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Mrscellen.

* Ahlwardt und Spinoza. Der Genius des großen Denkers verzeihe uns in Gnaden diese Zusammenstellung! Aber die Sache ist zu komisch, um nicht erzählt zu werden. Bei demgroßartigen" Empfang, den seine Gesinnungsgenossen dem Herrn Ahlwardt am letzten Freitag anläßlich seiner Entlassung aus dem Strafgefängniß in Plötzensee bereitet haben, hielt dieser natürlich eine große Rede gegen die Juden, die er / unbedingt und ohne Pardon nunmehr aus Deutschland Hinaustreiben werde.

In dieser Rede kam aber auch folgende Perle vor, die nicht verloren gehen darf. Ahlwardt sagte u. A.:

Was hat jene asiatische Rasse geleistet? Auf dem Gebiete der Kunst ! ebenso nichts wie auf den anderen Gebieten. Spinoza hat die Ver- j dienste eines Cartesius und Anderer zusammengerührt, die jüdische Presse hat sein Verdienst in alle Welt hinaus- posaunt, und nun ist er der große Mann, und es giebt genug Deutsche, die sich von diesem Schwindel gefangen nehmen Lassen. (Sehr richtig.) So ist es noch heute."

* Wie die Antisemiten berichtigen. Unter der Spitzmarke Mädchenhandel" ging jüngst eine Notiz durch die Blätter, daß in Jägerndorf, Oesterreichisch-Schlesien, eine Anzahl von Personen verhaftet worden sei, welche Mädchen gewerbsmäßig unter allerlei Vorspiegelungen der Schande zuführten und ihre Opfer nach dem Ausland, angeblich auch nach Berlin, brachten. Ein Wiener antisemitisches Organ knüpfte daran sofort die Behauptung, daß die Mädchenhändlerauch in diesem Falle sämmtlich Juden" seien. Das betreffende Blatt muß nun die nach­stehende amtliche Berichtigung veröffentlichen:

Die am Mittwoch, den 8. d. M., erschienene Nummer 1474 desDeutschen Volksblattes" erzählt unter der SpitzmarkeMädchen­handel", daß es der Polizei in Jägerndorf in Schlesien gelungen ist, mehreren Mädchenhändlern auf die Spur zu kommen und daß auch in) diesenr Falle die Mädchenhändler sämmtlich Juden sein sollen.^ Ich ersuche nun unter Berufung auf § 19 des Preßgesetzes vom 17. Dezember 1862, R.-G.-Bl. Nr. 6, diese Notiz dahin zu be­richtigen, daß in dem angeführten Falle keine einzige Person israelitischer Konfession betheiligt ist. Jägerndorf, am 18. Fe­bruar 1893. Hochachtungsvoll Dr. Hirsch, Bürgermeister."

Dazu macht dann die Redaktion des genannten Wiener Blattes die Bemerkung:Wir geben dieser Berichtigung gern Raum in unserem ! Blatte, besonders da wir wissen, daß der Herr Bürgermeister von ! Jägerndorf selbst kein Jude ist!!" !

* Der letzte jüdische Briefträger von Frankfurt a. M., j Moritz Höchster, starb vor einiger Zeit in einem Alter von 84 Jahren. ! Er war der Neffe und Gehilfe des letzten sogenanntenJudenbriefträgers" ; Isaak Hanum Schuster, in dessen Familie das Amt eines Judenbrief- ! trägers mit Thurn und Tarisschen Privilegien über ein Jahrhundert ! erblich gewesen war Als im 17. und 18. Jahrhundert die Juden noch j in Ghettos wohnten, durften die christlichen Briefträger den Juden nicht die Briefeins Haus tragen, sondern ein eigens von der Post angestellter Schutzjude" holte die Briefe dort ab und beförderte sie dann an die jüdischen Adressaten. Als dagegen später die Thore des Ghettos gefallen ! waren und die Juden zerstreut unter ihren christlichen Mitbürgern wohnten, kam das recht einträgliche Amt eines Judenbriefträgers in Fortfall und Schuster wurde pensionirt. Sein Neffe, der oben erwähnte Höchster, blieb zwar im Postdienst, erhielt aber nur dasselbe Gehalt wie seine christlichen Kollegen. Im Jahre 1867 that er seine Dienste im preußischen Staatsdienste und trat dann später in den Ruhestand. Seine Kenntnisse, besonders auf fremdsprachlichem Gebiet, erregten die Auf­merksamkeit seiner.Vorgesetzten, und der fleißige, pflichttreue Beamte hätte es wohl sehr weit bringen können, wenn er es über sich vermocht hätte, seinen Glauben zu wechseln.

Briefkasten der Redaktion.

M. N. in Wiesbaden. Der Vortrag von Professor Steinthal überHeiterkeit und Wehmuth" ist im Feuilleton derNationalzeitung" vom 21. und 22. d. M. erschienen.

F. B. Der Verleger derGeschichte der Juden von Grätz" heißt Oscar Leiner. Es handelt sich übrigens nur um eine neue Lieferungsausgabe.

B. K. In der letzten Nummer derAllg. Z. d. Jdth." Seite 86,

Z. 24 von unten soll es nicht heißen:Jeder Leser kennt...", was ja unverständlich sein muß, sondern:Jeder Lehrer."

Bei der Redaktion eingegangene Bücher

(Ein weiteres Eingehen auf einzelne Werke bleibt Vorbehalten.)

T. Lewenstein. Prolegomena zu Moses ibn Esras Buchlegnis".

Erster Theil. Halle a. S. C. A. Kämmerer & Co. 1898. Diss. Louis Lewin. Rabbi Simon ben Jochai, ein historisches Zeitbild.

.Frankfurt a. M. 1893. I. Kauffmann. Diss.

