Miscelten.
----Ist „Schicksel" eine Ehrenbeleidigung? In der Bukowina wird das „Schiksel" im jüdischen Jargon als Bezeichnung für ein Bauernmädchen in harmloser Weise gebraucht. Das Wort ist, wie eine in Wien am 25. d. durchgeführte Gerichtsverhandlung ergab, slavischen Ursprunges und hat an seiner Ursprungsstätte einen üblen Beigeschmack. Vor dem Wiener Bezirksgerichte Ottakring fungirte am 25. d. der bekannte Ethnograph und Slavist Dr. Friedrich S. Krauß als Sachverständiger über ein Schimpfwort. Vor dem Jnjurienrichter dieses Bezirksgerichtes hatte nämlich eine Näherin, Anna Hertwig, die Ehrenbeleidigungsklage gegen eine Frau, die Schlossermeistersgattin Katharina Wyborny, erhoben, weil sie von dieser mit dem Worte „Tschiks" beschimpft worden ist. Der Richter, der über diese Klage zu entscheiden hatte, mußte eingestehen, daß er die Bedeutung dieses Wortes gar nicht kenne. Die eingeleiteten „Erhebungen" über den Ursprung dieses Wortes ergaben blos das Eine, daß es kein wienerischer Ausdruck sei. Mit Rücksicht auf die Nationalität der Geklagten -- sie heißt Wyborny — vermuthet man, daß das Wort möglicherweise einem czechischen Schimpflexikon entstamme, weshalb auch kein Wiener Dialektkenner, sondern der obengenannte bewährte Kenner aller slavischen Idiome als Sachverständiger berufen wurde. Dr. Krauß erklärte, er habe vor einiger Zeit in der von ihm redigirten Monatsschrift für Volkskunde über sämmtliche Schimpfworte Europas Anfragen an seine Leser gerichtet und über 1505 Zuschriften erhalten. Aus diesen habe er entnommen, daß das Wort „Schicks", auch „Tschiks" oder „Tschiksel" eines der verbreitetsten Schimpfworte sei. Das Wort bedeute ein leichtfertiges Frauenzimmer. Im Norden sage man zu einer leichtfertigen Dirne „Schikula", in Böhmen „Schiksula", in Polen „Schiksla". Das Wort „Tschiks" sei eben, eine Verdrehung dieser Volksausdrücke und sei thatsächlich ein Schimpfwort. Der Richter fand infolge dieses Gutachtens die Angeklagte der Ehrenbeleidigung schuldig und verurtheilte sie zu einer Geldstrafe von 5 fl. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, daß 5 fl. eine viel zu kleine Strafe sei für ein Schimpfwort, das man in Wien gar nicht versteht und zu dessen Er^ klärung man sogar einen Gelehrten vorladen muß. Sie erklärte deshalb, daß sie gegen das Strafausmaß die Berufung anmelde.
Alle Rekruten waren versammelt, auch die jüdischen. Der Offizier ließ die Protestanten aus einem Bundesstaate zur Linken, die Katholiken desselben Staates zur Rechten zusammentreten; jedesmal wurde der Eid bis zur konfessionellen Schlußformel gemeinsam und diese dann von der in Frage kommenden Gruppe gesondert gesprochen. Eine große Anzahl Bundesstaaten waren erledigt, auch katholische und protestantische Polen hatten geschworen, nur die Kinder Israels standen noch gesondert und warteten, bis auch der Ruf an sie ergehen würde. Und ganz entsprechend dem Ruf: die protestantischen Badener rechts, die katholischen links neben mich treten! hieß es plötzlich: Die protestantischen Israeliten rechts, die katholischen links neben mich treten! Als die Israeliten verdutzt dreinschauten — es war ihnen doch neu, daß Israel plötzlich als Bundesstaat behandelt wurde — wurde derselbe Ruf nochmals und zwar in etwas ungeduldigem Tone laut; aber nun erst erregte er unter Offizieren und Mannschaften Aufmerksamkeit, was sich in einen: nur mühsam unterdrückten Lachen kundgab Als darauf der Offizier, seines Jrrthums inne werdend, verbesserte: die jüdischen Badener links, die Reichsländer rechts neben mich treten! wußten auch die angerufenen Rekruten Bescheid. Aber die protestantischen und katholischen Juden sollen auch heute noch bei dem betreffenden Truppentheil nicht vergessen sein — wenn die Geschichte überhaupt wahr ist! ^ I G.. . .
— Die Nr. 36 der „Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus" (Expedition Magdeburgerstraße 13, Zeitungsliste 4173) hat folgenden Inhalt: Der Giftbaum der Börse.— Die Katholiken über den Antisemitismus. — Nachruf. — Zur Abwehr. — Aus dem antisemitischen Lager.—Vermischtes. —Der Antisemitismus. Von Enrico Ferri. — Briefkasten. ^
Geschäftliche Notizen.
* Der Friedrichshof eröffnete am 2. September seine neu und in großartigstem Stile errichtete Stadtgarküche für Bestellungen von Dejeuners, Diners und Soupers in und außer dem Hanse und nach außerhalb. Diese Separatküche des Friedrichshof steht ebenfalls unter der Oberleitung des Großherzoglich Mecklenburgischen Hoftraiteurs G. Brunfaut. Am gleichen Tage wurde der große Prachtsaal, welcher zu Festlichkeiten aller Art dienen soll, dem öffentlichen Verkehr übergeben.
— Protestantische und katholische Juden. Es war im Herbst 1892 — so ist in einer der letzten Nummern der „Grenzboten" zu lesen — und es wurde zum ersten Male auf dem Kasernenhofe vereidigt.
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„Berliner Tageblatt"
und Handels ■ Zeitung mit Effekten - Verloosungsliste nebst seinen 4 werthvollen Separat-Beiblättern: „ILLK“, illustrirtes Witzblatt. ,, Deutsche Lesehalle", belletristisches Sonntaa--blatt. ,,Der Zeitgeist", seuilletvnistisches Beiblatt, ..Mittbeilunaeu über Landwirthschaft, Gartenbau und Dauswirthschaft" erscheint täglich 2mal in einer Abend- nnd Morgen-Ausgabe und kostet vierteljährlich bei allen Postämtern 5 M. 25 Pf. für alle 5 Blätter zusammen.
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