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Hauspriester bethätigt, daß er seine Kinder von der Geburt an nach religiösen Vorschriften er- und zu diesen mit hineinzieht und sie stufenweise zum welt­lichen Wissen an der Seite des göttlichen führt, ge­genüber dem Heiöenthume, welches erst der reiferen Jugend, nachdem Herz und Sinn bereits schon von der Weltlust angehaucht waren, ihre Bet- und Lehr­säle öffnet. Zum Schlüsse legte er selbst bis zu Thrä- nen gerührt das mahnende Wort ans Herz der El­tern, daß sie ja die zarten Pflanzen mit der umsichts­vollsten religiösen Pflege warten mögen und daß selbst, wenn der undankbare Boden bisweilen der vielen Dor­nen wegen die Rosen nicht aufkommen läßt, sie den­noch in Treue ausharren müssen. Daß die Prü­fung auch diesmal befriedigend ausgefallen ist, läßt sich wohl erwarten bei der ausdauernden Energie der Begründer der Schule und Amtstreue der Lehrer, des Herrn L. Bauer und insbesondere des Herrn Mel- ziener, der nicht nur Tüchtigkeit genug für dieses Lehr­fach besitzt, sondern auch für dasselbe begeistert ist, und wenn man die wenigen Unterrichtsstunden*) berück­sichtigt, so wird in der That sehr viel geleistet. Un­ser Bericht wäre hiermit zu Ende, und dennoch würde dieser kaum verdient haben angefangen zu sein, we­nigstens nicht für die geehrten Leser dieses Blattes, da alles Dieses Gottlob im Auslande nicht mehr neu und deshalb auch nicht von Interesse sein kann, hät­ten wir nicht beabsichtigt, diesen mit einer skizzirten Monographie dieses Instituts zu schließen, die in so fern verdient in weiteren Kreisen bekannt zu werden, als sie ein sprechendes Zeugniß abgiebt, daß geringe Mittel zu großem Ziele führen, wenn nach dem Rath­schluß der Vorsehung die Zeit und Stunde gekommen ist, wo sie ihren Segen dazu angedeihen lassen will. Man werfe einen Blick auf den Anfang unseres Be­richtes. Es ist nur zu wahr, daß diese große und reiche Gemeinde Kopenhagen, trotzdem in den letzten zwei Jahrzehenden keine jüdische Schule für Bezah­lung mehr in ihr eristirte und die bemittelten Eltern folglich ihre Söhne in christliche Schulen schicken muß­ten, wodurch der religiöse Unterricht gänzlich darnie­derlag, bis vor fünf Jahren noch keine Religions­schule für Geld besaß. Man wähne aber ja nicht, daß es etwa an ernstlichen Bemühungen, eine solche

*) Drei wöchentlich für die Knaben und drei für die Mädchen.

ins Leben zu rufen, gefehlt habe, keineswegs; denn es mangelt Gott sei Dank in unserer Gemeinde we­der an Willenskraft, noch an Mitteln, die großartig­sten Wohlthätigkeitsstiftungen zu schaffen, und in der That erfreuet sie sich deren so vieler wie irgend die größten Gemeinden in der Judenheit; allein für die­ses Unternehmen scheiterten alle Versuche. Fragst Du aber nach der Ursache dieses seltenen Phänomens, so glauben wir nach unserer geringen Einsicht, daß der Fehler darin bestanden hat, daß man das Ge­bäude himmelhoch aufführen wollte und dadurch der Bauherren viele werden mußten, wodurch eine Sprach­verwirrung entstand, da die Einen die Religion in deutscher, aus ehrfurchtsvoller Scheu vor dem Her­kömmlichen, die Andern in dänischer Sprache gelehrt haben wollten, und selbst verschiedenartige Materialien wollte man geliefert haben; die Einen nämlich °>irn, die Andern nur die Bibel u. s. w., und der Verein zerstreute sich. Dieses babylonische Schicksal dauerte bis 1853, da ein einzelner Mann, voll des Eifers für die Religion seiner Väter wie überhaupt für jede edle Bestrebung thätig, Herr I. P. Dessauer dem Verdienste seine Krone! in aller Stille, mit Gott im Herzen, ans große Werk ging, und Gott war mit ihm! Denn bald glückte es ihm, in Herrn I. W. P. Heymann einen Sinn- und Geistesverwandten ge­funden zu haben, der, ausgerüstet mit Thatkraft und gesegnet mit großem Vermögen, über Beides zum Wohle unserer Gemeinde auf das Großmüthigste disponirt. Der Dritte in diesem Bunde war Herr Steno­graph D. Dessau, der wohl äußerlich nicht zur Fahne der Orthodorie schwört, aber mehr für diese wirkt, als Die, welche sie bloS im Munde führen. Es schloffen sich endlich noch sechs brave Männer an sie und ge­räuschlos constituirten sie sich als eine geschlossene Ge­sellschaft und engagirten vorläufig einen Lehrer. Diese Männer wurden die Stifter dieser Religionsschule und ihrer rastlosen Thätigkeit mit Aufopferung ihrer eige­nen Zeit gelang es, dieses Institut aus so unbedeu­tendem Anfänge zu dieser Höhe zu führen, da es be­reits 150 contribuirende Mitglieder zählt und einen eisernen Legatfond von 1000 Rhlrn. besitzt.

D. R u b i n.