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Hrgan der Zionisten.

Herausgeber und Chefredacteur:

^ Ar. Zlalyan Wirnbaum. ^

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Nr. 7

Wien, 1. Juni 1893.

V!. Jahrgang.

«. t |* .M. Pflege der geistigen Güter unsere-; Volke?-. Stimmen von Nichtjuden über die Zionsidee. FeuilletonPalestine". (JUyUU. Ans Palästina: Jerusalem. Die Hoffnung der Mühseligen. Aufruf. Ans anderen Ländern: Oesterreich-Ungarn, Deutsches Reich, Rumänien, Türkei, Nord - Amerika. Notizen. Im Eisenbahnwagen (Fortsetzung). Inserate.

Wege der geistigen Guter unseres UolKes.

Dem deutschländischen Judcuthlim gebührt das Ver­dienst, das Institut, derVereine für jüdische Geschichte und Literatur" ins Leben gerufen zu haben. Wer die Gründungs- geschichte fast aller dieser Vereine kennt, weis; freilich auch, daß sie alle .wie ans ein geheimes Cvmmando auf An­regung der relativ wenigen, in den großen Städten des deutschen- Reiches-U'ohncndsn Zionisten entstanden. Diese- benützten das unter den deutschen Juden neuerdings er­wachende Solidaritätsbcwnßtsein, um sie zur Pflege der jüdischen Geschichte anzuhaltcn und so auf dem Wege durch diese großartigen Ruhmcshallcn ganz in den Tempel des jüdischen Volksthums znrückzuführen. In de»Vereinen für jüdische Geschichte und Literatur" drückt sich ja auch schon deutlich ein hervorragender Charakterzug des National­judenthums ans. Mit dem Augenblicke nämlich, als jüdische Literatur und Geschichte in allgemein zugänglichen Vereinen getrieben werden, wird der Anmaßung der modernen jüdischen Theologie, . dieses Gebiet- als ihre ureigene Domäne zu betrachten, in lvelcher Nichtgeistliche nichts zu thun haben, ein Ende. gemacht. An die Stelle des F a chjudenthums tritt das L a i c njudcnthum, an die Stelle der Heerde des Geistlichen das sclbstdenkende Volk.

DieVereine für jüdische Geschichte und Literatur" wurden von de» deutschländischen Zionisten als noth- wendige Ergänzung der ebenfalls über ihre Initiative gc- gründeten Colonisationsvereine zu Stande gebracht. Hier sollte das deutsche Judenthum einigermaßen wieder Geschmack darin finden, sich an dem ganzen Judenthum dienenden praktischen Werken zu betheiligen, dort Gelegen­heit haben, diesen Geschmack in sestwnrzelnde, zur That drängende Ueberzeugung umzusetzen.

. Es' ist nicht zu leuguen, , daß auf diesem Wege schon manche schöne Erfolge errungen, wurden. So mancher deutscher Jude hat'so neben den negativen gegen den Anti­semitismus gerichteten Abwchrbestrebungen auch positive Be­mühungen für das materielle, sittliche und geistige Wohl der Judenheit schätzen gelernt; so mancher ist noch einen Schritt weiter, zum ausgesprochenen Nationaljudenthum, gekommen.^ So sind Vereine für Colonisation und solche für jüdi-j sche Geschichte und Literatur zu einander in die Hände

arbeitenden Gehilfen unserer Gesinnungsgenossen ini deutsche.! Reiche geworden.

Sehen wir nun einmal nach, ob und was wir in Oesterreich an Stelle dieser Institutionen haben.

Was die Colonisationsvereine. diese praktische Uebnngs- stätte jüdischen Volksgefühles, betrifft, so fehlte cs uns bis jetzt an einer imponircndcn Organisation derselben in Orts­gruppen, wie sie in Deutschland besteht. Diesem Mangel soll nun der neugegründete VerbandZion" abhelfen und wir wollen hoffen, dvß er dies voll und ganz thun, dgfi er bald dem deutschländischenEsra" gleichkommt oder ch.'i, angemessen der größeren jüdischen Bevölkerung. Oester­reichs, überflügelt.

Was jedoch die Pflege jüdischer Geschichte und Literatur betrifft, so liegen die Dinge wesentlich anders als inDeutschland. In Oesterreich sind, mag inan cs nun auf die drückenden wirthschastlichcn Verhältnisse zurückführen oder die Ursache anderswo suchen, die Juden im Allgemeinen geistigen, ideellen Bestrebungen viel abgeneigter als in Deutschland.

Der Mangel an Idealismus unter den österreichischen Juden macht hier eine erfolgversprechende Gründung von Vereinen für jüdische. Geschichte und Literatur nach dem Muster der deutschländischen nicht möglich. Die materialistische Trockenheit dcsösterreichischenJudenthums,welcheselbst jüdische Wohlthätigkeitsunternehmungen von der imponirenden Aus­dehnung, wie sie in Deutschland Vorkommen, nicht auf- kommen läßt, ninlint in Hinsicht aus das Judenthum die Gestalt der brutalsten Assimilation an. Das ist nicht jene durchgeipigte und nach sittlicher Rechtfertigung ringende Bewegung, welcher auch der Gegner die Achtung nicht versagen kann, sondern jene bösartige, roh materialistische, feinere Naturen verletzende Form derselben, welche es auch bewirkt, daß die österreichischen Zionisten viel strengere Richter der Assimilation sind, als die deutschländischen.

Die meisten österreichischen Assimilanten haben auch nicht einen Rest von Gefühl für den Stamm mehr, dem sie entsprossen sind.- Jüdische Geschichte und Literatur sind ihnen so gleichgiltig als die der Fidschi-Insulaner. Rechnet man zu dieser Gleichgiltigkeit, die durch den Kamps um das Dasein hervorgerufene völlige Occupirtheit der übrigens auch erschrecklich verflachten Volksmaffen, die vollendete Unfähig­keit der Seelsorger, das geschwundene jüdische Bewußt­sein durch ihre Predigten, welche ja nur Worte und nicht Thaten sind, wieder zu beleben, ferner die Einseitigkeit