SU»o»neme»ts - Preise:
. T«ul!chla»d: . . Ga,»jährig SH.-6.
Halbjährig 3. ' Ri«neiiShr. .. I . Rußland : . . . Ganzjährig Rbl. 1.
HalbiLdrig „ 3. Birrirljähr. '-I.
di« übr LS, °«r : Ganziähr. Srcs. 9.
Eenlral-Argan
der
ü b i f dl -TSI ationalen.
Gr scheint zu Anfang und Witte jeden Wann s.
wenn ich selbst mir nicht helfe, wer de,», ? Und wenn nicht beute, wann den» ?
ksillel.
Sthatiian null Admiilislratinn: Wie». II , Sr.Schiffgajse 28.
Sprechstanve:
Täglich von 2 —3 Uhr Nachmittags
Unfrankirte Briefe werde» nicht angenoinnie» u»d Mannscripte nicht retournirt.
Rr. 10 .
Wien. 16. Juni 1886.
11. Jahrgang.
Die Nationalität des^ rodes.
„Wo es gut geht, da ist das Vaterland!" lautet der bekannte kosmopolitische Grundsatz. Wozu die räumlichen Fesseln des Vaterlandes, wozu die v.rwanttschafilichen Bande des Volksthums, wozu der geistige Kitt der Religion? Zurück mit diesen idealen Wahngebilden, sie taugen zu nichts! An ihre Stelle trete die un- beschiänkte Herrschüft des nackten Nützlichkeits- standpunktes!. — So und ähnlich denkt das Weltbüigerthum, aber, so wie jede noch so ver- dammcnswerthe Erscheinung im Völkerleben nie in ihrer ganzen sittliche» Hohlheit anstreten will, sondern das Pruiikarwand der: Moral anlegt., so eniiprech'en auch die Worte der Kösniopoliten , nicht ihren Gedanken, sondern triefen von Menschenliebe und Menschengleichheit. Im Herzen der Egoismus, auf de» Lippen die Humanität! Das ist der Brauch der Welt und schade nur um jene Schwärmer, welche die Fälschung des Weltbürgerthums, für gangbare Münze nehmen und ihr die edelsten und schönsten K> äste, ihrer Seele weihen!
Doch nicht von diesen arnien Verführten, auch nicht von ihren selbstsüchtigen- Verführern sei heute die Rede; nicht denen gilt unser Artikel, die die Nation leiigneii und nur den Magen' als Herrscher der Menschheit ansehen. Uns sollen heute vielmehr jene Leute beschäftigen, welche äußerlich nicht dem Kosmopolitismus huldigen, welche im Gegrntheile als Verfechter des .Nationalitäts-Gedankens auftreten, in deren Seele aber nichtsdestoweniger die Giftsaat der Selbstsucht gestreut ist; nur daß diese Saat in einer andern Form änfgegangen ist, einer viel häßlicheren Form, . für . die man sogar vergeblich nach dem schwärmerischen Flitter suchen würde, welcher den Kosmopolitismus wenigstens ansputzt. Wir meinen jene Leute, die eine Nationalität wohl haben und anerkennen, deren Nationalität sich aber nach der Quelle richtet, woher ihr Brod kommt.
