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wenn ich selbst mir nicht helfe, wer denn? Und wenn nicht beute, wann denn?

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Men, 17 . Mai 1886 . II. Jahrgang.

3 W Seit 12. Mai d. I. befindet sich das Redactions- und Administrationslocale: 11, Große Schiffgasse 28.

Das Gesetz der Trägheit.

Jedesmal, so oft im Leben der Völker eine große Veränderung bevorsteht, zeigt es sich, daß das bekannte Gesetz der Trägheit nicht nur in der leblosen Natur, sondern auch im Geiste und Gemüthe des Menschengeschlechtes, waltet; und zwar finden wir in der Geschichte dieses Princip sowol von wohlthätigen als schlimmen Folgen begleitet. Während es sich aus- -der «in en Seite- der sinnlosen, nutzlosen Zerstörung und Niedcrreißung entgegenstemmt und so im Dienste der Cultur und Bildung steht, wird es leider andererseits dermaßen schädlich, daß dadurch eine sonstige Nützlichkeit lies in Schatten gestellt wird. .Wie viele große und fruchtbare Ideen werden in ihrer Verwirk­lichung gehemmt und aufgehalten, weil die

Eine jüdische Eolonie in Palästina*).

Als vor einigen Jahren in Rußland und später dann auch in Rumänien die Aufregung gegen die Juden in Bedrohungen und Schädi­gungen ausartete und viele russische Juden nach Amerika übersiedelten, entschloß sich eine Anzahl rumänischer Juden, das Land ihrer Väter, Palästina, aufzusuchen und sich hier ein neues Heim zu gründen. Es wurde hiefür unter dem Vorsitz eines Herrn Jakob Löbel ein Comitö in Galatz gebildet, das die Leitung der U^ber- siedeiung übernahm; jede Familie, die nach Palästina auswandern wollte, mußte eine ge­wisse Summe bei dem Comits kinzahlen, für welches Geld dasselbe Ländereien kaufen, den Familien eine Existenz begründen und dieselben auch in der elfteren Zeit in Palästina unterhalten wollte. Es kamen auf diese Weise und durch freie Beiträge 200.000 Francs zusammen. Durch eine Deputation wurden verschiedene Ländereien angesehen und schließlich, ein Land­gut, 15 Kilometer von dem alten Cäsarea ent-

*) Aus der in Stuttgart erscheinenden Zeitschrift Die Warte des Tempels".

Leute zu voreingenommen und zu bequem sind, sie zu erfassen! Weil man gewisse Dinge tausende Male bei tausenden Gelegenheiten ge­hört hat, so m ü s s e n sie jedenfalls richtig sein ! Sollte jemand mit einer anderen Meinung kommen wollen, dann wird er ohne viel Feder­lesens verketzert oder gar mit einer geradezu fachmännischen Bestimmtheit für verrückt er­klärt, ohne daß es freilich den normalhirnigen Richtern eingefallen wäre, diese andere Meinung anders als von obenauf zu prüfen.

Nicht minder als jeder neue und kühne Gedanke, hat auch unsere national-jüdische Idee einen harten und langwierigen Kampf gegen ! die Denkträgheit trer Meisten "unserer Stammes­brüder zu führen. Was Wunder auch ? ! Werden ! nicht seit Jahrzehnten im Hause und in der Schule, von der Kanzel und auf der Redner- bühne, im Ernste und im Scherze, im Glück und im Unglück, kurz immer und überall, un. ermüdlich stets dieselben Phrasen und Schlag­wörter wiederholt? Wird nicht seit Langem

fernt, ca. 360 Hektar enthaltend, um den Preis von 44.000 Frank gekauft. Dieses Land wurde auf den Vorsitzenden des Comitös Herrn Jacob Löbel eingeschrieben. Die Juden fingen nun an, hierher überzusiedeln, wobei ihnen aber bald von der türkischen Behörde große Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden. Man ließ die meisten mit dem österreichischen Lloyd Ankommenden nicht landen, sondern sandte sie auf das Schiff zurück. Herzzerreißend war es oft mit anzusehen, wenn die seekranken Frauen und Kinder in der Hoffnung, jetzt die Leiden einer unruhigen Seefahrt bald hinter sich zu haben, auf dein Boot an die Landungs­brücke gefahren kamen und ihnen dann die Er- laubniß zum Anssteige» verweigert wurde. All' ihr Bitten, Weine», Jammern blieb immer er­folglos, indem die hiesige Behörde strenge Vor­schrift aus Constantinopel hatte, keine Juden landen zu lassen. So mußten die Unglücklichen, oft entblößt von Mitteln und ohne Nahrungs­mittel, die Reise weiter fortsetzen. Zuweilen gelang es ihnen, in Beirut än's Land zu kommen oder sie mußten zurück nach Jaffa, wo auch öfters einige durchkamen. Diejenigen,.die schon früher eingewandert waren, mußten,^ da sie

Die nächste Nummer erscheint am 2. Juni.

jede Gelegenheit ergriffen, um dem jüdischen Stamme jenes Gift einzuflößen, dem von den Giftmischern einige Süßigkeiten, als da sind: Freiheit, Fortschritt, Aufklärung beigemengt wurden, um es schmackhafter zu machen. jenes Gift, das den häßlichen Namen trägt: Hochverrath am eignen Volke" ? Und was unserer Nation ans jedem Schritte, den sie machte, so nachhaltig eingeimpft wurde, was sie als recht und billig ansehen muß, weil es durch den langen Bestand und durch die Billigung von Autoritäten geheiligt wurde, soll sie so rasch als unrecht und unbillig erkennen lernen? Das wäre zuviel verlangt von einem Volke, und namentlich von unserem, welches den andern in der Kunst, das, was es nicht kennt, zu ver­achten, und das, wovon es nur oberflächliche Begriffe hat, zu bespötteln, gewiß nicht nach- steht. -

Jüdisch-national! Wie mancher westeuro­päische Jude, der diese Bezeichnung zum ersten Mal liest, stutzt nicht bei dem seltsamen Aus-

meistens aus Rumänien ausgewandert waren, türkische Unterthanen werden, uni dableibe» zu können. Da die Familien zunächst in Haifa bleiben mußten und keinen Verdienst hatten, waren die zusammengekommene« 200.000 Frcs. bald aufgebrancht und es trat drückende Roth unter den Juden ein.

Zum Unglück noch starb der Vorsitzende des Comitss, Herr I. Löbel, der die Seele des Co- mitös gewesen war, und dieses löste sich auf. Die türkische Regierung benützte diesen Todes­fall, um dem Unternehmen neue Schwierigkeiten zu machen; sie wollte nämlich das Landgut an sich ziehen, obschon Löbel Kinder hatte. Der Proceß, welcher über die Erbfolge in Eonstan- tinopel geführt wurde und durch Deputation, Reisen und dergleichen die Juden sehr viel Geld kostete, wurde schließlich zu Gunsten der Juden entschieden und das Land auf den Namen eines französischen Juden in Paris, Namens Erlanger, eingeschrieben. So lange der Proceß dauerte, erhielten die Juden keine Erlaubniß, auf dem Lande Häuser zu bauen und mußten mit ihren Familien in Haifa zur Mirthe wohnen, wo dann ihr letztes Geld aufgebrancht, darauf das, was an Werthsachen vorhanden war, verkauft wurde,