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chen zu Hause nachgebildet werden, um sie dann in der nächsten Stunde zur Controlle vorzuzeigen.

Ebenso fordert das jüdisch-deutsche Lesen von uns Berücksichtigung, so lange noch die cultuellen Vor­schriften und Erläuterungen in den Gebetbüchern (z. B. in den hier zu Lande so vielfach verbreiteten Rödelhei- mern) in dieser Schrift gegeben werden. Auch hier ge­nügt eine geringe Uebung im letzten Schuljahre, etwa an den für das Lesebuch in Aussicht genommenen An- Hangs-Lesestücken, vollkommen.

Selbstverständlich können wir das hier Ausgesprochene nur als unsre subjektive Meinung geben, die aber, so­viel wir aus den Debatten und den uns bekannten An­sichten vieler Collegen entnehmen können, die für den betreffenden Beschluß maßgebende gewesen.

Blumenau.

Lübbecke, 22. Juli.

Dem in Nr. 26, Seite 521 dieser Zeitung mitge- theilten Conferenz-Beschluß:es sei wünschenswerth- disch-Deutsch-Lesen und Jüdisch-Deutsch-Schreiben in der jüdischen Elementarschule zu unterrichten" tritt der Herr Redakteur entschieden entgegen und nennt diesen Unterricht völlig unnütz.

Schon der Umstand, daß sich circa 50 praktische Lehrer, die sicherlich nicht freiwillig eine unnütze Last sich aufbürden würden, für jenen Beschluß erklärten, läßt darauf schließen, daß sie ihre guten Gründe dazu hatten. Wir gestatten uns, dieselben hier auseinander zu setzen, nachdem in einer gestern zu Bünde abgehaltenen Lehrer- Conferenz der Gegenstand nochmals besprochen wurde.

Obgleich weniger allgemein gebräuchlich, als vor etwa 30 bis 40 Jahren, ist die jüdisch-deutsche Druck- und Schreib-Schrift noch jetzt nicht außer Gebrauch, und de­ren Kenntniß daher für den Juden, wenn auch nicht durchaus unentbehrlich, so doch wünschenswerth, der Un­terricht darin dann aber gewiß zu empfehlen, wenn nicht eine wesentliche Vermehrung der Lehrstunden dadurch be­dingt wird.

In der Rödelheimer nb£ri-Ausgabe, der billigsten, verbreitetsten und korrektesten, sind die Bemerkungen zur Orientirung in derselben jüdisch-deutsch. Auch manche nützliche Erbauungs- und belehrende Schriften, die sich noch häufig in den jüdischen Familien vorfinden, sind ganz oder theilweise in dieser Schrift herausgegeben. Wir nennen beispielsweise das vortreffliche o^nn nso von Rehfuß, von ^Herz Homberg, ma

löött von Bensew, ian» 1 » nnVin von Peter Beer. Zu­

weilen finden sich jüdisch-deutsche Annoncen in Zeitschrif­ten. Dunkel steht mir vor, daß sogar noch im laufen­den Jahre in dieser Schrift ein testamentarisches Doku­ment aus Holland in der Zeit. d. Judenth. mitgetheilt worden, worüber der Redakteur ein zutreffendes Gut­achten abgegeben. Nicht bloßdie Großmutter," son­dern auch Personen jüngerer Generation bedienen sich dieser Schrift nicht selten in Briefen und Notizen, na­mentlich zur.-Aufzeichnung von Geburten, Todesfällen, Jahrzeiten und anderen Familienereignissen.

In Erwägung dieses Thatbestandes faßten die Con- ferenzen nach reiflicher Ueberlegung genannten Beschluß in Betreff des Jüdisch-Deutsch-Lesen s, zumal die Er­lernung desselben für Kinder, die geläufig Deutsch lesen, sehr leicht ist und der Hauptsache nach bei guter Me­thode in einigen wenigen Stunden erzielt werden kann. Es sind ja nur andere Zeichen für bereits bekannte Laute und Lautverbindungen, mit der Quadratschrift eben­so verwandt, wie die lateinischen Charaktere mit den deut­schen. Da indeß nur durch Uebung Geläufigkeit erreicht werden kann, so fanden die Conferenzen die betreffenden wenigen Uebungsbeispiele in den Fibeln nicht für genü­gend, sondern verlangten einen reichlicheren Uebungsstoff, daher der Antrag: einen solchen für das Haesters'sche Lesebuch zu veranlassen. Keineswegs wird aber durch diesen Unterricht eine Vermehrung der Lehrstunden nöthig. Zur Erreichung der Lesefertigkeit ist es nämlich ganz gleichgültig, welche Charaktere zum Grunde liegen, ja die Verschiedenheit derselben übt das Auge ganz vor­züglich in der Auffassung von Wortbildern, und es ge­schieht darum sicherlich der Fertigkeit im Deutsch-Lesen nicht im mindesten Abbruch, wenn wöchentlich statt 4 Lektionen Deutsch-Lesen nur drei Lektionen Deutsch-Lesen und eine Lektion Jüdischdeutsch-Lesen gegeben werden.

Ebenso verhält es sich mit dem Jüdisch-Deutsch- Schreiben. Wöchentlich drei Lektionen für das Schön­schreiben genügen. Diese vertheilen sich zweckmäßig glei­cherweise auf die deutsche, lateinische und jüdisch-deutsche Schrift; für vorgeschrittene Knaben tritt statt der letz­tere die Quadratschrift ein; also auch hierbei keine Ver­mehrung der Stundenzahl. Durch die Vorführung man­nigfaltiger Formen wird das Auge um so mehr geübt in deren Auffassung, die Hand um so gelenkiger durch Nachbildung derselben. Namentlich lehrt die Erfahrung, daß durch den Wechsel der Schreibrichtung, von der Rechten zur Linken und umgekehrt die Handgelenkig- keit wesentlich gefördert wird.