7Nr . 16 Dr . Bloch ’ s Jahrgang XXXII Zentralorgan für die gesamten Ilnteressen des Zudentums . Wie « . lv . April 1915 * LrscDetnr jeden Freitag . Brief - Adreffe : Wie » . H/i . Praterstraße S . Telegramm - Adresse : Bloches Wochenschrift , Wie » . OG n > öo Cl M . k . Postsxarkapensmt Llearing - Verkebr Mr . S10 . S7S . Redaktton und Administration : wir » Hi . Praterstraße 9 . Telephon 45 . 359 _ n o - - ■ ! ■ ■ ! - Q o OG O - - - - ü O Vrxugsprri » für Vefterrrirh : ^ Halbjährig 8 Kronen . Einzelexemplare 50 Heller . Für dss Ausland : Halbjährig lO Kronen . Ganzjährig 20 Kronen . Anzeigen : Die 2mal gespal » _ tene Petitzeile 48 Heller . n P - - - — - — - O q Inhalt : Leitartikel : Feldpostbrief eines jüdischen Militärseelsorgers . — Die galizischen Flüchtlinge in Ungarn . — Kriegsdekorationeil jüdischer Offiziere und Soldaten . Auszeichnung eines Militärarztes . Ernennung von Feldrabbinern . Auf dem Felde der Ehre gefallen . Mähr . - Ostrau . Fähnrich Kurt Hoffmann . Ein Sederabend im Felde . Auszeichnungen jüdischer Krieger mit dem Eisernen Kreuze . Die Juden in Bag - Ujhely und die galizischen Flüchtlinge . Die Juden in Neutra und die galizischen Flüchtlinge . Erlebnisse eines Flüchtlings . An die Rabbinate der israelitischen Kultusgemeiuden in Böhmen . Eine jüdische Deputation aus Rußland in London . Das Hilfswerk der B ' nai B ' rith in Palästina . Offizielle Zurückweisung judenhetzerischer Verleumdungen in der Türkei . Ein tapferer Seelsorger . Die „ lieben Juden " des Zaren . Leiden der Juden . Bon den Leiden der Juden in Sadagora . Kremsier . Galizische Flüchtlinge werden gesucht . — Korrespondenzen : Zum Heimgang des Lord Rothschild . Danksagung an die „ Weibliche Fürsorge " . Kriegspatenschaft . 1000 Dollar - Spende der österr . - ung . Zionisten Newyorks . Hausherren , wie sie sein sollen . Ein Besuch im Heim für Flüchtlingskinder . Ein Ritualmordmärchen in Olmütz . Budweis . Böswillige Gerüchte , bichron L ’ dor Dor ! Agram Pessachfest der jüdischen Soldaten in Tyrnau . — Vermischtes . — Feuilleton : Die Brotkarte . — Notiz . — Inserate . Feldpostbrief eines fndischen Mtlilar - seelsorgers . Von der Tätigkeit unserer - Feldrabbiner ' ffcit nftttt bisher nicht allzu viel vernommen im Gegensätze zu Deutschland , wo die jüdischen Blätter allwöchentlich aus¬ führliche Berichte der bei den verschiedenen Armeen ein¬ geteilten Rabbiner veröffentlichen . Es gibt leider in Oesterreich noch immer keine reprä¬ sentative Instanz für jüdische Angelegenheiten , die die¬ sem wichtigen Zweige jüdsich - seelsorgerischer Tätigkeit schon in Friedenszeiten die gebührende Aufmerksamkeit zugewendet , sich für deren Ausgestaltung eingesetzt hätte . Was seit Beginn des Krieges auf diesem Gebiete geschehen ist , verdanken wir vorwiegend , dem nichtjüdi¬ schen Referenten der IX . Abteilung des Kriegsministe¬ riums , während die jüdische Oeffentlichkeit — trotz ener¬ gischer Vorstellungen an , wie ( man meinen sollte , berufener Stelle und der günstigsten Aussichten auf Erfolg bei den staatlichen Behörden — apathisch beiseite stand . Umso erfreulicher ist es , daß einzelne der bei der Armee im Felde befindlichen Rabbiner sich