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der allgemeinen Kriminalität sind die be­treffenden Angaben über Ungarn insofern von Wichtigkeit, als die Juden in Ungarn inbezug auf ihre gesamte soziale Lage zwischen den deutschen und Österreichischen Juden die Mitte einnehmen dürften. Sie bleiben an Wohlstand zwar hinter den deutschen Juden zurück, sind aber auch von dem Elend, das bei dem Gros der österreichischen Juden, nämlich in Galizien herrscht, entfernt. Ebenso halten die Juden Ungarns in weit höherem Maße als die deutschen am althergebrachten Glauben fest, besitzen aber keine so zahlreiche Orthodoxie wie die Juden in Galizien. Schließlich weicht die un­garische Strafgesetzgebung in wesentlichen Punkten von der österreichischen ab und nähert sich der deutschen. So gibt es einige straf­bare Handlungen, die nach ungarischem und deutschem Gesetz verfolgt werden, nach öster­reichischem aber nicht unter die vom Straf­kodex umfaßten Verbrechen und Vergehen gehören. Der Kreis der in Ungarn als Ver­brechen oder Vergehen strafbaren Tatbestände ist erheblich geringer als in Deutschland, aber größer als in Österreich. Daraus dürfte es sich hauptsächlich erklären lassen, daß die all­gemeine Kriminalitätsziffer in Deutschland bedeutend höher ist als in Ungarn und in Ungarn höher als in Österreich.

Die ungarische Krimmalstatistik unter­scheidet ebenso wie die deutsche und im Gegensatz zur österreichischen nicht zwischen Verbrechen und Vergehen. Es wurden ver­urteilt w r egen Verbrechen und Vergehen unter

100000 Personen gleicher Konfession

Christ. Jud.

in Ungarn (ohn. Kroat. u. Slavonien) 1904 399,2 255,8 « . , innn - m |weg. Yerbrech. 134,8 107,4 m Österreich 1900/01 J ^ vergehen ^

in Deutschland 1899/1902 ..... 860,0 788,7

Werden Delikte mit einer zu geringen Zahl Verurteilter ausgeschaltet, so sind die Christen in Ungarn an folgenden Delikten stärker be­teiligt als die Juden :

1. tötliche Körperverletzung 10,5 Mal mehr

2. Raub........9

3. Vorsätzlicher Totschlag in Aufregung......7

schwere Körperverletzung

6,3 Mal

mehr

Beschädigung von Eisen­

bahnen usw. und sonst.

gemeingefährl. Handlung.

5

:*

77

Abtreibg. d. Leibesfrucht

5

y>

77

Brandstiftung.....

4,23

77

57

Delikte geg. d. Wehrmacht

3

57

57

Hausfriedensbruch . . .

2,88

77

5?

Gewalttätigkeit gegen die

Behörde .......

2,56

77

77

leichte Körperverletzung

2,08

77

57

Sachbeschädigung . . .

2

57

Diebstahl......

1,87

77

77

Totschlag aus Fahrlässig­

keit ........

1,82

57

5?

Sittlichkeitsverbrechen .

1,71

77

57

Gew r alttätigk. geg. Private

1,67

77

57

unrechtmäßig. Aneignung

1,61

77

5?

Verletzung d. persönlich.

Freiheit.......

1,36

77

»

Körperverletzg. aus Fahr­

lässigkeit ......

1,31

7?

57

Hehlerei und Vorschub­

leistung .......

1,30

77

57

Ferner wurden Christen wegen folgender

Delikte, an denen die Juden garnicht beteiligt sind, verurteilt. Vorsätzlicher Totschlag (1,3:0), Kindesmord und Aussetzung (0,4:0), Mord (0,3 : 0) u. a.

Die Juden dagegen w r eisen in folgenden Delikten eine stärkere Beteiligung auf:

1. Konkurs.......62,5 Mal mehr

2. Zweikampf......11,1

3. Wucher

4,4

4. Betrug.......4,02

5. Meineid.......4

6. Veruntreuung.....2,07

7. Religionsvergehen . . . 1,93

8. Urkundenfälschung. . . 1,66

9. Amts- und Advokatur­vergehen ......1,55

10. Erpressung......1,44

11. Verleumdung.....1,39

12. Münzfälschung .... 1,15 Fassen wir, wie es die amtliche Statistik

tut, die Delikte gegen Personen einerseits und Vermögensdelikte andererseits zusammen, so