. Seite 2
S e l b st - E m a u c i p a t ton!
Nr. 10
kehr zum eigenen Srannne täujendfach besser werden.. Dem höheren Selbstbewußt sein müßte auch unbedingt eine größere Schätzung seitens der Völker folgen; man wird den Verkehr mit den ge ach t e t e n F lembeii w enig er m e i b e 11 , a>s den mit de» mißachteten Stic f b rüde r n. Ein j üdisches Volk wird den europäischen Nationen natürlicher Vorkommen und s y m p a t h i s ch e r s e i n, als eine jüdische G l a u b e n s g en o s s e n s ch a ft mit an ge borg ten und daherver- h n n z t e « A 11 ii r e h f> enider Nationalitäten. Man denke sich seiner, wie bei ausg piäglerem Nationalst»» der Juden diese zur gegenseitigen Stütze sich würden und beim Erwerb ihres Lebens unter Haltes viel mehr ihrer nichtjüdischen Mitbürger emiätheu könnten.
Freilich ist eine gründliche Abhilfe gegen das classifche Unglück des jüdischen StarnineS jedenfalls erst vor einer wahrhaft na- tionaten Ertöjung des ganzen Volkes als solchen zu erwarten, iinmerhin aber wird schon der jüdische Naiionalgedauke als solcher einige Besserung in den ui a t er i el l e u V e rh ältni s s en der Juden heivorrufkii oder im schlimmsten Falle . so doch wenigstens verhüten, daß diese immer mehr sich verdüstern und verschlechtern, was bei svrtschreitender Assimitation oder, was auf dasselbe herariskommt, bei wachsendem Antisemitismus gar sehr zu befürchten ist.
Nacrbnrn Nathan Agassi.
(Lhr oni k.
; (Dävid Gordvtt.) Im Nachtrage zu der Anzeige- von- dein" Hlnscheiveii^Nrtrses' großen
geistigen Führers der Zionsbewegung melden wir noäi, daß derselbe im 54. Lebensjahre stand. Der Redaclenr des „Lawagiä" hinterließ eine mittellose, mit Noth und Entbehrung kämpseiide Familie, deren Uiiterstützung Ehren - sache eines jeden national fühlende» Juden ist.
(Familie Ritter). Für die Dulder Moses Ritter und dessen Gattin ist bis j tzt eine Summe von etwa siebentausend Gulden einge- gangeu, welche znin Änkauf eines Grundstückes benutzt werden soll.
(Jüdische Gymnasien.) In Budapest sind hochangeseheiie Männer zur Bildung eines Vereines zusaininengetreteii, welcher die Gründung von jüdischen Gymnasien zunächst in Pest selbst, sodann im ungarischen Laude überhaupt, zum
Zwecke haben soll. Es ist schon eine sehr b>deutende 'Summe gezeichnet. Die Absicht dieser hoch- ! herzigen Männer. kann nicht genug gelobt werden, denn die Gründung jüdischer Mittel- schulen wäre in mannigfacher Beziehung von segensreicher Wirkung. Einhaltung der jüdischen Feiertage, größere Pstege des Hebräischen und des Religionsunterrichtes, Schutz der jüdischen Knaben vor den unglaublichen Rücksichtslosigkeiten der christlichen Lehrer und Mitschüler, Versorgung jüdischer Professurs-Candidaten — wären die in die Augen springendsten Vortheile dieser Schulen. — In einer längeren Zuschrift an die Redaction der' „Oester reichischen Wochenschrift" fordert der Rabbiner von Wien, Herr Tr. Güdeniann zur Befolgung dieses Beispieles in Oesterreich auf. Die Zuschrift, in
einem kernigen und stellenweise geistreich witzig-n Tone gehalten, enthält z. B. folgende Stelle: „Die Idee ist gut - und es verschlägt nichts, daß sie auch dem Äntisemitismus niid dem Grafen Leo Thun genehm ist. 8i äno lavinub idsrn, non est idem. Die Zeiten ändern sich und es kann ge'ch he», daß . mir selbst etwas zu ihnn nützlich scheint, was mir einmal mein Feind in böser Absicht zu rhnn angerathen hat. Gegen einen mir aiifgezivungenen Hausarrest werde ich mich tapfer wehren, aber ich kann nicht leu'iien, daß ich mich am liebsten zu Hause aushalte." Ja, die Zeiten ändern sich