nicht darauf beschränken , ihren engeren Pflichtenkreis zu erfüllen , son¬ dern auch bestrebt sind , durch großzügige , über das alltägliche hinausgchenden Tätigkeit den ihrer Fürsorge anvertrauten Kriegern in ihrer schweren Lage beizu - stchen , sie seelisch und physisch widerstandsfähiger zu machen . Solch eine musterhafte Wirksamkeit spricht aus dem uns zugekommenen , überaus interessanten Schreiben des vor kurzem zur Dienstleistung einberusenen Feld¬ rabbiners Dr . Majer Tauber , das ich hier unter Weg¬ lassung einiger rein persönlicher Bemerkungen veröffent¬ liche . — Es sei vorausgeschickt , daß Herr Dr . Tauber nach Absolvierung des Wiener Rabbinerseminars und Erlangung des Doktorgrades an der . hiesigen philosophi¬ schen Fakultät mehrere Jähre verdienstvoll als Reli¬ gionsprofessor am VI . Staatsgymnasium in Lemberg gewirkt und . sich zu Kriegsbeginn freiwillig zum Seel¬ sorgedienst in der Armee gemeldet hat . Der Brief lautet wie folgt : „ Lieber Herr B . . . . ! Ich will Ihnen heute einiges über meine ersten Eindrücke in dieser neuen Berufssphäre mitteilen . Der Berus des Feldrabbiners ist ein sehr schöner , voraus - gchetzt , daß der Rabbiner oft mit den Soldaten in Füh - lung tritt . Deshalb bin ich auch höchst zufrieden , daß ich dem Stabe einer operierenden Jnfanrerie - Truppen - Di - vision zugeteilt wurde , da die bei den Armee - Etappen - « kommandos eingeteilren Rabbiner zumeist auf den Be¬ such der im Orte befindlichen Feldspitäler und das Führen der Sterbemarrikeln beschränkt bleiben . Meine Gemeinde besteht aus zirka 550 jüdischen Soldaten , es sind zum großen Teile bärtige Landsturm¬ leute , größtenteils aus orthodoxen Kreisen , die ein be¬ sonderes Bedürfnis nach religiöser Erhebung haben . Ein Enkel des Riziner Rabbis ist unter ihnen . Aber auch die aktiven Soldaten , die größtenteils aus Ostgalizien und Nordungarn stammen , sind vorwiegend sehr fromm . Biele unter ihnen haben unter den größten Entbeh¬ rungen die jüdischen Speisegesetze einzuhalten gesucht , bis sie ganz entkräftet endlich die Menage essen mußten . Sie erzählten es mir mit Tränen in den Augen , und mit den Worten : „ Gott wird mir verzeihen . " Gerührt durch den Heroismus dieser Leute , suchte ich ihr Ge¬ wissen zu erleichtern , indem ich sie auf die ungewöhn¬ lichen Verhältnisse verwies und sie an den Ausspruch erinnerte : „ Wenn es Gottes Sache gilt , verlieren Gesetze ihre bindende Kraft . " Und ist nicht der Kampf gegen Rußland eine heilige Pflicht , die uns von so manchem Gebote entheben kann ? Da kam wieder ein anderer und weinte , er könne nicht jeden Tag das ganze Gebet ver¬ richten ( man muß sich in die Seelenstimmumg eines orthodoxen Juden versetzen ) . Da verwies ich ihn auf den Talmud , wo es lheißt , daß auf der Reise ein gekürztes Gebet genüge . Und so suche ich , so gut es geht , ihr Gewissen zu beruhigen . Ich habe auf meine Bitte von der Wiener Kultusgemeinde 330 Exemplare des Grunwaldschen Kriegsgebetbuches erhalten und dieselben unter die Sol¬ daten mit der Weisung verteilt , sie mögen , insofern sie wenig Zeit haben , diese gekürzten Gebete verrichten . — Es sei an dieser Stelle dem Vorstande der Wiener Kul |