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K Ar. Zlathan Wirnöaum. ^

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Wien, II./3, Miesbachgasse 12.

(Sprechstunde: Täglich u nrvon 6 bis 7 Uhr AbendS.)

Unfrankirte Briefe werden nicht angenommen und Mannscriple nicht retonnürt.

Nr. 10

Wien. 15. Juli 1893.

V!. Jahrgang.

Tt'lt (Ari [*£. Lombroso über den Antiicmitismns. Aus Palästina: Jerusalem, Jaffa, Jerusalem; Verschiedenes. Ans anderen (Olll/UU. Ländern: Inland: Oesterr - Ung., Deutsches 3ieich, Bulgarien, Türkei; Notizen. Warnnngsrnf (Gedichl).Eingesendet Drnckschlcrberichtignng. Inserate. ' ' "

Komdroso nver den Antisemitismus.

Zwei bedeutende Kenner der menschlichen Seele haben sich in der lebten Zeit über den Antisemitismus geäußert. Die eine Acußcrung blieb ziemlich unbeachtet und nnerörtcrt. I b s c n, um seine Meinung über den Antisemitismus befragt, erklärte lakvnisch genug, über denselben nichts sagen ; zn können, weil er ihm unbegreiflich sei. Nichts ist unbegreiflicher als diese Antwort, welche man von jedem andern eher, als dem großen Psychologen I b s e n erwartet hätte. Sollte sein durchdringender Blick nur in der Seele des Einzclmcnschcn lesni können, dagegen nicht im Stande sein, die Rüthscl der Bölkerscelcn zll entziffern? Fast scheint cs so. Nicht so leicht als der berühmte Dramatiker der Seele hat der berühmte Scclcnarzt, Professor Ccsare Lombroso in Turin, die Sache genommen. In einem in derNeuen Freien Presse" vom 11. v. M. veröffentlichten Artikel nennt er den Antisemitismus abscheulich, widerwärtig, eine Anomalie, verlangt aber vom Manne der Wissenschaft, daß er seinen Abschen unterdrücke und an die Lösung der Probleme gehe, da solche Anomalienihr Entstehen und die Möglichkeit ihres Bestehens stets irgend einem Gesctze verdanken".Welches sind die N r s ach e n des Phänomens, das wir Antisemitismus nennen?" ruft er aus.

Lombroso will die bisher allgemein als die einzige oder doch als vorherrschende betrachtete Ursache, die ethnische, die Racenverschiedenheit nicht als maßgebend an­erkennen,denn man sindet derartige Ungleichheiten der Racen in noch weit höherem Maße bei Völkern, welche miteinander politisch verschmolzen sind, ja man kann sogar sagen, daß cs in Europa kein Land gibt, das nicht solche Verschmelzungen von untereinander vollkommen verschiedenen Völkerstämmen aufzuweisen hätte".Es müssen ganz andere Ursachen geltend gemacht oder doch w e n i g st e n s der genannten h i n z u g e f ü g t werden. Vor Allem sind cs zwei Ursachen a t a v i st i s ch c r Natur", meint Lo m b r o s o, die erstedas W o h l g e fa l len, w e l ch es das Gefühl der lieber legen heit über Andere in uns erzeugt", die zweitedie A u f h ä u f u n g v o n E r- i n n e r u n g e n" (Haß der alten und später der Christen gewordenen Römer gegen das hebräische Volk, der clericalen Kaste gegen die Juden des Mittelalters).Und j e u n b c- wnßter jenes Gefühl des Hasses in den Nachkommen der Verfolger znm Ausbruche kam, u m s o int c n s i v c r

wurde es. Zu alledem", fährt nun L'ombroso fort, füge man noch die abgesonderten Quartiere hinzu, die Verschiedenheit der Gebräuche, der Speisen, der Dialekte, die C v n c u r r e n z im Hand e l".lind schließlich darf auch die p s y ch i s ch e Epidemie nicht unberücksichtigt bleiben."

Lombroso vermag aber auch die Inden selbst nicht völlig frcizusprechcn von der Schuld am Autiscmi- lismus".Den Inden ist weder Talent noch Feingefühl ab­zusprechen, im Gcgentheil; aber die durch Jahrhunderte fortdauernde und immer allgemeiner gewordene Gewohnheit der Juden, sich nahezu ausschließlich dem Handel zu widnien, hat in ihnen jenen gewissen Grad von Schlauheit und llebcrlcgcnheit, sowie jene geringe körperliche Energie hervorgeruscn, die, mehr oder weniger, allen Handelsleuten gemein ist".Dazu kommt noch die Häufigkeit der d n r ch H e ir a t en z w is ch e n B l ut s v er w a n d t e n v e r u r sachten D e g e u e r a t i o ns die wohl oftmals Genies- hervorbriugt, aber andererseits auch häufig nervöse, scrophulose oder schwächliche Menschen". Lombroso führt ferner als Ursachen jüdischcrseits cm:Die körper­liche Verwahrlos u n g der armen Juden, besonders im Orient lind in Rußland", denin gewisser Hinsicht übcrtriebeuen(äußerlichen)Co ns er v a t i v i s m u s,"welcher mit der bei ihnen fast ebenso häufigen großen Vorliebe für Neuerungen und für fortschrittliche Bestrebungen überaus seltsam cvntrastirt", denreligiösen Co n s erv a tivi smus" und schließlichd a s a n m a ß e n d e A u f t r c t c n eines Th eiles der Juden, eine leicht erklärliche Eigenschaft, die allen jenen Erdensöhncn eigen ist, die lange Zeit hindurch geknechtet waren und die von dem Augenblicke au, da sic freie Menschen geworden sind, das natürliche Bedürfnis; fühlen, sich über die Andern zu erheben, ihre Vorzüge bemerkbar und ihre Ueberlegcnheit geltend zu machen, sei es durch hervorragende Gcistesfähigkeitcn, sei es durch Aeußerlich- keiten aller Art."

In ausglcichender Gerechtigkeit kommt dann L o m b r o s o nach Anführung dieser Schattenseiten, welche übrigens zum größten Theil geschichtliche Zucht sind, zu den Licht­momenten. Er. weist darauf hin, daß die Juden der Welt wahrhaft geniale Schöpfungen und Neuerungen brachten: Den Ai o s a i s m u s. das C h r i st e u t h u m. den S o c ia l i s m u s.Wir finden, kurz gesagt, unter den Inden eine vcrhältnißmäßig höhere Anzahl von intellectuellcn