sind ihre Bitten und Trachten, und in ihren schrist- ; lichcu ilebciTcfteit, auf welche wir noch znrückkommen ! werden, findet sich nichts, was auch nur im Enb j feruieften ans Spanische erinnern konnte. Mögen wir ^ nun die Herkunft der Sabbathianer von den gleichzeitig mir den Magyaren nach Ungarn eingewanderten ! Eyazaren jüdischer Konfession*) oder von den Ungarn ! selbst ablciten, oder tnögen wir uns auch diesbezüglich einer andern beliebigen Ansicht anschließen, das Eine können wir. insofern ׳.vir die Bedeutung unserer obigen Ausführungen anerkennen müssen, mit Bestimmtheit behaupten, daß die Sabbathianer von den auS Spanien vertriebenen Inden nicht abstammen.

Tie Sabbathianer lebten mit der christlichen Be- vöUerung in gutem Einvernehmen, bilderen aber doch in vieler Beziehung auch sozial eine abgesonderte, zu- sammengchörige Gemeinschaft und unterhielten freund- schastlichc Beziehungen zu den Juden in ihrer Umgebung. Der Welt gegenüber galten sic als vollbürtige Katholiken. Sie mußten in die Kirche und zur Beichte gehen, sie mußten sich einen Pfarrer halten und bei der Geburt, Trauung und Beerdigung wurden an ihnen die Zere-- monien des EhriftenthumS vollzogen. Im Geheimen aber übtest sie sehr gewissenhaft die wenigen, aus alter Zeit auf sic überkommenen jüdischen Nitualgesetze. Unter diesen stand an erster Stelle die Hcilighaltung und festliche Begehung des Sabbarh. Auch die be- dentendstcn der jüdischen Feiertage, wie z. B- Ros'ch- Haschanah, Jour Kippur, Peßach, waren ihnen bekannt, doch beschränkten sie sich darauf, an diesen Tagen heimlich Festgottesdienste zu veranstalten, was sie übrigens auch an jedem Sabbath thaten. Bei ähn- tichen Gelegenheiten verrichteten sie nach ihrer Art genau dieselben Gebete, die den Juden für den betreffenden Tag vorgeschriebcn sind, denn sie besaßen uralte, Handschrift- liche Gebetbücher, welche in getreuer, ungarischer Ueber- jctznng die Hanplgebetstücke der jüdischen Sidnrim und sänuutlichcr Psalmen enthielten. Ueber die Eutstehnngs- geschichte dieser merkwürdigen Gebetsammlungen, deren bereits die strenge Forschung ein Alter von nahezu vierhundert Jahren zuerkannt hat, herrscht dasselbe nnansgehelltc Dunkel wie über den Ursprung der Sübbathimrer überhaupt. Mein Gewährsmann besaß ein solches Driginalgebetbuch, welches von ihm 'für die Bibliothek der Akademie in Budapest erworben wurde Doch besaß nicht Jeder ein solches Originalmanuskript; cs waren ihrer vcrhaltnißmäßig nur wenige vorhanden.

*} Daß riii ganzer Stamm jüdischer ühazaren wirklich mir.den Ungarn eingewat'.dcrt ist und an der Eroberung des Landes herrsrragenden Anrhcil genommen Hai, das hat Herr 1>1\ Kohu in seinem jüngst erschienenen Geschichtswerke׳. ,A z>i<I6k türtöucLö. Magyarorszilpou auf's Unzweisel- hasrche uachücwirscw

Die in allgemeiner Verwendung sich befindlichen Gebet- bücher waren blos Abschriften der alten Originale. Es befand sich in jedem Dorfe Einer, der sich mit dem Abschreiben der Gebete befaßte, und ein jeder Familienvater ließ für jeden auSzuheirathenden Sohn eine solche Abschrift verfertigen. Außer diesen Gebet- büchcrn befanden oder befinden sich, wie mir versichert wurde, im Besitze der Sabbathianer auch die Ueber- sctzungcn vieler ״Selichot" und eine kleine Sammlung von gollcssürchtigen Liedern, die dem Geiste und vielfach auch der Forni der hebräischen ״Semirot" analog sind. Von jüdischen Einrichtungen kannten und beobachteten die Sabbathianer noch das Erforderniß des ״Minjan" zu jeder gottesdienstlichen Handlung und die pietätvolle Aufrechterhaltung des Jahrzeittages. Niemals wurde der obenerwähnte heimliche Gottesdienst ohne Minjan begangen, und am Todestage theuerer Verstorbener wurde im Hause ein kleiner Oeltiegel an- gezündet und tagsüber brennen gelassen.

(Fortsetzung folgt.)

Mkflcha«.

Neligron und VolkssiLtlichkeit, von Ludwig Fuld (Mainz). AuS der Internationalen Revue ״Auf der Höhe". April 1885.

Der Herr Verfasser sucht in dieser elegant ge- schriebcnen Abhandlung den Nachweis zu liefern, daß von einem sehr erheblichen Einfluß der Religion auf diejenigen Lcbensäußerungen eines Volkes, welche für die Bemessung seiner Sittlichkeit unter anderen in Frage tommen, nicht die Rede sein kann. Wir sind anderer Ansicht und unterschreiben auch keineswegs den Satz: ״die Bolkssittlichkeit ist nicht die Summe der Einzel- sittlichkeiten." Wir glauben allerdings, daß die Er- ziehung der Menschen zur Sittlichkeit d. h. zur Unter- ordnung unter den Willen Gottes die Aufgabe der Religion sei und daß an ihre Stelle keine andere Potenz wirksam treten könne. Ebenso ergiebt sich- die Sittlichkeit des gesamnrten Volkes nach unserer An- schannng ans beru sittlichen Verhalten der Individuen, und die Stufe der Sittlichkeit, die ein Volk einnimmt, wird nach dem Maße zu messen sein, in welchem eine größere oder geringere Anzahl von Einzelnen ׳ dem Ideale der Sittlichkeit entspricht. ES ist unseres Er- achtens ein verhängnißvoller Jrrthum, wenn man annimmt, die Gesellschaft könne diesem Ideale möglichst nahe kommen, wenn auch die Mehrheit der Individuen ihm nicht entsprechen. Doch es liegt nicht in unserer Absicht, bei dieser Gelegenheit dieses Thema zu er- schöpfen. Wir wollen nur anführcn, daß der geistvolle und scharfsinnige Verfasser auf Grund der Statistik