liberales Judentum
ITlonafsfchriff
für die religiösen Interessen des Judentums
herausgegeben van der
Vereinigung für das liberale Judentum in Deuffdiland
unter der Redaktion van Dr. Caefar Seligmann, Rabbiner in Frankfurt a. M.
No. 12. Jahrgang Z. Dezember 1911.
Zur Hundertjahrfeier für Ludwig Philippfon.
Von Dr. Seligmann-frankfurt a. 171.
„Der Harne £tibtaig f) hilippson war mehr als ein halbes Jahrhundert wohl der populärste von denen aller jüdischen Gelehrten. vom zweiten Drittel des vorigen Jahrhunderts ab konnte keine Bewegung, kein Ereignis, keine Sorge und keine Hoffnung, weder von außen noch von innen heraus das Judentum berühren, ohne daß man überall zuerst auf eine Kundgebung von diesem Manne gewartet hätte, lind man hat niemals vergeblich gewartet. Sein Wort stellte sich immer ohne. Verzug ein, und es war immer mannhaft, mutig, klar und unzweideutig. Und es war zugleich praktisch im besten Sinne des Wortes. Denn nicht etwa Opportunität war der £eitgedanke seiner Praxis, sondern vielmehr immer ein geschichtlicher Zusammenhang von Praxis und Theorie."
Mit dieser treffenden Tharakteristik eröffnet f)rof. Hermann Tohen seine Studie über die Bedeutung eines philologischen Jngendwerkes £udwig j)hilippfons.
Unzertrennbar mit der inneren und äußeren Geschichte des Judentums vom zweiten Drittel des vorigen Jahrhunderts an jft der Name f)hilippsons verbunden. Denn er war der getreue Eckart der jüdischen Gesamtheit durch mehr als ein halbes Jahrhundert ge
wesen. £eben und Bewegung, Regsamkeit und heiligen Eifer hat er vor allem in das deutsche Judentum gebracht. Schöpfer einer öffentlichen jüdischen Meinung, war er zugleich deren Organ und Stimmführer, dessen Wort weit hinaus ein Echo fand. Ein Herold des Rechtes war er den deutschen Juden, und für die Wissenschaft des Judentums verbleibt ihm das hohe Verdienst, die Barren in Scheidemünze ausgeprägt und so jüdische Gedanken in tausende von Herzen gepflanzt zu haben. Seine Gemeinde war die ganze deutsche Judenheit. Ein gemeinsames Band, ein Bewußtsein der Zusammengehörigkeit hat seine „Allgemeine Zeitung des Judentums" um die deutschen Juden gewoben. Das Banner des Gemeinschaftsgefühls hat sie zum ersten Male aufgerichtet. Gemeinsame Ziele, gemeinsame Wege, gemeinsame Institutionen hat sie und der schöpferische Geist, der in ihr lebendig war, dem deutschen Judentum gewiesen, und so war £udwig j)hibppson der Wegebahner zu den großen umfassenden Gesamtinstitutionen, die dem heutigen deutschen Judentum sein charak- terisches Gepräge geben.
Vielseitig und tiefgehend sind die Anregungen und Segnungen, die von diesem