— baruch meschane ithim — was früher nur die junge Partei der Nationaljuden unter Widerspruch von allen Seiten zu srgen sich ge. traute, spricht heute der Rabbiner einer der asiimilirtesten Gemeinden des Erdkreises als etwas ganz Selbstverständliches aus. Man suche in unserem Blatte nach und man wird in d n Leitartikeln „Wenn zwei dasselbe thnn.." (Jahrg. I, Nr. 18) und „Just!" (Jahrg. H, Nr. 6) die gleichen Gedanken, natürlich mit größerer Ausführlichkeit behandelt, ausgesprochen finden, als in diesem interessanten Eingeständniß des Herrn Dr. Güdeinann. Sehr witzig und lingemein zutreffend sind auch die Schlußworte der betreffenden Zuschrift, welche lauten: „Wir Juden haben im Allgemeinen etwas stark ans- gebildete Nasen. Wir sollten also voraus wittern können, was uns uoththut. Es scheint aber, daß die Nasen nur zu dem Zwecke da sind, damit wir von-den Ereignissen, auf das was uns noththnt, mit der Nase gestoßen werden." Goldene
'Worte, die sich unsere Slainuiesg'mMNi hinter die
— Ohren schreiben sollten l Mit der specielle», von der der Budapester Kreise abweichenden, Ansicht des Herrn Dr. Güdemann, es möge bei der Wahl der Lehrkräfte für solche jüdische Gymnasien nicht gerade ans die -jüdische Confession derselben gesehen werden, lönnen wir uns nicht einvei standen erklären — aus dem einfachen Grunde nicht, weil die jüdischen Profeffurs- Candidaten ohnehin nur sehr mühselig an einem Gymnasium eine Anstellung finden und da sollte ihnen noch an einer jüdischen Schule selbst durch christliche Lehrkräfte, welche ja anderswo ebenfalls leichter Unterkommen, Coneurreiiz gemacht werden?
(Ai>tisciiiitks«bes.) Driimont, der Verfasser der Brochüre „La France juive“ kündigt bereits das Er« scheinen einer Fortsetzung. ; „»Europa juive,“ an. — Das österreichische Abgeordiieleiihnis ist »m einen ausgesprochenen Antisemiten, und zwar deutsch-nationaler Färbung bereichert worden. Im Wahlbezirke Krems- Horn war nämlich durch den Tod des Abgeordneten Schürer eine Ersatzwahl nothw endig geworden und diese fiel auf den deutsch-nationalen Autisemite» Fürukranz, der 218 Stimmen gegen 153 der Clericalen erhielt. Im Vorjahre noch unterlag der jrtztige Abgeordnete für Krems - Horn; im Verlaufe eines Jahres also sind alle deutsch- Ssterrelchischcn Liberalen, welche damals bei der Stichwahl von den Clericalen unterstützt worden waren, in das Lager der antisemitischen Deutsch-Nationalen übergegangen. Wahrlich, eine vorübergehende Erscheinung, dieser Antisemitismus ! — Vor vier Monaten etwa ging, wie unseren Lesern wohl »och in Erinnerung sein wird, inPrerau ein ChristeiimSüche». verloren und wurde die Blut- .beschnidignng gegen einen dortigen Kaufmann erhoben: Mit Mühe verhüteten damals die Behörden-den Aus
