Allgemeine
Ein iiiiplirtciischts Organ fiir alles jüdische Interesse.
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Herausgegeben von
Rabbiner Dr. Ludwig pljilippfou in Bonn.
Benag i'i'ii Vaulttgärtncr's Vitchhandlung in Leipzig.
In rcdaclioncllcn An^ele^enheiteii wcntc man sich an I'r. C. yiulipufon in Beim; i'iiislchllich dc§ Be;i>§» und der In'nalcal! i'<nunmärtncr'r. (.'inlilnuiMang >neeir>>a. 3ufrrntr, lcclitv d:S Douturi- tnq ciiuid'cu, fiuccu iubcr laiuuiieljjctt* teil 'Jimuincv -Bernasi tligung.
Diese Zeitung erscheint wöchentlich einmal in 2 viö 2 >/. Bogen. Preis Viertellahrig l Thlr. Inicratc werden mit 2 Ngr. für die Pelit;cile oder deren iJiaum berechnet. 21 !l. Buchbaudiun>,eo. Postämter und Zeilungs--Expetilicuen »eymen Bestellungen an.
37. Jahrgang. Leipzig, den August !87tt. .A? 32.
3til)alf. leitende Artikel: Die Lehre vom Zweck. II. - Literarisch er Wockenberickn: Vom Meine. Zeitungsnachrich tun: Deutschland: Leipzig. Hechingen. Aus dem (^roßlierzoatlnune wachsen. — Oeslreichisch ungarische Monarchie:' Pest, An» chalizien, Ans dem Tokajergebirge, Lemberg. — Frankreich: Paris. — (^roßbrirailnäen: London. — Rußland: Warschau, Sl. Petersburg. — K hi wa: Petersburg. — A ineriea: Baltimore. -- C orreivondenz: Verona. - Feuilleton: Ausflüge nach verschiedenen Stationen. IV. — Notizen von Dr. D. Io«>l, Rabbiner in Krotoschin. «Schluß.) — Vermischtes.
Ät^uDe. (fCthfief.
Boun, 2J. Juli.
Die Lehre mm Zweck. II.
Diese Lehre vom Zweck und der Zweckmäßigkeit in der Natur als Schöpfung Gottes, wie sie in den Grundurlunden des Judenthmnes gegeben worden, beherrschte seitdem als Gruudanschauung das ganze Jureuthmn in allen seinen Phasen. Sie fand natürlicher Weise völlige Uebereinftinunung in der Altsicht über die göttliche Vorsehung. Alles, was von Dieser ansgeht, geschieht zum Besten der Wesen und insonders des Menschen; auch Das, was dem Menschen ein Uebel erscheint und Schmerz verursacht, sei Dieser leiblicher oder geistiger Art, gereicht ihm zum Heile (mir--'? it zz ); es ist in Allem Zweck enthalten und diesem Zwecke gemäß. Was das inenschliche Handeln betrifft, so erkennt die heilige Schrift, wie wir nicht erst zu erweisen brauchen, die freie Wahl, d. i. den freien Willen im Menschen an. Die Freiheit des Willens, aus dem Selbstbewußtsein hervorgchend, macht die Gottebenbildlicbkett res Menschen aus. Schon die ersten Seiten der Bibel geben Adam die Freiheit, die göttliche Vorschrift zu erfüllen oder auch nicht; das erste Wort an Main erkennt seine Freiheit an, in sich die Neigung znm Guten oder zum Bösen zu nähren; im letztem Falle würde er sich leicht zu einer sündigen Dhat bestimmen, im cr-
steren diese vermeiden. Es wird also dem Menschen die Fähigkeit zngeschneben, sich überhaupt Neigungen und Trieben zu überlassen oder sie zu unterdrücken, aber auch selbst seine verwaltenden Neigungen in jedem einzelnen Falle ;u beherrschen, bevor sie zur That werden. Diese Anschauung ist auch im letzten der Zchngebote ausgesprochen, und am Schluffe der Gesetzgebung wird noch einmal feierlich die freie Wahl der Israeliten, das Gesetz zu beobachten oder nicht, zum Ausdruck gebracht. Der freie Wille des Menschen setzt aber die Erwägung Dessen, was er thun oder lassen will, und hiermit einen Zweck, den er in der Wahl seines Thuns und Lassens zu erreichen denkt, und zu dessen Erreichung die ihm angemessen scheinenden Mittel anwcndet, voraus. Die Weisheit oder die Thorheit, die Gottesfurcht oder die Gottlosigkeit, das Recht oder das Unrecht sine in diesem Zwecke und in der Wahl der Mittel enthalten. Die Wandelbarkeit des Menschen hierin, so daß der Gerechte ein Sünder, der Sünder ein Gerechter werben kann, und daß taS Bewußtsein der Wandelbarkeit und zugleich des Irrthnines dem Menschen zur Warnung dienen und zur Vorsicht antreiben müsse, — alle riese Lehren werden nach vielen Stellen der Bibel, im Pentateuch, bei den Propheten, in den Psalinen und Sprüchen vielfältig ausgesprochen. Als den allgemeinen Zweck des Menschen spricht der Pentateuch ein langes und ungetrübtes Leben aus, «„damit Dn lange lebest, und es Dir wohlergeht ans Erden",) wie eines Volkes einen langen, gesicherten und glücklichen Bestand; daß Dies aber nur durch einen, von Ehrfurcht, Liebe und Treue gegen Gott erfüllten Wandel, und speeiell durch sorgfältige