.Iahrespensen" genannt, der von allen Lehrern grundsätzlich eingehalten werden mußte. Der Lehrer, eine Art > höherer Bildungsbeamter, war in der Hauptlache der j Stoffübermittler, auf Grund dieses ganz einseilig materia- ^ listisch- und intellektualistisch-abgestimmten Bildungsidsals. ^ Llosfübermittlung (.Lernen und Abfragen") stand im ! Vordergrund, und man ga!> sich der Utopie hin, die wissenschaftliche Kultur der Zeit gewähre, z B in der beschichte und in den Naturwissenschaften, — (man denke aber nur einmal an die Umwälzung in der modernen Physik!) — einen unangreisbaren, über alle Zweifel erhabenen Lehrstoff, der, in Lehrbüchern paragrapheninäßig
um die errungene Kulturstufe, die man fraglos weit überschätzte, durch das Mittel der Schule zu erhalten. So wurde diese zur ausgesprochenen .Lernschule", die mehr das Gedächtnis in Anspruch nahm als den Intellekt bildete und die eine Fülle ursprünglichster, wertvollster Anlagen im Menschen beiseite drängte oder gar verkümmern ließ. Es waren gewiß nicht die schlechtesten, die unter diesem Schulsystem, das die Schüler zur Unredlichkeil geradezu herausforderte, schwer litten Der spöttisch sogenannte .Pauker" ist gewiß ein nicht mit Unrecht so gekennzeichneter Typus.
Die neue Schule geht von völlig veränderten Vor- s aussekungen aus Sie ist befreit von der fast zum Dogma erhobenen Ueberschälumg einer bloß intellektualistisch-tech- nischen Kultur, ja. sie steht dieser mit stark skeptischer Werteinstcliung gegenüber <das Wort von der .Kul- turkrisis". in der wir uns z. Zt. befinden, ist ja heute fast abgegriffene Münze geworden.) Kultur im Sinne einer harmonischen Entfaltung aller ursprünglichen Keime im Menschen, des Intellekts, der intuitiven Anlagen, der künstlerischen und sitllich-sozinlen Seite seines Wesens, der manuellen Fertigkeiten usw.. gilt es erst zu schaffen: sie ist nirgends gegeben, sondern ist Ausgabe der Zukunft Dazu bedarf es innerlich freier, kenntnisreicher, selbständig' denkender, selbstoerantwortlichcr Persönlichkeiten, im Staatsleben sowohl wie im geistigen und gesellschaftlichen Leben, und darum stellt die Idee der neuen Schuir dir Persönlichkeitsbildung obenan. Das hat für Un- lerricht und Schullcbcn ungemein weiireichende zxonse- cmenzen. Die einseitig intellektualistisch gestaltete Utopie der allgemeinen Bildung ist zerstört. Sie macht dem bedanken einer sich individuell von innen her gestaltenden Persönlichkeitsbildung Plat;. Stossüdermittlung ist für die Schule nicht mehr Selbstzweck, sondern wird Mittel zum Zweck: der Zweck aber ist die freiere, peisön- , licherc geistige Entwicklung des heranwachsenden Menschen. Die Schulreform fordert ausdrücklich vom Lehrer, daß er .niemals die Stosfübermittlung allein als Ziel seiner Arbeit betrachte, sondern stets prüfe, welche Kräfte des Zöglings in der Schularbeit entwickelt und gesteigert ivrrden Können, uisbrsvttdrrr Scivsiündlgkeil des Ur:c:is, (hemüt. Phantasie und Wille"! Das starre Pensum wird beseitigt: an feine Stelle treten frei bewegliche Richtlinien, die den einzelnen Lehrerkollegien eine außerordentliche Fülle etwa zu behandelnden Stoffes zur Auswahl stellen. Bei der Auswahl aber ist das lebendige Interesse der ! Schüler stark zu berücksichtigen, und das schon darum, weil der neuen Schule eben die Pflicht gegeben ist. auch alle individuell-persönlichen Begabungen der Schüler zu entwickeln, soweit das im Nahmen des Klassen»«,» terrichts. der von gewissen allgeme^
sten Kinder- und Iugendpfnchvwgie hat die neue Schule gelernt, daß es in jedem werdenden Menschen einen aus- oesvwcnenen Akrioitätsrried gibt. der. wenn man ihn nicht hemmt und ertötet, sondern vorsichtig schonend in geordnete Bahnen lenkt, z. 2 l. ganz erstaunliche Produktivkräfte zu entHüven vermag. Der nicht gedrillte, tischt in ein PriZkrustesdctt gespannte Quartaner entpupp!
