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bekannten Quellen und Wasserleitungen Salomos befanden. Der „herrliche" Hasen aber war der alte sidonische Hafen, der noch heute benutzt wird. Wer aber war König Alkinoos, und welches Volk war ihm unterthan? Es bleibt dem Autor unbegreiflich, daß der Menschengeist an diesen Dingen Jahrtausende lang vorübergehen konnte, da doch die Wahrheit so zu sagen auf der Straße lag. Die übermüthigen Cyklopen, welche die Phäaken in Hypereia knechteten, bis sie der göttergleiche Nausithoos hinwegführte und in Scheria ansiedelte, sind nichts anderes als die historischen Hirtenkönige, der Hyksos aus ägyptischer Frühzeit; die auswandernden Phäaken sind natürlich nichts anderes —als die alten Israeliten. Als Führer des Zuges erscheint aber nicht Moses, sondern sein Genosse und Stellvertreter Kaleb, „der rüstige Wüstenfahrer", und nun enthüllt uns Schreiner das große Geheimniß: Die so vielfach angefochtene Gesammtvertheilung des gelobten Landes durch Josua ist mit nackten Worten im Homer zu lesen! Allerdings geht es nicht so einfach, die Phäaken mit den Israeliten zu identifiziren; man muß daher tief ausholen. Schreiner thut auch das. Er nimmt an, daß man die Israeliten zur Zeit Salomos mit den Phöniziern von Thrus unter König Hiram verquickt habe, die Dichtung habe sich davon eigens die Bezeichnung Phaikes geschaffen oder vielmehr aus Phoinikes frei gebildet. Damit ist der Ursprung des Volkes der Phäaken so einfach wie möglich erklärt. Auf ähnliche Weise erklärt sich Herr Schreiner die Entstehung des Namens Scheria. Daß die Phäaken ganz abgesondert leben und fremdes Volk nicht gern bei sich aufnehmen, erleichtert den Vergleich mit den alten Israeliten, denen^ja auch verboten ist, mit den Einwohnern des Landes oder mit ihren Göttern ein Bündniß zu schließen. Die Nähe der Götter erinnerte an die Gegenwart Jahves an der Opferstätte und im Zelte des Zeugnisses; die Gottheiten der Phäaken gemahnen an die Götter von Sidon und Tyrus. Das wunderbare Geleitschiff findet seine Erklärung gleichfalls auf dem Boden der alten israelitischen Geschichte, und zwar in der Nebelwolke, welche die heilige Lade auf der langjährigen Wüstenfahrt geleitete, um den Juden den Weg zu zeigen, auf dem sie ziehen sollten. Und nun gar der Nationalcharakter der Phäaken! Von diesen heißt es, daß sie allezeit ihre Freude hatten am Mahle, an Cither und Reigen und reichen Gewändern, an warmen Bädern und Ruhepolstern. Wer denkt hier nicht an die Zeit, da König Salomo auf dem Thron des Friedens saß und Israel beherrschte, und ebenso, wer denkt nicht bei der Schilderung des Königspalastes und der königlichen Gärten an die salomonischen Bauten! Kein Zweifel, König Alkinoos ist Salomo, der biblische König, und seine Braut, die sonnengebräunte, die Wttstentochter vom Libanon, die blühende Palme ist die Königstochter Nausikaa! Sogar ihr Name Sulamith läßt sich dem der Nansikaa hinsichtlich der Wortbedeutung direkt gegenüberstellen, indem hebräisch selmlmu und griechisch lmin^tai sich beide übersetzen lassen durch daS lateinische insiAnis kuit. Die zwölf Stammfürsten der Phäaken entsprechen selbstverständlich ^den zwölf Stämmen Jakobs. Kein Wunder, daß Schreiner am Ende des zweiten Theiles 'eines Buches zahlreiche Lichtpunkte zusammenstellen kann, sowohl in den Oertlichkeiten wie in den Persönlichkeiten und in der nationalen Entwickelung, die bei den Phäaken wie bei den Israeliten ihm die gleichen scheinen.
Die Krone seines kunstreichen Baues aber bildet die dritte Abtheilung, die sich mit des göttlichen Dulders Heimkehr nach
Jthaka befaßt. Da erfahren wir denn vor allem, daß die Insel Jthaka konsequenterweise in Jaffa zu suchen ist. Die Nymphengrotte wird wohl in dem Blumenflor der Ebene von Saron nicht vergeblich gesucht werden, das Landgut werden Schatzgräber vielleicht auf den Ruinen von Tibneh, den Resten der alten Stadt Thimnath-Cheres, der eigentlichen Heimath und Besitzung Josuas-Odysseus entdecken, aus dem Schreiner auf die schon Eingangs geschilderte philologische Art den Felsen Korax herausbringt. Am Nordabhang des nahen Berges Gargash entdeckt er die eigentliche Heimath des mythischen Odysseus. Nur einen kleinen Haken hat die ganze Sache, nämlich die Schweine des treuergebenen Sauhirten Eumaios, die Schreiner bei den alten Israeliten unmöglich auffinden kann; aber solche Kleinigkeiten hindern ihn nicht auf seinem Wege. Er weiß sich auch damit abzufinden, denn es heißt in der heiligen Schrift: „Ihr Fleisch sollt ihr nicht essen und ihr Aas nicht berühren." Mehr sei aber den Juden nicht verboten gewesen, und es sei nicht ausgeschlossen,'.daß die ausgedehnte Verbreitung der Steineichen in Westpalästina von selbst zur Schweinezucht aufgefordert habe. Leider steht dem nur die Thatsache entgegen, daß sich das israelitische Volk niemals mit der Schweinezucht abgegeben hat. Die Entfernung vom Hofgut zur Stadt findet ebenfalls ihre Parallele in den geschilderten Oertlichkeiten. Schreiner hat immer, wo Homer Jthaka schildert, Palästina vor Augen, er findet in der Darstellung des Epos nicht einen einzigen Zug. der nicht auch auf das gelobte Land anzuwenden wäre, und so hat er denn auch kein Bedenken, die drei Heroen Jthakas gleichfalls in Palästina zu suchen. Es sind eben die drei Patriarchen der Bibel. Polyktor ist Jakob, Jthakvs ist Jizchak und Pterelaos ist Abraham, und zwar darum, weil in diesem seltsamen Wortgebilde eine an sich ungriechische, gleichsam mechanische Wiedergabe des hebräischen Namens Abraham zu vermuthen sei. Die Stadt Jthaka kann nichts anderes als die alte Stadt Sichem sein, während die Umgebung, die waldreiche Zakynthos, wie von selbst sich mit der israelitischen Stadt Sukkoth identifizirt.
(Schluß folgt.) 6. X.
Ephraim.
Von Irene Czerhalmi.
II.
in die dunkelste Ecke des großen Saales im polnischen Krankenhause, den selbst die Sonnenstrahlen stiefmütterlich umgehen, dringt nichts von der erheiternden Festtagsstimmung. die ringsumher immer lautere Wellen schlägt. In den hochgethürmten Kissen ruht ein bleicher, vollbärtiger Mann mit ergrautem Haar, dessen rasselnde Athem- züge von Zeit zu Zeit ganz anssetzen.
Keiner kennt ihn. Staubbedeckt und voll weiten Reisen erschöpft, war er auf dem Wege zum Warschauer Rabbi vor der Thür der Dorfschenke des Avrom Mendel an der Landstraße zusammengesunken und von Herzkrämpfen befallen worden, und der zu Tode erschrockene Wirth hatte ihn ovn seiner Schwelle ins Krankenhaus befördern lassen.