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den betreffenden Ländern erfüllt werden würde? und hier war es, wo die Congreßmächte selbst jenen wichtigsten Be­stimmungen der Akte keine Folge gaben. In Rumänien wurde allerdings der Berfaffungsurkunde ein Art. VII ein gefügt, welcher die Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen dekretirte; zugleich aber erklärte man sämmtliche Juden, ein­geborene und eingewanderte, fürFremde", die erst natura- lisirt werden müßten, um die bürgerlichen und politischen Rechte genießen zu können und knüpfte zugleich an die Na­turalisation so schwer zu erfüllende Bedingungen, insbesou-

solchen mit den Waffen unternehmen werde. Uebrigens ver­kündete Fürst Alexander in seiner Proclamation, mit welcher er Ostrumelien in Besitz nahm, daß er alle Nationalitäten und Religionen in gleicher Weise behandeln werde. Was in- deß auf solche ersten Proclamationen und die darin aus­gesprochenen Verheißungen zu geben ist, weiß man. Von allgemeiner Wichtigkeit ist es, daß auf diese Weise die Un­haltbarkeit und Undauerhaftigkeit der Bestimmungen der Con- greßakte erwiesen ist. Es ist nicht abzufehen, auf welche Weise nunmehr die Gährung unter jenen Völkerschaften zur

dere die Zustimmung beider Kammern aus den Antrag der Ruhe gebracht und die Berhältniffe bleibend geordnet werden Regierung, daß in den 17 Jahren der Giltigkeit der Con- können, da eben jene Akte des Berliner Congresses aus greßakte kaum 17 Juden von 250,000 naturalisirt wor- Mangel an Festigkeit der Mächte, die sie beschlossen, als leicht den sind. Selbst die in dem Gesetze den Juden zugesagte zu umgehen erscheint. Die Serben und die Griechen sollen Naturalisation, welche im rumänischen Heere während des bereits ebenfalls zu den Waffen greifen. Jedes dieser Völker russisch-türkischen Krieges gedient hatten etwa 8 900 an will seine Grenzen erweitern. Aber wenn auch erst die tür- der Zahl wurde diesen vorenthalten. Noch mehr, man de- tische Macht in Europa wie ehemals die byzantinische kretirte Ausnahmegesetze für die Juden, die diese aufs Höchste aus Konstantinopel beschränkt sein wird, werden die Rumänen, bedrückten und zu einem nicht geringen Theile erwerblos : die Serben, die Montenegriner, die Bulgaren, die Albanesen, die machten. War dies nicht ein Widerspruch um keinen Griechen unter einander in Streit und Kampf gerathen, da sie von härteren Ausdruck zu gebrauchen gegen den Geist und: Herrschsucht und Ländergier, von Eifersucht und Größenwahn den Buchstaben der vom europäischen Areopag beschlossenen j beherrscht sind. An eine Bereinigung derselben zu einem Akte? Dennoch sprachen die Congreßmächte, sobald jener ver- Reiche ist noch weniger zu denken. Das Geschick der Donau-

rufene Art. VII von den rumänischen Gesetzgebern beschlossen worden, die Anerkennung der Unabhängigkeit Rumäniens aus, und es ist seitdem nicht bekannt geworden, ob irgend eine Großmacht gegen diese flagrante Verletzung der Congreßakte Einsprache erhoben habe. In den übrigen Staaten, in Serbien, Montenegro, Bulgarien, Ostrumelien, ist gar nichts betreffs jener Bedingung geschehen. Nur in Serbien erklärte im vorigen Jahre ein Reskript des Justizministers, daß jener Artikel 35 der Akte von selbst ein Grundgesetz Serbiens ge­worden, wenn auch die Skuptschina dies war wiederholt versprochen worden ein Gesetz darüber nicht beschlossen habe. Was auf ein solches Ministerialreskript zu geben sei, hat die Erfahrung gelehrt. In einem hochorganisirren Staate hat ein Ministerium den, die Gleichberechtigung betreffenden Paragraphen der Berfaffungsurkunde für völlig entscheidend erklärt, und das folgende Ministerium sprach das Gegentheil aus, daß nämlich eine Bestimmung der Berfaffungsurkunde Specialgesetze, die nicht ganz ausdrücklich aufgehoben worden, nicht aufhebe. Dies kann in Serbien, so lange nicht ein Gesetz darüber erflossen, ohne Widerstand auch geschehen. Die Berliner Congreßakte war und blieb in einer ihrer Haupt­bestimmungen unerfüllt, unbeachtet, in Rumänien geradezu verletzt. Es kann daher nicht verwundern, wenn mau sich in Bulgarien und Ostrumelien schmeichelt, daß auch diesmal die Verletzung der Congreßakte ohne weitere Folgen seitens der Congreßmächte bleiben, und das; es nur auf den Aus­gang eines Kampfes ankommen werde, wenn die Pforte einen

und Balkanländer ist selbst mit der Vernichtung der tür­kischen Herrschaft, zu trüben Aussichten verurtheilt. Bei­läufig noch die Bemerkung, daß die jetzigen Bulgaren diesen Namen ganz mit Unrecht führen. Die Bulgaren waren ein mongolischer Stamm, der diese Landstriche eroberte und ein bulgarisches Reich gründete. Bald aber überschwemmten sla- vischc Horden das ganze Land dermaßen, daß die ursprüng­lichen Bulgaren verschwanden, während der Name beibehalten blieb. Die nächste Zeit wird lehren, was aus dieser Affaire

Die jüdische Religionsphilosophie.

ii.

Wenn vonzwei Wahrheiten", der theologischen uyd der philosophischen, gesprochen wird, so befassen diese selbstverständ­lich nur die Probleme vom Uebersinnlichen, von Gott, der Welt, dem Menschen und den Beziehungen derselben zu einander. Bon diesem Gesichtpunkte aus kann man aber im Judenthume nicht von einertheologischen Wahrheit" reden. Zwar giebt es auch eine jüdische Theologie in dem Sinne, in welchem dieses Wort, von seiner wörtlichen Bedeutung entfernt, ge­braucht wird. Aber sie befaßt allein das Gesetz, während die Lehren des Judenthums über jene drei großen Gegen­stände des philosophischen Denkens Gemeingut aller Bekenner desselben sind und nicht erst cheologisch gestaltet werden