141

trug ihr Prozentsatz unter den an den Blattern Gestorbenen nur 4,7.

Auffallend ist weiter, daß die Zahl der erkrankten Frauen bei den Juden eine viel kleinere war als bei den Christen. Während von 20 erkrankten Juden nur 5 weiblichen Geschlechts waren, verteilten sich die er­krankten Christen auf beide Geschlechter fast gleich, indem 59 Männern 55 Frauen gegenüberstanden.

Auch die Alters Verteilung der Erkrankten ist bei den Juden eine ganz andere als bei den Christen. Schließen wir die zwei Mädchen, die unter einem Jahre alt und wahrscheinlich noch nicht geimpft waren, aus, so sehen wir keinen Juden unter 5 Jahren erkranken, dagegen hatten von den Christen im Alter von 1 bis 5 Jahren, zu welcher Zeit die Kinder doch schon geimpft sein sollten, 21 Blattern. Macht man aber keinen Unter­schied zwischen Säuglingen und älteren Kindern, so beträgt die Zahl der unter fünf Jahren stehenden Erkrankten bei den Juden ein Zehntel, bei den Christen ein Drittel der Gesamtzahl, immerhin ein zu großer Unterschied, um nur zufällig zu sein. Der Grund dafür, daß die Juden erst nach dem fünften Lebensjahr für die Pocken empfäng­licher werden, ist w T ohl darin zu suchen, daß zu dieser Zeit die Schutzkraft der ersten Impfung schon bedeutend abgenommen hat, während noch keine zweite erfolgt ist.

Für einen gewissen Zusammenhang zwischen Impfung gegen die Blattern und Erkrankung an diesen spricht unabweisbar die leider etwas defekte Tabelle II. Es wurde nämlich

Tabelle II. Blattern und Impfung.

Alter

geimpft

nicht geimpft

Angabe fehlt

Juden

Christ.

Juden

Christ.

Juden

Christ.

0-10

_

4

2

39

5

11

1115

1

7

3

5

16-20

3

4

11

2

11

2130

2

1

6

1

10

3140

1

2

3

Zusammen

*

11

3

63

13

40

nicht in jedem Falle festgestellt, ob der betr. Blatternkranke geimpft war oder nicht. Die Zahl solcher Kranken mit fehlender Angabe über erfolgte Impfung betrug 53, nämlich 13 Juden und 40 Christen. Schließen wir diese Zahl aus, so bleiben noch immerhin 81 Kranke mit genauer Angabe und zwar 7 Juden und 74 Christen. Nun waren von diesen 3 Juden und 63 Christen nicht geimpft, während nur 4 Juden und 11 Christen geimpft waren. Dies spräche schon zur Genüge für den Schutz der Impfung gegen die Blatternerkrankung, aber ein genaueres Studium der Tabelle läßt die Bedeutung dieses Faktors noch mehr hervortreten. Die Impfung ist bekanntlich in Rußland überhaupt nicht obligatorisch, und eine zweite Impfung wird im Allgemeinen nur selten vorgenommen. Nun sehen wir, daß die Juden von der Impfung bedeutend häufiger Gebrauch machen als die Christen, indem von den unter 10 Jahre stehenden Erkrankten 39 Christen und nur 2 Juden uügeimpft waren, wobei noch zu berück­sichtigen ist, das diese zwei Juden nach Tabelle I, worauf schon oben aufmerksam gemacht wurde, noch nicht impfreife Säug­linge waren. Bemerkenswert ist weiter, daß noch nach dem 10. Lebensjahr 24 Christen, dagegen nur ein Jude ungeimpft waren. Von den Geimpften und dennoch Erkrankten waren alle 4 Juden und 7 von 11 Christen mehr als 10 Jahre alt; es ist deshalb anzu­nehmen, daß bei diesen Personen die weit zurückliegende Impfung ihren Schutz ein­gebüßt hat.

Aus alledem läßt sich schließen, daß das geringere Ergriffensein der Juden ihrer recht­zeitigen und erfolgreichen Impfung zuzu­schreiben ist. Auch die geringe Sterblichkeit der Juden steht wahrscheinlich mit dieser Erscheinung im Zusammenhang, denn es ist anzunehmen, daß die geimpft - erkrankten Personen, deren Prozentsatz unter den Juden größer war, die Krankheit leichter ertragen als die nicht geimpften. Dafür spricht aucli mittelbar die Tatsache, daß von den 18 im Stadtkrankenhause gestorbenen Christen 16