bruch von ernstlichen Krawallen. Das Mädchen blieb verschollen, bis, am 30. Mai das Bezirksgericht Prerau vom Oimntzer Gericht verständigt wurde, die Ver- schwlindcil.- fei wegen Diebstahls verhaftet worden. — Der Redacteur der „Oarota Ilaroäavea" in Lemberg, der durch seinen Antisemitismus bekannie Jan D o b r z a n s k y, ist avi 30. Mai gestorben. Sein Hingang wird in der polnischen Presse als ein unersetzlicher Verlust der nationalen Sache dargestellt,, der Verblichene selbst als einer der größten Patrioten gefeiert. Die Stadt Lemberg ehrte den Tobten dadurch, daß sie sei» Leichenbegängniß auf commnnale Kosten ' veranstaltete. Der „Wiener Israelit" zieht mit Recht - eine äußerst trübstimmeiide Parallele zwisch.-n der Art, wie Gordo», eine friedliche, menschensrenndliche Nalnr und Dobrzanski, ein verhetzender und fanatischer Mann, von den respectiven Stamme-geuoffen nach ihrem Tode gefeiert werden. — Der Antisemit Türk hat im österreichischen Abgeordnetenhause eine Rede gehalten, in welcher er in den giftigsten Ausdrücken gegen die Juden sprach und sie der v.-rhältnißmäßig großen Theilnahme om Anarchismus beschuldigte, weswegen er von der Regierung Ausnahmsgesetze gegen Juden verlange. Gegen diese Rede meldete sich der Abgeordnete Dr. Bloch zu einer thaisäch'. ich en Berichtigung und führte aus, daß Türk die Socialdemokratie mit dem Anarchismus verwechsle und letzterer seine Anhänger ausschließlich unter den Deutschen besitze, welche Thalsache auch jüngsthin die Regierung der Vereinigten Siaaten a m t l i ch constatirt Habe. — Die Gründung des„Schnlvereins für Deutsche" in Graz, eines „unverfälscht deutsch-nationalen S ch u l v e r e i n e s" der keine jüdischen Mitglieder aufnehmen wird,, ist vollzogene Thalsche. Wir bedauern nur, daß diese Gründung dadurch uothwendig geworden ist, daß sich unsere Stammesgenossen in den jetzt bestehenden „deutschen Schulverein" eindrängeii, indem sie eigentlich nicht» zu suchen haben. — Der „erste Wiener T urnuetei ii“- wird demnächst sein, Löjähriges Jubiläum feiern. Für die Feier wurde die erste öffentliche Darstellung des eripchlsch.n -Tüiiskamvies./k'eatatdtoni.dusABlLarltlstUl - ausgenommen. Die Leitung dieses Spieles ward: Herrn Kießling übertragen, der allein im gaiijei, Verein de» Fünfkampf gründlich studirt^hat. Derselbe weigerte sich nun, an dem Spiele zwei Inden Iheilnehmen zu taffen, die sich dazu gemeldet hatten. Da nun im Vereine 400 jüdische Mitglieder sind, so ist es selbstverständlich, daß der Antrag des Juden Jacob Löwy durchdräng, der Fünfkampf dürfe keineswegs nnter Leitiing Kießling's anfgeführt werden. Wie lauge wird es dauern und die 400 Juden werden ans diesem den ischen Turnverein, in dem sie offenbar nicht heimatsberechtigl sind, heraus- gedrängt werden. Sehr beruhigend kann es aber auf die ausgeregte» Gemüther unseren arischer' Mitbürger nicht wirken, wenn der Wortjührer der Juden des Turn- Vereines, Jacob Löwy sich bei der Berelnsversamm- lung in dem Ausruf „Hinaus mit ihnen l" (den Antisemiten nämlich) gefiel. ,
(Mommse» über die jüdische Naiyn.) Der große deutsche Geschichtsforscher Mommsen. den ja Niemand einer einseitigen, parteiischen antisemitischen Gesinnng zeihen dürfte, sondern der gerade als freisinniger Mann bekannt ist, sagt in dem zuletzt erschienenen Bande der römischen Geschichte (5. Bd. 1885): „Jüdische Nationalität und R-ligion kommt ans d asselbe hinaus." S. 492. Die Juden besaßen jederzeit ein „unvergleichlich zähes Gefühl der nationalen Zusammengehörigkeit". S. 496 3. Auf S. 491 und 491 wird bewiesen, daß d ie Spra ch e nicht die Nationalität bedinge. „Diese.Hoffart, diese Verachtung, wie sie damals sich festsetzte, (auf beiden Seiten) sind freilich nur das unvermeidliche Äufgehen einer vielleich t nicht minder unvermeidlichen Saat; aber die Erbschaft dieser Zeit lastet 'auf der Menschheit noch
