Sohn , den gleichen Weg zum Moriaberge hinan wandelten , — und ermahnte uns zn gleicher Hingebung an den göttlichen Willen . Er erinnerte an die Glaubens - treue der Väter und Großväter des gegenwärtigen Ge - schlcchtS , die treuer und inniger als wir den ! Inden - thuine anhingen ; auch diesen sollten wir nacheifern . Das jüngere Geschlecht sollte mit dem altern Heimgegangenen die gleiche Bahn ziehen , einträchtig und cinmüthig , dem gleichen Ziele entgegen , welches diesem als ׳das höchste Ideal gegolten , wie Abraham und Isaak einer gemein - samcn Aufgabe sich gewidmet . Keine Kluft sei zwischen Eltern und Kindern , zwischen Alter und Jugend , daß die junge Weisheit nicht vcrnteine , sich ein anderes Heilig - thum schaffen zn können , daß das Kind nicht der Religion der Eltern spotte , daß vielmehr Sohn und Vater , Tochter und Mutter sich vor demselben Gesetze beugen und es vollziehen in heiliger Begeisterung . - Als er geendet , erschallte der Schofar , für welchen der fromme Lehrer seine Gemeinde also würdig vorbc - reitet hatte . Unter allen Denen , welche die Räume des Gottes - Hauses umschlossen , fühlte sich vielleicht Niemand so ergriffen , wie ich , damals ein junges Mädchen von achtzehn Jahren . Vor einigen Monaten , nach einer zweijährigen Abwesenheit , ins Elternhaus zurückgetchrt , fühlte ich mich unsäglich unglücklich . Eine Tochter , unglücklich im Hanse geliebter Eltern — wo gäbe eS einen traurigeren Gedanken ! Und dieser Gedanke nahm litt gegenwärtigen Augen - blicke meine ganze Seele gefangen . Der Widerstreit der Gefühle , die bangen , schrecklichen Zweifel der vcr - gangenen Monate traten in erneuerter und verdoppelter Stärke hervor , als Folge des Eindrucks der eben vcr - nommcncn Rede , der Weihe des Augenblicks , der Heilig - feit des Tages . Abraham und Isaak gingen zusammen , Mutter und Tochter starben den Märtyrcnod in den Zeiten der Judenverfolgungen des Mittelalters — ich aber , mir ward das schwere Geschick zn Thcil , nicht mit Vater und Mutter Zusammengehen zn können , zu - sammcugehcn zn dürfen . In dem großelterlichen Hause , in welchem ich die verflossenen beiden Jahre verlebt , war mir die Verpflichtung des ganzen Gesetzes zum ersten Male ; 11111 Bewußtsein gebracht worden ; das Beispiel und die Lehren der Eltern meiner Mutter hatten mich in eine mir völlig neue Welt versetzt . Ich hatte gelernt , waö cS heißt , eine Tochter Israels zu sein , und hatte die Wonne gekostet , ein Leben zu führen , in welchem ein jeglicher Moment sich vollzog nach den Anforderungen des göttlichen Gesetzes . Mein Geist verspürte das heilige Licht , mein Her ; die wohlthucude Wärme der geoffenbartcn Lehre Gottes , und in glühender Begeisterung hatte ich den Entschluß gefaßt , fortan in Wahrheit Jüdin zu sein , nicht nur dem Namen nach , sondern in That und Gesinnung . Aber in der Hcimalh fand ich mich allein mit dieser neuen Anschauung ; meine Eltern verstanden mich nicht und hielten für überspannte mädchenhafte Schwärmerei , was mir zur festen Ueberzeugung ge - worden . Sie meinten , die alte Religion fei gut ge - wesen für die alte Zeit , in der modernen fände sie keine Stelle . Thöricht sei cS , wenn man ängstlich skrupulös auf Küche und Keller achten , wenn man am Sabbath nicht ausfahren oder musizircn wollte 1t . s . w . Als ob Gott mit dergleichen Aeußerlichkciten gedient werden könnte ! Durfte ich den geliebten Eltern widersprechen ? Verschloß mir nicht die Pflicht der kindlichen Ehrfurcht und Liebe den Mund ? Ich bat um Nachsicht und Schonung , und die mich zärtlich liebenden Eltern ließen mich gewähren , lächelnd meinend , ׳ch würde wohl bald von diesen vcr - alrcten Ansichten zurückkommcn , ivic sic selbst ja auch trotz der altväterlichen Erziehung ״aufgeklärt " geworden . So lebte ich einsam in Mitten meiner Eltern und Geschivister , denen ich fremd geioorden . Ich vcr - mied jedes Gespräch , welches aus die Verschiedenheit unserer religiösen Anschauung Bezug nahm , aber ich bemühte mich , die Gesetze zu beobachten , so viel ich cS vermochte . Handelte ich recht , wenn Ich also dem Wunsche meiner Eltern zuwider war ? Und handelte ich recht , wenn ich so Manches doch nicht erfüllte , nicht erfüllen konnte im Elternhause ? Wie herrlich mußte es sein , mit Vater und Mutter ' in Betreff der ernstesten , heiligsten Angelegenheit , der Religion , in Uebcrcinstiuiinung zn sein , und ich stand im Widerspruch zn ihnen ! Wie herrlich , alle Gebote GottcS gewissenhaft bc - achten zn können , und ick ) mußte doch so viele über - treten ! ״D Gott , erhelle Du meinen Geist , zeige Du mir den rechten Weg — - " also flehte ich heiß und innig . Da kam eö wie eine Erleuchtung über mich . Der Rabbiner , der Mann des Wissens , dessen Frömmigkeit und Milde überall gerühmt wurde , er sollte mir rathen . - Mein Herz pochte heftig , als ich am Nachmittage vor dem chrfnrchtgebieteiidcn greisen Manne stand und ihm das Leid meines Iuiicrn enthüllte . Er ließ mich vollends auSsprechcn , ohne mich zu unterbrechen , cr hieß mich setzen , da meine Gefühle mich übcrmanntcn und ich meinen Thräneu nicht mehr zu gebieten vcr - mochte . ״Dir ist eine schivere Prüfung anferlegt, " begann er endlich , ״aber der Weg Deiner Pflicht ist klar vor - gezeichnet . Du wirst ihn wandeln ohne Straucheln , |