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solennes Festmahl die Mehrzahl der Gemcindemitglieder, und die Spitzen der Local- und Kreisbehörden.

Nachdem Seitens mehrerer Redner hervorgehoben worden war, wie sich der Herr Jubilar durch sein unparteiisches und un­eigennütziges Wirken die' Anerkennung und den Dank der Ge­meinde verdient habe, betonte Herr Oberamtmann von Frank in schwungvoller Rede, wie der geistige und materielle Auf­schwung der israelitischen Gemeinde hauptsächlich seit Einverlei­bung in den mächtigen preußischen Staat eingctretcn sei, und die Begeisterung erreichte ihren Höhepunkt, als Herr Reichstags­abgeordneter und KreiSgerichtsdirector Evelt die noch in Aussicht stehende g e m e i n d e b ü r g e r l i ch e G l c i ch st e l l u n g der hiesigen Israeliten in Anregung brachte, welche höchst wahr­scheinlich durch den demnächst in Wirksamkeit tretenden Eommu- nallandtag ausgesprochen werden würde. *)

Tie gehobene Stimmung schuf noch manche erhebende Mo­mente, bis das Fest zu später Stunde endete.

I. Jordan.

11. Aus dem Großherzogthume Sachsen, Mitte Juli. iPrivatmitth.) Unser neuer Landrabbiner, der nun seit all>t Mo­naten in seine Stelle eingetreten ist, entwickelt auf allen Gebie­ten des religiösen Lebens eine rechte Rührigkeit. Es hat dem­selben bis jetzt auch an Anfechtungen mancherlei Art nicht ge­mangelt. In der Presse, sowie im Privatleben war derselbe schon das Ziel mannichfacher Angriffe, und war ein solcher am 10. d. M. der Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung vor­dem großherzoglichcn Kreisgerichte zu Eisenach. Ein christlicher Einwohner aus St. Lengsfeld, dem Sitze des Landrabbiners, erging sich vor einiger Zeit an einen: öffentlichen Orte in starken Jnvectiven gegen die religiöse Richtung des Landrabbi­ners, die geeignet waren, die amtliche Autorität desselben zu be­einträchtigen. Herr Dr. Krouer suchte gegenüber diesen Angriffen bei der zuständigen Behörde, dem Eultusnnnisterinm zu Weimar, Schutz, und stellte dasselbe, diesem Ansuchen entsprechend, einen Strafantrag bei dem erwähnten Kreisgerichtc. Tic Verhandlung ergab die Schuld des Angeklagten, und wurde derselbe zu drei Monaten Gefängniß und in die Kosten veruriheilt. Bei sei­nen Rundreisen im Laude hat Herr I)r. Krouer durch seine guten Kanzelvorträge sich viele Shmpathieen erworben.

Ochmchisch-uiigansche Monarchie.

Pest, 17. Juli. Tie Versammlung der israelitischen Ti- strictspräsidenten hat in ihrer gestern abgehaltenen Sitzung die

*) Es überrascht uns, hier zu crsabren, daß in Heckingcn die Inden das Gemeindebürgerrecht neck nicht besitzen! B'ir däcklcn, dao Bundcsgesctz vom 3. Iuti Id«.!» und über die Frcizü.aigteit hätten dieser miltclalterlichen Äussckließlin.a längst ein Ende gcmackl.

R e d a e t i e n.

Berichte der Subcommissionen entgegengenommen und zum Ge­genstände der Berathung gemacht. Tie Schlußrechnungen res Schnlsondes pro 1871 wurden gutgeheißen und das Budget der­selben pro 1873 und 1S74 sestgestellt. In das Letztere wurde für die Rabbinerbildnngsanstalt eine Pauschalsumme eingestellt, wobei auf bedeutendere Personalzulagen an die zu ernennenden Professoren Rücksicht genommen wurde; die Systemisirung der Gehalte innerhalb der votirten Totalsumme, die Acquirirung eines Hauses nnr die Ernennung deS DirectorS und der Professoren, die jedoch der Bestätigung deS hiesigen Eultusministeriums unter­liegt, wirr zum Wirkungskreise des ebenfalls von Sr. Ezcelleriz zu bestätigendenständigen Eomitö's" gehören, welchem zugleich die ganze Beaufsichtigung der erwähnten Landesanstalt überant­wortet wurde. Drei Lehrkräfte der Präparandie werden zur wiener Weltausstellung geschickt und mit den nölhigen Reisekosten verseben werden. Die Stipendien an die Hörer der Präparandie wurden im Sinne des Antrages deS Direktors dieser Anstalt namhaft erhöht. Es wird die Errichtung von Talmud-Thora- Schulen beschlossen. Herr Ignaz von Eisen stad ter bean­tragt die Regelung der Matrikenführung und des Eultussteuer- systemes; diese Anträge werden zum Beschlüsse erhoben. Herr Ale)?. Leopold befürwortet den Antrag bezüglich der Errichtung einer Lehrerinnenpräparandie, und wird die Landescanzlci betraut, diesbezüglich sich mit der pester israelitischen Religionsgemeinde in Unterhandlungen einzulassen. Die eingelaufenen Subvenlionö- gcsuche werden einer genauen Prüfung unterzogen und der Un- terstütznngsmodus festgesetzt. Schließlich wird der pester israeli­tischen Religionsgemeinde der Dank der Versammlung votirt, worauf vom Vorsitzenden die Sitzung aufgehoben wurde.

Alls Galizien, 20. Juli. iPrivatmitth.) Die Spaltung zwischen dem jütischen Wahlcomitö in Krakau, mit welchem sich der Vorstand der krakauer Gemeinde, namentlich dessen Vor­sitzender Dr. Samelsohn identisicjrl hat, und dem jüdischen Een- tralwahlcomitö zu Lemberg, ist eine vollendete Thatsache. Das Ablehnnngsschreiben des krakauer Vorstandes ist veröffentlicht worden, und kann nur den peinlichsten Eindruck machen. Ein von den polnischen Declarantcn ausgegangenes Schriftstück könnte nickt eifriger für die nationalen Interessen der Polen streiten, und mit größerer Vermessenheit, um milde zu sprechen, behaup­ten, daß hiermit für die Interessen des österreichischen Staates und die Erhaltung der Verfassung gestritten werde. Daß damit zu­gleich den verfassungstreuen Bestrebungen der übrigen jüdischen Gemeinden in Galizien ein gehässiger Vorwurf entgegengeschleu- dert wird, muß doch wohl der Verfasser dieses mindestens selt­samen Schreibens gesuhlt haben. Gerade daraus wird aber der Unparteiische leicht erkennen, daß es nnr die Ausgeburt eines einzelnen Mannes, von einer geringen Zahl Gleickgesinnter un­terstützt, ohne Uebereinstirnmung mit der gesamniten Indenheit .Vratau's, dieser vielmehr oenoyirt ist. Indes; weiß man, wie eine führerlose Masse anseinanderfättt. und so wird immerhin