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Juden, worunter 6 aus dem Gefängnis. Unter 100 an Flecktyphus Erkrankten waren die Juden somit nur mit 12,5 oder, wenn man die Gefängnisinsassen aussehließt, mit 13,4 ver­treten, Zahlen, die um das Dreifache kleiner sind, als der Anteil der Juden an der Bevölkerung beträgt. Aber nicht nur der Morbidität nach, sondern auch der Mortalität nach stellen sich die Juden bedeutend günstiger als die Christen, indem ihre Sterblichkeit um das Zweifache geringer war als die der Christen. Wenn von 100 Erkrankten nur 12,5 Juden waren, so befanden sich unter 100 Gestorbenen die noch geringere Zahl von 6,1 Juden. Dementsprechend betrug auch der Prozentsatz der Gestorbenen auf die Gesamt­zahl der Erkrankten berechnet bei den Juden 4.5 und bei den Christen 10,3.

Was die Altersverteilung anbelangt, so wäre eine ausgiebige Prüfung nur dann mög­lich, wenn die Altersgliederung der einzelnen Bevölkerungsbestandteile bekannt wäre. Da dies aber nicht der Fall ist, so können wir uns wohl mit der Bemerkung beschränken, daß im Allgemeinen keine nennenswerten Ab­weichungen vom festgestellten Erkrankungs­modus sich konstatieren lassen.

Daß unter den Juden die Frauen etwas häufiger erkrankten und eine größere Sterb­lichkeitsrate aufwiesen, ist wohl Sache des Zufalls. Dafür spricht jedenfalls, daß unter

den Christen bei Abzug der Gefängnisinsassen die Geschlechter sich fast gleich stellen, wo­bei die größere Sterblichkeit der christlichen Männer den Frauen gegenüber vielleicht auf die größere Sterblichkeit der Internierten, die sich leider nicht feststellen ließ, zurückzu­führen ist.

Die Flecktyphusepidemie schloß aber mit dem Jahre ihres Auftretens nicht ab, sondern dauert seitdem noch weiter fort, wenn auch in bedeutend abgeschwächtem Maße. In Tabelle IV habe ich die Flecktyphusfälle für 1909 und 1910 zusammengestellt. Hier ist das Bild ein scheinbar ganz anderes, indem die Juden viel häufiger erkrankten als im eigent­lichen Epidemiejahr. So haben wir für beide in Rede stehende Jahrgänge 59 vom Fleck­typhus ergriffene Juden und 83 Christen, was auf Hundert bezogen 41,5 Juden und 58,5 Christen ergibt gegen 12,5 Juden und 87,5 Christen im Epidemiejahr. Es ist aber zu be­rücksichtigen, daß ein gut geordneter Sanitäts­dienst, bestehend aus speziell angestellten Armen- und Bezirksärzten, nur im Jahre 1908, als die Pocken, der Flecktyphus und der Rückfalltyphus zugleich herrschten, funktio­nierte, während in den Jahren 1909 und 1910, die nach russischen Begriffen wenn auch nicht ganz so doch verhältnismäßig günstige waren, der geregelte Sanitätsdienst aufgelöst und die engagierten Arzte entlassen wurden. Es ist

Tabelle IV.

Flecktyphuskranke in den Jahren 1909 und 1910

Juden

Christen

<u

c;

Alter

19u9

19)0

i

1909

1910 |

c £

3

Männer

Frauen

Männer Frauen j

£usam.

Männer Frauen ,Männer, Frauen .;

CO

1- 5

_

4

_

i !

5

1

_

__

_

1

6

6-10

2

3

1

!

6

2

2

2

6

12

11 -15

4

3

2

1 !

10

1

2

2

5

15

1620

3

2

1

1 1

7

11

2

9

3

18

25

2130

1

4

3

o !

13

9

8

3

3

23

36

31-40

1

2

1

6 i

10

7

6

2

1

16

26

4150

2

1

3 1

6

1

2

2

1

6

12

51-

1

!

1 |

2

2

2

2

6

8

~

2

2

2

11

19

i s

18

59

36

22

15

10

83

142

1

0

1 0

1

2

10

6

3

0

19

21

Gestorb. In Proz. d. Erkrankten

1

3.4

22.9

14.8

Von 100 Erkrankten waren . .

1

41.5

5S.5

Von 100 Gestorbenen waren .

!

9.5

90.5

-