Umschau: Geschichte

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die Befreiung aus Egypten. Die Befreiung der Juden aus dem heutigen intelligentesten Weltteil aus Europa?!!! wird von den 1 ) wohlthätigsten und in seinen Folgen un­berechenbaren Einfluß auf die Menschheit sein, Europas kleine und große Anhänger des Pharaonischen Systems werden aus ihrem Taumel erwachen und erkennen, daß der alte Gott Israels noch lebt. Ich bitte den Himmel uns seinen Segen hierzu zu ver­leihen, und verharre, eine baldige günstige 1 ) Antwort von Ihnen entgegensehend, mit vollkommenster Hochachtung

Ihr ergebenster Diener B. B. sen.

IV.

Antwort.

Hamburg, den 20. April 1844.

Herrn B. Behrend sen.

in Rodenberg.

Hochgeehrtester Herr! Entschuldigen Sie, wenn ich, durch mannigfaltige Arbeiten beladen, Ihr ge­ehrtes Schreiben vom 18. Februar so lange unbeantwortet gelassen habe, und wenn es mir auch heute nicht möglich ist, den wich­tigen, darin besprochenen Gegenstand zu erschöpfen, ich mich vielmehr auf das Nöthigste beschränken muß. Wie man auch über die Auswanderungs-Frage denken möge, so viel ist gewiß, daß sie von der außer­ordentlichsten Wichtigkeit ist, und wer weiß, °b sie nicht alle anderen in unserer Zeit verhandelten an Bedeutung überragt! Wer yon denen, die an dem Schicksal der Juden innigen Antheil nehmen, hätten nicht Augen­blicke, in welchen ihm die Uebersiedelung nach den Ländern der Glaubensfreiheit, nach großartigem Maasstabe ausgeführt, die Rechte nnd einzig heilbringende Lösung der end­losen Diskussionen über die versagte Frei­heit in Deutschland und anderen Ländern zu sein scheinen 1 Dennoch kann ich mich *nr meine Person zu einer bestimmten, ^gesprochenen Thätigkeit in der von Innen vorgeschlagenen Richtung nicht ent­schließen. Ein Hauptpunkt ist, daß Sie' dabei von der völlig irrigen Voraussetzung ^sgehen, daß es mir leicht gelingen werde, tferrn Salomon Heine zu vermögen, daß er sich, an die Spitze eines solchen Unter­nehmens stelle und ihm pekuniäre Kräfte widme. Daran ist aber nun durchaus

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nicht zu denken. Herr H. ist ein sehr wohl­tätiger, freigebiger Mann; aber für der­artige Pläne ist er durchaus nicht; seine Lebensansichten, Gewohnheiten und Um­gebungen ziehen ihn davon ab, und sie werden einräumen, daß es ein zweckloses Beginnen sein würde, einen siebenundsiebzig- jährigen Mann auf andere Ansichten und Bahnen, als die er bisher verfolgt hat, lenken zu wollen. Abgesehen n u r hiervon weiß ich nicht, was ich persönlich für die Sache zu leisten im Stande wäre. Es kommt dabei gerade ausschließlich auf solche praktische Kenntnisse an, die mir durchaus mangeln, im Ackerbau, Fabrikwesen und dergl. mich selbst halten Neigung und Gewohnheit verbunden mit der Unmöglichkeit, in einen anderen Welttheil einen Zweig praktischer Thätigkeit, dem ich mich widme und von dem ich existieren könnte, zu finden, vor der Auswanderung aus Europa ab, und an Andere Aufforderungen richten, ohne selbst­tätigen Anteil zu nehmen, giebt eine falsche misliche Stellung; zudem bin ich nicht der Meinung, daß gerade die Ansiedelung einer großen Anzahl von Juden auf einer und derselben gemeinschaftlich erworbenen Land­strecke so sehr in den Wünschen der Juden liegt und der Sachlage nach zweckmäßig ist. Gemeinden, denen sie sich in religiöser Hinsicht anschließen können, finden die einzelnen auswandernden Juden in vielen Städten Nord-Amerikas; und das scheint mir genügend. Auch glaube ich, daß ein öffentlich angekündigter und betriebener Auswanderungsplan für Juden in dem immerhin leicht möglichen Fall des Miß­lingens in mehrfacher Hinsicht schaden würde. Es scheint mir daher wünschens- werther, daß die individuellen Auswande­rungen, die ja seit längerer Zeit besonders aus Bayern ziemlich zahlreich und, wie man hört, im Ganzen von günstigem Er­folge begleitet sind, zunehmen oder daß man sich allgemeineren Unternehmungen teilnehmend und fördernd anschließe, wo­von ja eben jetzt wieder in den Zeitungen die Rede ist, als daß ein speziell jüdischer Kolonisationsplan ins Leben trete. Ich würde diese Bedenklichkeiten für gering­fügig halten, wenn ich mit einiger Zu­versicht an das Gelingen glaubte; da ich aber diese Zuversicht nicht habe, so kann ich nicht rathen, ein schwieriges Unternehmen, wie es so oft in unsern Tagen geschieht, auf die Gefahr des Mislingens hin an die-

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