Hauptstadt des Landes. Agram, vom 8. September judenfcindliche Exzesse, die allerdings nicht allzu große Dimensionen annahmen, gemeldet werden, so erweisen sich auch die Gerüchte von Bewegungen ans den übrigen Theileu des Landes, insbesondere ans Zagorien, nun- mehr nicht als rein politischer Natur, sondern etwas sehr stark antisemitisch angehaucht. Sehr richtig be- merkt der ״ Nemzet", daß die Ansschrcitnugen gegen die Wappenschilder urplötzlich zu Exzessen gegen die

Juden wurden. So wird von Bednja gemeldet, daß daselbst der Pöbel unter dem Vorwände, ungarische Wappenschilder zu suchen, das Haus des jüdischen Stcuerpächtcrs Iritz vollständig ausplünderte. Der Besitzer konnte nur mit Mühe sein Leben retten. Der dortige Geistliche, welcher vergebens die Menge zu beschwichtigen suchte, gewährte ihm schützendes Ob- dach. Gleich schrecklich hauste der Pöbel in Trapostyan, Kamcnicza, Visuieso, Vocsa. Bis jetzt wohlhabende Juden sind in wenigen Stunden zu Bettlern geworden. Die ganze Gegend ist in Aufregung, und was das Traurigste ist, auch die dortige Bewegung ist künstlich herausbeschworen, und zwar sind es hier hauptsächlich die Stareevieiancr, die sich den Ruhm der Erzeugung .der vorgekommcneu Raub- und Plünde. ungsszenen zn- schreiben können. Diese haben die Bevölkerung so erregt, daß selbst die vom Obergespan Utjescnovich erlassene Proklamation an die Bevölkerung nicht von der richtigen Wirkung sich erwies;. Auch in den Komitatcn Obcrungarns geht cs nunmehr bös her. In Kalaz sind 8 jüdische Familien des Obdachs be- raubt, eine hochschwangere Frau wurde furchtbar zuge- richtet. Ebenso fanden Unruhen statt in Rosenberg, Miava und Verboez. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgeuommcn, doch hat man die Nichtigen nicht ge-' faßt; denn auch hier steht es fest, daß nicht die ver- hafteten Bauern, Handwerker, Gassenbuben und Tagediebe, die eigentlichen Schuldigen sind, sondern eine ״höhere Hand" im Spiele ist. So sicht eS draußen aus. Und wie stcht'S bei uns in der Hauptstadt? Hier tummeln sich die Herren Studirenden und möchten auch gar zu gern antiseinitische Orgien'feiern, wenn die böse, böse Polizei und das gestrenge Rektorat nicht wären. Wir müssen hier gestehen, daß uns die letzteren Tumulte, so klein und unbedeutend sie auch an und für sich sind, doch höchst schmerzlich berühren. Was anders sind denn jene jungen Herren, als unsere künftigen Lehrer, Richter, Beamte re.? Welche Aussichten eröffnen sich

also für die Zukunft?-Um so wohlthucnder in

dieser schweren Zeit sind die Aeußernngen berufener Männer über jene schändlichen Vorgänge. Obenan steht unser menschenfreundlicher Ministerpräsident TiSza, welcher einem angesehenen Mitglicde der hiesigen Kauf- utannshalle gegenüber erklärte, daß die ganze Bewegung nur künstlich angefacht sei, und daß, wenn binnen 14 Tagen die Tumulte nicht mit Stumpf und Stiel ausgerottet seien, er auf das Allcrcncrgischste ein- greisen, eventuell sich von den! deiunächst zusammen- tretenden Reichstage die weitgehendsten Vollmachten geben lassen werde. Ebenso verurtheilten der Bischof von Veszprym und die Abgeordneten Daranyi und Geheimrath Paul Somssich die antisemitische Agi-