Kie Nationalität heK Brodes! Welcher Widersinn schon in den Worten! Die Nationalität, die.mit. dem Menschen auf die Welt kommt, die bereits dem in der Wiege geschaukelten,. gedankenlosen Säuglinge eigen ist,
die dann als unbezwingbare und ununterdrück- bare Naturmacht lie Gedanken, Gefühle und Thaten des Mannes beeinflußte und ihnen eine bestimmte, unvermeidliche Richtung gibt — sie kann doch unmöglich von dem Willen und der Wahl des Individuums abhängen! Und doch begegnet man dieser „Nationalität des B r o d e s" in allen Welttheilen; man muß ihr überall begegnen, weil es überall auf dem großen Erdbälle Angehörige jenes bcdauerns- weithen Volkes gibt, das ihr das größte Con- ltngent stellt. Wir wollen damit nicht gesagt haben, daß das -jüdische Volk, das wir ja meinen, ganz freiwillig sich zum Träger dieses rn irroffafnr Mil wrstnpK ' qe nmrfil_6ati. tffc_
nicht so ! Es'liegt vielmehr ein seelischer Zwang vor, daß unser Stamni den trainigen Getanken der/ „Nationalität des Biodrs" aufgefangen hast und dieser seelische Zwang liegt in der zwar unbegründeten, aber begreiflichen F n r ch t vor ungeheuren wirthschaftlichen N a ch t h e i l e n, die daraus entstehen könnten, wenn es den Juden einfallen wollte, sich nicht den verschiedenen europäischen Nationen zuzuzählen. Diese Furcht ist es, welche tief in der Brust der Juden sich regt, meistens ohne daß sie sich selbst darüber klar sind, zuweilen aber durchaus zu ihrem Bewußtsein gelangt. Wer unter uns ist nicht schon Leuten begegnet, die unter der überzeugenden Wucht der national- jüdische» Argumente sich .beugend, in anerkenne nswerther Offenheit zub tzt zum Nützlich- keitsstandpuukte ihre Zuflucht nehmen und jede weitere Diskussion mit den Worten abzuschneiden versuchen: „Zugegeben, daß wir in Wahrheit keine Deutschen, S!av-u u. s. w. sind, so dürfen wir uns doch nicht auf den nationaljüdischen Standpunkt stellen. Was würden wir denn dann änfangen? Wäre es denn möglich mit den europäischen Völkern zu verkehren, ohne daß wir uns zu ihnen rechnen? Durch ein s'paratistisches Vorgehen würden wir bald ganz isolirt, verlassen, vereinsamt dastehen; unsere Familien würden aus Mangel am täglichen Brode verhungern, unsere Söhne müßten, ohue für ihre Fähigkeiten Verwendung zu finden, dem Wettkampfeder Künste und Wissenschaften ferne • bleiben und in unbefriedigtem Ehrgeize dahinwelken." /
Einwendungen wie diese sind gewöhnlich von großer Wirkung, weil sie, die Theorie für richtig erklärend, den Gegn-r dadurch entmuthi» gen, daß sie ihm zeigen, wie weit die Praxis von der Theorie entsecnt sei. Da pflegt der Mund des Theoretikeis zu verstummen vor der Gewalt der Thatsache», da helfen ihm keine logischen Gesetze mehr, da nützt ihm kein Beweise liefern, kein Schlüffe ziehen! Wie aber, wenn es mit der Wahl heit der angeführte» Thatsachrn sehr schwächlich bestellt ist, wenn der vermeintliche Theoretiker selbst mit größerem Rechtals Anhänger praktischer Erfahrung«,» sich erklären kann? Wie dann? Braucht er dann . auch, die, Wass-rr zu- streckew-L - .Vmir' .JWT
behaupten, daß die erwähnte wirthschaftliche Fulchtz^der Jude» eine leere, unbegründete ist, ein verkehrter Rettungsversuch des Verfolgten? Wir fragen ganz-einfach: Ruft nicht seit Jahrzehnten ein großer Theil der Juden in alle Weltgegenden hinaus: „Wir sind Deutsche, Slave» u. s. w." Ja oder »ein? Ja! — Gegen wenn aber hat sich der moderne Antisemitismus zuerst erhoben, gegen diese oder gegen die Richtassimilirten? Thatsache, gegen die Elfteren! — Verschont das „Kaust nicht b>i Juden!" der heutigen Judenfeinde den affimilirten Geschäftsmann mehr als. den Nicht- affimilirten? Thatsache! Nein! — Pochen die Hunderte von Beamten uud Lehrern, welche in den veischiedenen Staaten Europas zu Gunsten flachköpfiger arischer Concurrenten übergangen werden, etwa nicht auf ihr Deutschthum Slaven- thum u. s. w. Ja oder Nein? Ja! — Mit rinlin Worte: Ist es nicht ausgemachte Thatsache, daß der Antisemitismus, der constatirter» maßen immer weitere Kreise zieht, geiade die Aristokraten äffenden Börseagrößen, die in verschiedenen nationalen Gefühlen arbeitenden Doctores, die in der aufdringlichsten Art sich germauisiren und slavifiren wollende» Journa- listen zur Basis ihres Systemes macht, während die jüdischen Volkskreise nur das Object für kleinere oder größere antisemitische Belustigungen des christlichen Pöbels abgeben? Stockt nicht trotz der weit fortgeschrittenen Assimilation, der Handel der Juden, hungert nicht ihre studirende Jugend, darben nicht ihre Talente ? Und das Alles könnte durch eine reuige Rück.
Die nächste Nummer erscheint am 1 Juli.