sich plötzlich als ein angehender Philosoph, als ein kleiner Künstler, als ein gewandter Schriftsteller oder Techniker, und entfalten sich alle diese Begadungen in der Gemeinschaft der Schüler, so befruchtet ein Talent das andere, und die Entwicklung der Begabung des einen hilft der des andern herauszuschlüpfen aus der harten Schale, die sie umschließt. In freiem, natürlichem Wetteifer der Kräfte gestaltet sich so. unter den vorsichtig hütenden Händen des Lehrers, eine Arbeitsgemeinschaft der Schüler, die schließlich das neue methooijche Unterrichtsideal, den Arbeitsunterricht, verwirklicht. Hier tritt, die seit Jahrzehnten in ihrem Lebenswerk ungemein überschätzte iyeoächlnis Übung zurück hinter vre viel wichtigere Schulung des Denkens: hier werden selbslerrungene Erkenntnisse, mögen sie sich auch zunächst auf falschen Gleisen bewegen, unbedingt höher gewsrtet als die kritiklose Hinnahme überkommener, noch so sicherer Kenntnisse. Selbsttätigkeit des Schülers steht als Forderung obenan. Arbeitsunterricht, desagt die Schulreform, ist .Zusammenarbeit der Schüler in wechselseitigem «'ieben und Nehmen unter Leitung des Lehrers." Arbeitsunterrichr aber — und das muß wohl die wichtigste Folge aus der gegebenen Bestimmung genannt werden - ist freudige Zusammenarbeit der Schüler, nicht Drill. Wer eine freudig zusammenarbeitende Klasse in ihrer kaum zu dämpscnden Regsamkeit einmal gesehen hat. der kann hier nicht nur dem fadenscheinigen Einwand kommen, es oerbürge diese Methode nicht ein sicheres Wissen und Können. Im Gegenteil, sei erwidert, was srcudig. auf dem Boden eigener Bedürfnisse, vom Menschen erarbeitet ist. erst das und das allein darf sein wahres Eigentum genannt werden.
^'as dem Schüler recht, ist dem Lehrer billig Auch dem Lehrer gibt die neue Schule die Möglichkeit, seine besonderen Begabungen in den Dienst von Unterricht und Erziehung zu stellen; ja. die Gesamtheit der Lehrer einer Anstalt schließt sich zu einer freien Arbeitsgemeinschaft zusammen, die der einzelnen Schule nach ihrer Besonderheit (Lage. Landschaft. Schülerschaft» durch eigene Uilierriciuspiäne ihr besonderes «''epräge glitt und um innere Einheitlichkeit «Konzentration) der Unterrichtsarbeit besorgt ist.
Nur ganz Grundsätzliches dieses idealen Zukunfts- dUocs. an dessen Erfüllung alle schanenssrohcn Kräfte arbeiten, konnte hier gezeichnet werden. Zweierlei aber sei noch einmal besonders hervorgehoben: Die neue sckule hat zum Ziel die Bildung selbständig denkender, selbjt- oerantivorlUcher Persönlichkeilen, die sich von innen heraus gemäß der Besonderheit ihrer Begabungen entwickeln. Und die neue Schule sucht dieses Zic! zu ei- reichen durch die Form des Ardeitsunterrichls. die den Wert der Arbeit über den Stoff stellt und Lehre? und Schüler in der Auswahl der zu behandelnden Stoffe die größtmögliche Freiheit gewährt. Nicht woran wir lernen, nach allen Seiten zu wahrhaft ein Mensch zu sein, sondern daß wir es überhaupt lernen. — darauf kommt es an
tt.
Ich oersuche nunmehr, die Folgerungen aus der Schulreform für die jüdische höhere Schule zu ziehen: es sei mir zugute gehalteu. daß es in diesem Abschnitt nicht abgehen Kann ohne persönliche Stellungnahme zu entscheidenden Lebensfragen des Judentum» in der Gegenwart
Ich möchte von der Fiktion ausgehen, es gäbe rore in Frankfurt in allen deutschen Städten mi: größeren jüdischen Gemeinden jüdische Schulen, also üuch jüdische Höhire Schulen. Daß es diese nicht gidr. ist eine Folge de! irrigen Ansicht, es genügten, ^n». jüdisch denkende und sichtende Menschen heranzubilden, das jüdische Elternhaus und zwei Religionsstunden in der Woche (unter