Staates und der Stadt, als Gesetzgeber und Bolksredner, als Jude, zu welchem allen noch eine Milde und Beson­nenheit in seiner ganzen Erscheinung hinzutrat, um ihm die Liebe und Verehrung aller Parteien und Fractionen - zu erwerben. Denn bei aller Diese seiner Liebe für Freiheit, Wahrheit und Recht besaß er auch eine vor­herrschende Neigung und einen feinen Tact für Ordnung, wie sich dies auch dadurch bethätigte, daß er es zu seinem besonderen Berufe machte, in den Versammlungen, denen er angehörte, die Geschäftsordnung aufrecht zu erhalten und für dieselbe stets einzutreten.

Raphael Jakob Kosch war am 5. Oct. 1803 zu Lissa in der Provinz Posen geboren, siedelte mit seinen Aeltern 1812 nach Königsberg über, besuchte daselbst mehrere Jahre die Burgschule, dann 5 Jahre vas altstädtische Gymnasium, von Ostern 1822 bis 1826 die Universität, promovirte 1826 und lebte nach absvlvirtem Staats­examen als praktischer Arzt seinem Berufe in derselben Stadt. In den politisch aufgeregten: vierziger Jahren nahm er an den Versammlungen in der städtischen Res­source einen sehr lebhaften Antheil, und da sich bald seine Befähigung erwies, eine Versammlung streng ge­schäftsmäßig zu leiten, führte er längere Zeit in jenen den Vorsitz. Er würde zu einem der fünf Abgeordneten gewählt, welche am 27. März 1848 zur Beglückwünschung Berlins dahin entsandt wurden. Demnächst trat er als Abgeordneter Königsbergs in die preußische Nationalver­sammlung 1848 ein und wurde von dieser für mehrere Monate zum ersten Vicepräsidenten gewählt. Auch 1849 war er Mitglied der zweiten Kammer. Als aber nach Auflösung derselben das Wahlgesetz octroyirt wurde, entzog er sich dem parlamentarischen Leben. Erst im Jahre 1861 nahm er wieder eine Wahl in Königsberg an und vertrat diese Stadt im Abgeordnetenhause ununterbrochen bis zu seinem Tode. Er fungirte hier meist als Vorsitzen?- der der Geschäftsordnungscommission. Mit entschiedenem Eifer vertrat er die Rechte seiner Glaubensgenossen unp seiner ganzen Glaubensgenossenschaft, und versäumte keine Gelegenheit, dieselben geltend zu machen, ohne da­bei irgendwie vordringlich zu sein. Er war auf diesem Gebiete vom Glücke, begleitet^ und da es nicht möglich war, mit einem Male das Ganze zu erwerben, so suchte er Schritt vor Schritt die Verwirklichung des Rechts zu erlangen, und mit Erfolg. Als der Studiosus Kosch 1825 seine Militärpflicht, wie es allen Mediän studirenden ohne Ausnahme gestattet war, als Compagnie- chirurgus erfüllen wollte und die erforderliche Prüfung

bestanden hatte, wurde er durch besondere Bestimmung des Königs Friedrich Wilhelm HL zurückgewiesen, weil er Jude sei. Dennoch wurde er. sonderbarer Widerspruch 1827 .als Assistenzarzt der königsberger chirurgisch-ophthalmologischen Klinik mit Gehalt vom Ministerium angestellt, in welcher Stellung er fünf Jahre verblieb. Kosch war, und zwar fortwährend, auch für die jüdische Gemeinde Königsberg eifrig thätig. Er gehörte schon 1838 der Commission an, welche behufs Regulirung des Gottesdienstes zusammentrat. Er half 1859 das Gemeindestatut entwerfen und war seit 1860 Vorsitzender der Repräsentanten. Besonderen Antheil nahm er 1865 an dem neuen Regulativ für die umge­staltete Religionsschule. In den letzten Jahren wurde Kosch leidend; trotzdem entzog er sich dem Arbeiten des Abgeordnetenhauses nicht. Genöthigt dann und wann im Besuche des Hauses zu pausiren, überwand er, wie er uns selbst schrieb,'mit Mühe seine Schwäche und Schmerzen, um an der Sitzung vom 31. Januar c. Theil zu nehmen und hier gegen den bekannten. Erlaß des evangelischen Oberkirchenraths laut und nachdrücklich zu protestiren, wobei . ihm die Zustimmung fast des ganzen Hauses zu Theil wurde. Es. war dies sein letzter parlamentarischer Act. Von seiner Krankheit überwältigt, ließ ihn sein Freund, der Präsident von Forckenbeck, nach dem Präsidialgebäude bringen, um ihm eine bessere Pflege angedeihen zu lassen, als er in einer Miethswohnung haben konnte. Bald jedoch erforderte sein Zustand eine noch sorgfältigere Ueberwachung, und er wurde daher nach dem jüdischen Krankenhause ge­bracht, wo er die Behandlung Traube's und seines Freundes Löwe l.Calbe) und die liebevollste Pflege erfuhr. Die Zeichen der Theilnahme aus allen Parteien und Fractionen selbst der Minister des Innern, Graf Eulenburg , besuchte ihn umgaben ihn daselbst. In der vorletzten Woche schien eine Besserung einzutre­ten, so daß selbst die Hoffnung der Wiedergenesung er­wachte. Sie verschwand aber bald wieder, und Mittwoch den 27. März schied sein edler Geist aus der gebrochenen körperlichen Hülle. Heute findet zu Berlin in der neuen Synagoge ein feierlicher Trauergottesdienst um ihn statt.

- Nach dieser Skizze brauchen wir nicht erst bemerklich zu machen, wie groß der Verlust ist- den das Vaterland/ die Stadt Königsberg und insbesondere die jüdische Glaubensgenossenschaft.durch seinen Tod erlitten hahen. Die Lücke wird " schwer auszufüllen sein. Fehlte er doch schon in der Verhandlung des Abgeordnetenhauses am.