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gern jedem seine Ueberzeugnng ließen; aber die Einmischung po­sitiver Religion jüdischer, katholischer, protestantischer oder welcher auch immer in eine philosophische Tiseussion erscheint uns durchaus ungeeignet. Es wird damit ein der Philosophie!

an sich fremdes Element hineingebracht, welches regelmäßig die Unparteilichkeit des Verfassers von vornherein verdächtigen wird. Und das ist bei einer so tüchtigen Arbeit doppelt 311 bedauern.

Dr. M. P.

^rciluun.MKxclaticlaheu.

Deutschland.

Leipzig, 11. Juli. (Privatmitth.) In vergangener Woche fand hier unter dem Vorsitze von Schulze-Delitzsch eine Ver­sammlung der Vereinezur Verbreitung der Volksbildung" statt. Welch' bedeutenden Anrheil unsere Glaubensgenossen an dieser nehmen, bewies der Umstand, daß unter den Telegirten auch zwei israel. Glaubens sich befanden, die mit ihren An- respective Vor­trägen in der Versammlung ein reges Leben entwickelten. Der bekannte Kathedersocialist, Herr Dr. Max Hirsch, hielt eine ln.il großem Beifallc aufgenommcne Rede überVolkswirthschafts- lehre und Volksbildung"; Herr Lehrer Louis Wetzl aus Frank­furt an der Oder debutirte mit Anträgen, welche den obligato­rischen Fortbildungsschulunterricht und den Erlaß eines Reichs- velksschulgesetzes betrafen. .Von Frau Dr. Goldschmidt, der begabten und gelehrten Gattin des hiesigen Rabbiners, ist ein Flugblatt erschienen, in wclchern die Frage, wie dem Mangel an Volksschullehrern abzuhelfen sei, besprochen wird. Geuapnte Tame hat sich um die Einrichtung sröbelscher Kindergärten und die Heranbildung von Kindergärtnerinnen viele Verdienste er­worben.

Kürzlich hatten wir Gelegenheit, einer mit peinlichster Ge­setzmäßigkeit vollzogenen jüdischen Ehescheidung beizuwohnen. Dies wäre an sich nichts Auffälliges, und nicht geeignet, lnich zur' Berichterstattung an Sie zu veranlassen. Waö mich überraschte, war der Uinstand, daß die jüdische Ehescheidung den Charakter eines staats gültigen Actes an sich trug, weil in Sachsen über­haupt, bei jüdischen Parteien eine Eivilscheidung vor dem Richter ganz ausgeschlossen ist. Dies führt aber zu vielfachen Incouvenienzen, sowohl für die jüdischen Gatten, wie für die jüdische Geistlichkeit, da bei Scheidungen auch ziemlich delicate und verwickelte, civil- resp. vcrmögensrechtliche Angelegenheiten in Frage kommen, abgesehen davon, daß es ein dem Geiste der Zeit widersprechendes privilegium odiosum für die Juden sta- tuirt. Es scheint uns geboten, daß von Seiten der Vorstände und Rabbinate der sächsischen israelitischen Religionsgeineinden beim Ministerium und dem Landtage Schritte geschähen, damit dieser, ans den Zeiten der jüdischen Eivilgcrichtsbarkeit herda- tirendc Anachronismus endlich beseitigt werde. Zu welch' son­derbaren Situatonen die, unter Umständen allerdings gebotene strenge Beobachtung des jüdischen Ritus führen kann, beweist folgender Umstand. Der Scheidebrief wurde durch einen Bevoll­mächtigten des Mannes (rrbo -"5) überreicht. Run war aber

der Herr Bevollmächtigte, lohne ihm dadurch zu nahe treten zu wollen), in Bezug auf Alter, Aussehen und Staud nichts weniger als verführerisch, während die Frau, sowohl durch Jugend und Schönheit aufsiel, wie sie auch den höheren Gesellschaftsclasien angehert. Ueberdieß wurde Jener für seine Dienstleistung mit wie wir hören - - einigen Thalern honorirt. Nichtsdestoweniger mußte der Herr Bevollmächtigte, den Vorschriften des -iirn pss ge­mäß, wiederholt und feierlichst versichern, daß er nicht im Entfern­testen beabsichtige, die Dame nach ihrer Scheidung zu ehe­lichen. Wir glaubten es wohl; denn läge es auch in seiner Absicht, so würde er doch mit derselben entschieden kein Glück haben. x

Eine in Nummer 20 derjüdischen Presse" enthaltene Correspondenz ans Eroatien beweist wiederum, wie cs mit der Sittlichkeit der Ncuorthodvxen bestellt ist. Es wird in ihr über die Synode und die Mitglieder derselben weidlich geschimpft; gut, ras nehmen wir Niemandem übel, obgleich es etwas urbaner geschehen könnte. Nun wird aber auch über den Privatcharakter derSynodalen" gewettert; dies illustrirt die moralische Höhe der Herren Gegner auf's Schlagendste. Herr Rabbiner Groß­mann aus Warasdin, (der die Redaction des genannten Blattes gewiß nicht ohne Informationen gelassen haben wird), wird, wenn er anders wahrheitsliebend und ehrlich ist, bezeugen muffen, daß er auf seiner ganzen Reise, namentlich aber in Dresden und in Leipzig, von den Männern der Synode nachdrücklich st und in schonendster Weise unterstützt wurde, ohne überfeine persönliche religiöse Ueberzeugung inquirirt worden zu sein. So sind dieSynodalen"; sie helfen gern und reichlich nach Be- dürsniß und Würdigkeit, nicht nach der religiösen Richtung. Weshalb und mit welchem Rechte also das widerliche Geschimpfe auf alle Eollegeu des Herrn Fasset?

Herr Rabbiner Großmann hat hier angegeben, daß er nach Berlin zu reisen beabsichtige. Ob nun seine dortige Anwesen­heit mit der Correspondenz aus dertrefensten Medineh" in ir­gend welchem Znsannnenhange steht, darüber unsere Ahnungen zu äußern, liegt keinerlei Veranlassung vor.

Hcchingen, im Juli. (Privatmitth.! Herr Isaak D. Levi, welcher 1818 als Gemeindevorsteher, seit 150! als Präses bis zum heutigen Tage dieses Ehrenamt versah, feierte am Sonn­tage, dem 0. d. M., sein fünsundzwanzigjähriges Amtsjubiläum. Nachdem dem Herrn Jubilar von der Gemeindcrepräsentanz ein kostbarer silberner Pocal überreicht worden war, vereinigte ein