Ad. Jellinek. Kontros Ha-Rambam. Wien 1893. Ch. D. Lippe Zweite Auflage.

T. Cohn. Israels Gemeinschaftsleben mit den vorchristlichen Völkern. Berlin 1893. Richard Lesser.

H. Simon. Die rituelle Schlachtmethode der Juden vom Standpunkt der Kritik und der Geschichte. Frankfurt a. M. 1893. I. Kauffmann.

I. Winter und A. Wünsche. Die jüdische Litteratur seit Abschluß des Kanons. Zehnte Lieferung: Die poetische Litteratur von O. Sulzbach Trier 1893. S. Mayer.

S. M. Marg ulies. Haman an die Antisemiten. Lübeck 1893. Werner & Hörnig.

Ist der Antisemitismus berechtigt? Von einem Staatsbürger. Frank­furt a. M. 1893.

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Geschäftliche Notizen.

*Germania", Lebens - Versicherungs-Aktien - Gesell­schaft zu Stettin. Diese Gesellschaft erfreute sich auch im Jahre 1892 eines starken Zugangs an neuen Versicherungen. Nach den vorläufigen Zusammenstellungen wurden neu beantragt 13,522 Versicherungen über 51,702,727 M. Kapital und 217,077 M. Jahresrente. Die Neu-Auf­nahmen bezifferten sich auf 10,773 Personen über 39,552,043 M. Kapital

l und 215,941 M. Rente. Nach Abzug aller Löschungen durch Tod, Aus­zahlung bei Lebzeiten der Versicherten, Rückkauf und Ablauf blieben ; Ende 1892 versichert 163,197 Personen über 460,052,043 M. Kapital und 1,606,096 M Jahresrente gegen 160,963 Personen über 440,253,433 M. Versicherungskapital und 1,469,022 M Jahresrente Ende 1891. Seit dem Bestehen derGermania" (1857) wurden für fällig gewordene Versicherungsbeiträge 126.0 Millionen Mark ausgezahlt und seit 1871 den mit Gewinnantheil Versicherten 23,529,159 Mark als Dividende überwiesen. Von dem Gesammtvermögen der Gesellschaft, das Ende 1891: M. 137,358,162 betrug, entfallen M. 124,319,876 auf die Prämien- reserve und die sonstigen Sicherheitsfonds derGermania" und M. 8,087,910 auf die Dividenden-Reserve der mit Gewinnantheil Ver­sicherten. Diese erhalten die erste Dividende bei Zahlung der 3. Jahres­prämie, die zweite Dividende bei Zahlung der 4. Jahresprümie u. s. f. und beziehen nicht nur den vollen Gewinn aus ihren eigenen Ver­sicherungen, sondern sind statutenmäßig auch Theilhaber an dem Rein­gewinne aus allen übrigen Geschäftszweigen der Gesellschaft. Die nach Dividendenplan B Versicherten derGermania" erhielten bisher eine mit jedem Jahre um 30/0 der vollen Jahresprämie steigende Dividende im Jahre 1892 bis zu 36% der vollen Jahresprämie, während den­selben 1893 bis zu 39% der vollen Jahresprämie als Dividende zu­fließen. DieGermania" hat für diese Abtheilung einen besonderen Dividenden-Reservefonds gebildet, der dazu dient, den nach Plan B Versicherten auch für die Zukunft eine gleichmäßig steigende Dividende zu gewährleisten und Ende 1891 sich bereits auf M. 6,316,123 belief,

* Pommersche Hypotheken- Aktien-Bank. In der am 28. Februar cr. abgehaltenen ordentlichen General-Versammlung wurde der Abschluß pro 1892 genehmigt, der Direktion und dem Kuratorium Decharge ertheilt und die sofort zahlbare Dividende auf 6 pCt. bei einem Gewinn-Vortrage von 95,588 Mark festgesetzt.

Die Bilanz pro 1892 befindet sich im Jnseratentheil der heutigen Zeitung.

Die turnusgenläß ausscheidenden Mitglieder des Kuratoriums, die erren Bankier Albert Schappach, Justizrath Munkel und Bankdirektor chmidt, wurden wieder gewählt. Die Versammlung genehmigte ferner die aus Anlaß der zu erwartenden neuen Normativbestimmungen vor­gelegte Neuformulirung der Statuten und beauftragte die Verwaltung mit Ausarbeitung und Festsetzung eines Reglements für den Beamten Pensions- und Unterstützungsfonds der Angestellten.

Wie mitgetheilt wurde, liegen die Geschäfte der Bank andauernd günstig und betrug der Pfandbriefabsatz im neuen Jahre bis heute pr. Saldo über 5 Millionen Mark gegen ca. 3 Millionen Mark in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.

* Unter dem NamenGoldbier" bringt die Berliner Unions- Brauerei ein neues Erzeugniß zum Ausstoß, welches das Vorzüglichste ist, was die Brauerei-Technik zu leisten im Stande ist. Die Farbe des Bieres ist klar wie Gold, sieht namentlich in dünnen Hellen Gläsern aus wie perlender Rheinwein und hat einen tadellosen, angenehmen Geschmack, der ein wenig nach Pilsner hinneigt, das Bier außerordentlichsüffig" macht. Jedenfalls ist es erfreulich, daß die Münchener und Pilsener Konkurrenz zur Herstellung eines so gelungenen Getränks Anregung ge­geben hat; es liegt aber nun auch im Interesse der Konsumenten, das Einheimische anzuerkennen und wie der Herr Reichskanzler sagt:das Gute zu nehmen, wo es sich findet". Als Tafelbier in den eleganten Flaschen wird sich dasGoldbier" um so schneller Eingang verschaffen, als der Preis ein verhältnißmäßig niedriger ist.