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Die Gemeindemitglieder erhalten das Blatt unentgeltlich. Preis der Einzelnummer 50 Pfg. v Zustellung durch die Post. Fernsprecher: Hansa 27544. Postscheckk.: Frankfurt a. M. 33521 Schriftleitung und Verwaltung: Fahrgasse 146

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8. Jahrgang

Frankfurt a. M., August 1930

Nr. 12

Die Schriftleitung übernimmt für den Inhalt des Gemeindeblatts nur die preßgesetzliche Verantwortung. Nachdruck nur mit Erlaubnis gestattet.

Aus dem Inhalt

Hiob (A. Sakheim) .................. 465

Camille Pissarro (A. Galliner)............. 468

Von Lehrern und Kindern................ 471

Amtliche Anzeigen des Gemeindevorstands....... 473

Aus der Gemeindevertretung............. 474

Aus den Gemeinden.................. 476

Aussprache: Verständigung ....... 478

Anstalten und Vereine, Versammlungskalender..... 478

Bücherschau ..................... 483

Veränderungen im Personenstand........... 484

Personliche Nachrichten ................ 484

Gottesdienstlicher Anzeiger.............. 485

Statistische Uebersicht................. 488

Katalog der Gemeindebibliothek............ 489

ffiob

Von Dr. Arthur Sakheim. (Dem Andenken meines Vaters gewidmet)

Das BuchHiob" ist ein gewaltiges Lyrodrama, von einem unbekannten Dichter gestaltet. Der ganze Komplex, nebst Rahmenspiel, besteht aus zweiundvierzig Kapiteln und behandelt ein abgeschlossenes Geschehnis. Aufgerollt wird das Schicksal eines menschlich übermenschlichen Dul­ders. Sinnvolles Ziel bleibt die Lösung der religiös ethischen Fundamentalfrage, des Weltproblems vom schmerz­lichen Leben der Guten und Gerechten und vom glückhaften Dasein der Bösen und Unge­rechten . . . Das rein äußerliche Gefüge zerfällt in drei ungleich umfangreiche Teile. Prolog und Epilog, beide kurz- gefasst, sind in Prosa geschrieben. Die zentrale Partie er­blüht in reichen, erfüllten Versen, in hohem, oftmals be­fremdenden Stil. Es ergibt sich eine kunstvoll gruppierte Reihe von Dialogen zwischen Hiob und seinen Freunden, an deren Debatte und Diskussion, endgültig entscheidend, zuletzt Gott selber teilnimmt.

Zu Beginn wird mitgeilt, dass imLande Uz", d. h. an der Grenze, wo die Märchen zu Hause sind, der Prototyp eines permanent frommen und bewährten Mannes gelebt habe, und dass Gott diesem privates Wohlergehen in jeder Beziehung beschert hätte. Nunmehr öffnet der anonyme Ver­fasser seiner Leserschaft die Tore des Himmels und erweist sich als Vorläufer jenes Goethe, der denFausf'-Prolog schuf. Um den Thron derSchechina" herum stehen die Engel und Erzengel: unter ihnen Satan, wie Jahrtausende später bei Milton, Goethe und Byron soeben von seinen Wanderungen auf Erden zurückgekehrt. Der Allerheiligstc, gelobt sei sein Name, erkundigt sich bei Satan, ob dieser den makellosen Hiob kenne.-Und der prinzipielle Staatsan­walt des Himmels Diabolus meint, die Makellosigkeit sei eine Folge der angenehmen Verhältnisse, und der Herr brauchte bloss seine Hand auszustrecken und an Hiobs Eigentum zu rühren . . . Und nun hebt das Elend an. Die Boten kommen einer nach dem anderen \md berichten von der gänzlichen Vernichtung der Habe Hiobs. Endlich trifft der letzte Bote ein mit der ominösesten Nachricht, ein Wü­stensamum hätte auch alle Söhne und Töchter Hiobs aus­gerottet. Der vom allergrausigsten Geschick Betroffene -zer- reisst seine Kleider, verneigt sich vor dem Allmächtigen und spricht:Nackt ging ich aus dem Leib meiner Mutter hervor, nackt kehre ich zurück. Gott hat gegeben, Gott hat ge­nommen! Sein Name sei gesegnet".

Abermals öffnet sich der himmlische Hintergrund. Satan bestreitet den Triumph der Gottesglorie. Der Verlust von Hab und Gut, und selbst der Nachkommenschaft sei gewiss ein tiefer Anlass, am Herrn aller Welten zu verzweifeln. Aber die Körperlichkeit jenes Menschen sei noch nicht im Kern getroffen.Rühre an sein Bein und an sein Fleisch, und er wird Dir ins Angesicht fluchen!" Der Ewige über­gibt nunmehr auch den Leib Hiobs (nicht aber dessen Le­ben) in Satans Machtbefugnis! Satan seinerseits schlägt Hiob mit einem schauerlichen Aussatz. Aber trotz der allzu- meiischlichen Verzweiflung seiner kleingläubigen Frau, ver­harrt Hiob fest in der Zuversicht.

Drei treue Freunde und Gefährten Htfobs;. Elifas, B i l cl a d und Z o f a r, die von dem imf'setzlichen Un­glück, das ihm passiert ist, erfuhren, komme« ihn zu trösten. Yon der Qual Hiobs erschüttert, können sie sich lange nicht entschliessen den Mund aufzutun. Doch Hiob selbst unter­bricht als erster das Schweigen. Das eigentliche Drama setzt mit der aufwühlenden Rede Hiobs ein, auf die Dialogserien um den letzten Sinn der Menschen weit und die allerleidenschaftlichste, übermässige, erhaben mitreissende Selbstcharakteristik des Herrn aller Sternensysteme folgt. Jede Serie formen drei wildbewegte und rhetorisch dialek­tische Ergüsse der Freunde und die jeweiligen lebhaft empfundenen, überzeugenden Erwiderungen Hiobs. Im dritten Zyklus sind von den drei unverbrüchlichen Besuchern nur Elifas und Biklad vertreten. Statt des Zofar schürt eine neue dramatische Figur das Feuer: Elihu ben Berachel.

In der ersten Lamentation flucht Hiob dem Tag seiner Geburt, beklagt es, dass er nicht im Mutterleibe gestorben ist und nennt den Tod das höchste aller Güter. Dieser gleiche den Gegensatz aus zwischen Arm und Reich, Unterdrückten und Unterdrückern, zwischen Herren und Knechten. Hiob dürstet nach einem todbringenden Abschluss seines Marty­riums. Elifas erhebt nun reichlich bemessene Vorwürfe wider Hiob. Der stets die Mitmenschen in ihrem Kummer und Leid getröstet und ermuntert hätte, gerate ausser Rand und Band vor rasender Verzweiflung, jetzt, wo ihn selbst das Unglück angepackt habe. Er, Elifas, aber wisse sehr wohl, dass der Mensch sich an unbefleckter Reinheit mit dem Schöpfer nicht messen dürfe. Nicht einmal die Engel des Himmels seien im absoluten Sinne rein. Gottes Zuchtrute aber läutere den Fragwürdigen. Der Schuldlose würde nie für -alle Zeiten benachteiligt, und auch Hiob stünde eine lichte Zukunft bevor. Aber Hiob wittert in den Auslassun­gen des Elifas Zweifel an seiner hochgepriesenen Lebensfüh­rung. Statt dem Siechen Trost zuzusprechen, beleidige man