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tik sind die fruchtbarsten Uedungen des Geistes (wie das Thalmudstudium beweist, welches, ohne die spätere geschwäz- zige Disputirweise, der Denkkraft sehr nützlich ist) während das beständige Anempfehken einer Verehrung für die alten Vorbilder, nur ein Lernen hervordringt, nicht aber ein Denken.

Zudem, wenn ich auch den Fanatikern die Schwächen AE.'s und M.'s verhehlt halte, blieben ihnen darum die Fehler so vieler anderen Zeitgenossen verborgen, welche, in dem sie sich den Wissenschaften ergeben, ein Leben führen, oder sich zu solchen Principien bekennen, um den Fanatikern jedes wissenschaftliche Studium verhaßt zu machen?

Wenn die israelitischen Gelehrten wirklich den guten Fortschritt ihrer Brüder befördern wollen, so mögen sie sich nicht damit begnügen, ihnen alte Bücher und tobte Menschen vorzuhalten; vielmehr mögen sie ihnen neue Bücher und le­bende Menschen zeigen, Männer, deren Worte und Hand­lungsweise dazu dienen kann, die Wissenschaft liebenswerth j und achtbar zu machen. Zn dieser angenehmen Hoffnung > schrieb ich das Sonnet im K. Ch. iv. 257.

Indem ich das Vertrauen hege, daß diese Blätter den Beifall der richtig Denkenden erlangen werden, und früher oder später guten Erfolg hervorbringen, unterwerfe ich mich gern dem Eifer der Uebelwollenden und wohlgemuth die Verse Jes. L. 4 seqq. wiederholend, bin ich re.

Nachrichten rmd Correfpondenzen.

Orientalische Verhandlungen. EinTheil des schrecklichen Drama's ist nun beendigt. Die Zuden zu Rho- dus sind durch den Divan zu Constantinopel von jeder Be­schuldigung freigesprochen worden. Die europäischen Con- suln, namentlich Oesterreichs, Englands und Schwedens, welche auf eine strenge Untersuchung gedrungen hatten, nachdem sie, wo nicht Urheber, doch stille Zeugen der schändlichsten Be­handlung unschuldiger, ja selbst unverdächtiger Personen ge­wesen waren, mögen sich jetzt anklagen, auf solche Weise über eine ganze Gemeinde eine verhängnißvolleZeit gebracht zu haben. Ob sie die jüdischen Abgeordneten für die zu Constantinopel gehabten Unkosten entschädigen werden, wie der Divan sie hierzu für verbunden erklärt, ist eine nicht sehr erhebliche Sache. Hoffentlich werden die betreffenden Regierungen den Unschuldig-Verfolgten einige Genugthuung gewähren.

Italien. Betreffend die Anfrage in den Annalen 1839. S. 396 über vr. Morpurgo ist zu bemerken, daß seine Berichte keinen Glauben verdienen, und eine Untersu, chung völlig überflüssig wäre. Er ist ein Enkel des Abraham Elieser Levi, vormaligen Rabbiners in Triest, hieß Vita Morpurgo, ward zum Rabbiner erzogen, ging aber zur pro­testantischen Religion über, und treibt Medicin in der Türkei. An Talenten fehlte es ihm nicht, aber der Gebrauch, den er von denselben macht, fand bei allen Gutgesinnten gerechte Mißbilligung, und es ist von ihm keine auftichtige Forschung

zu erwarten. (Und die besten deutschen Journale haben seine Darstellungen für baare Münze genommen, bis wir einiges Bedenken äußerten!)

Hier zu Lande liegt die Literatur ganz im Argen. Don Theilnahme für die an andern Orten herrschende geistige Regsamkeit ist hier keine Spur. Das wenige Gute, das die Annalen von diesseitigen Gemeinden berichtet haben, wird von unendlichen Mißständen überboten und verdun­kelt. Die Buchdruckereien in Livorno sind jetzt sehr thätig; aber welches sind die Werke, die sie liefern?

Der Sohar mit Asulai's Bemerkungen.

Ein Commentar des Letztern auf die. Bibel (p^n-DTi betitelt.)

Ferner rP'D'lJ? ptN eine Sammlung alter homiletischer und moralischer Erklärungen; ein ähnliches pi TTP betitelt, von Zechiel Viterbe aus Ankona; np"in p ein Commentar zu N. Spira's Werk lOVvfi'Qn p; außerdem N2M allerlei verworrene Erzählungen aus der Bibel, mit Legen­den untermengt, und pp Lebensbeschreibungen nach Art der Morgenländer;

lauter Werke, die sich dazu eignen, den Forschergeist gänzlich zu erdrücken, und die Aufmerksakeit von wahrer Erkenntniß abzulenken.

Fortsetzung des Berichts über Mähren. Dgl. Nr. 15.)

8) Hungarisch Brod; 160 Familien stark; hat eine schone Anzahl von Kennern und Freunden der hebräischen Sprache aufzuweisen und ist auch der Geburtsort des aus den Bikure Haitim und andern kleinen Arbeiten bekannten Joachim Pol­lach (zu unterscheiden von dem ehrwürdigen obenerwähnten Rabbinen zu Trebitsch, Hrn Joach. Pollack). Der innere Proceß, der im Judenthume vorgeht, scheint hier indeß fast theilnahmlos beobachtet zu werden, wenn er überhaupt beob­achtet wird. Dafür werden Processe ganz anderer Art mit leidenschaftlicher Sorgfalt cultivirt, die, wie die chemischen, auflösend und wahrhaft niederschlagend wirken, aber weder läutern noch in die Höhe bringen. Es ist eine traurige Wahrheit, die ihren Beweis in sich selber trägt, daß nichts so hemmend auf den Fortschritt und nichts so zerstö­rend auf die Lauterkeit des religiösen Sinnes in einer Ge­meinde einwirkt, als die Zwietracht. Abgesehen von anderweitigen Stempeln, ist besonders unsere Geschichte eine Warnungstafel, worauf in Flammenzügen geschrieben steht: 1 EEW nni? üßb pbil (Hoseas 10, 2.)

9) Groß-Meseritsch, 151 f. H. im Besitze eines achtungs- werthen, trotz seines hohen Alters die Zeitbedürfnisse wohl würdigenden Rabbiners, Hrn. Joseph Feilbogen (gewöhn­lich Biach) aus Hung. Brod. Sobald die Gemeinde nur einigermaßen die Hand bieten wollte (wir meinen hier jene Willenskraft, derenAeußerungdie That ist; denn ein ledigliches Wollen des Guten kann sicherlich in einer Gemeinde nicht fehlen, die in und außer dem Vorstande gar manchen trefflichen, durchgebildeten Kopf zählet; was nützt aber ein Wollen, das gleichsam vom Verstände abge- rungen wird, ohne sich im Leben zu bethätigen?) das ver­nachlässigte Unterrichts- und Erziehungswesen zu verbessern.