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Großbritannien.
London, 20. August. (Privatmitth.) Isaak Lion Goldsmid Hierselbst ist von der Königin zum Baronct ernannt.
Preußen.
Berlin, 23. August. Durch eine an die Ministerien der Justiz und des Innern gerichtete Cabinets- ordre vom 29. April 1^3» ist das Amt des Schieds- manncs als ein richterliches desinirt, und demgemäß die Ausschließung der Juden von der Verwaltung desselben angeordnet worden. In Beziehung hierauf haben bei den verschiedenen Schiedsmannswahlen Hierselbst mehre zu diesem Amte theils vorgeschlagene, theils gewählte Kandidaten jüdischen Glaubens auf die Bemerkung des Wahldeputirten, daß die Bestätigung dieser Wahl versagt werden würde, zur freiwilligen Entsagung sich bewogen gefunden; und da dieses Verfahren nicht nur für die Entscheidung einer , gegenwärtig höherer Prüfung unterliegenden Angelegenheit nachtheilig, ja um so nachtheiliger werden kann, wenn cs auch anderswo Nachahmer findet, sondern auch auf einer falschen Auslegung jener Kabinetsordre zu beruhen scheint, so dürfte eine nähere Beleuchtung dieser Thatsache von allgemeinem Interesse sein. Bei oberflächlicher Betrachtung freilich läßt sich die obige Bemerkung des Wahldeputirten, daß durch die angeführte Cabinets- ordre die auf einen Juden fallende Wahl zum Schiedsmann als eine zu keinem Resultate führende zu betrachten sei, allerdings rechtferrigen; ob aber die zur Bestätigung vorgelegte Wahl jüdischer Kandidaten, wenn sie sich oft wiederholt, nicht an sich selbst schon ein wichriges Resultat sei, ist eine Frage, die kaum verneint werden dürfte. So lange nämlich der Jude vom Richteramte gesetzlich ausgeschlossen ist, wird allerdings das als Richteramt vom Könige dcsinirte Schiedsmannsamt den Juden abgesprochen werden müssen; sollten wir uns denn aber die Hoffnung versagen, daß, wenn auch nach jener Definition immer wieder hier und da Juden von ihren Mitbürgern zu Schiedsmännern gewählt und diese Thatsachen dem Gesetzgeber bekannt werden, dieser die Befähigung des Juden zu richterlichen Aemtern überhaupt auszusprechen sich entschließen werde? Man wird diese Ansicht nicht als ganz aus der Lust
gegriffen ansehen, wenn wir die oben angeführte Ka« binetsordre durch ein Rescript des Ministeriums des Innern an die Regierung zu Köslin vom 4. Mai 4^34 auf die Anfrage derselben, „ob ein von einer Dorfgemeinde zum Schulzen gewählter Jude zu diesem Amte zuzulassen sei," näher erläutern. In jenem Rescripte heißt cs: „Da bei den Schulzenämtern Dasienige, was sie als Kommunalämter bezeichnet, nicht von Demjenigen getrennt werden kann, wonach sie als Staatsämter zu betrachten sind, so ist ein Jude nach den seither schon vom Ministerium 'beobachteten Grundsätzen zur Ausübung des Schulzenamtes, bei welchen er übrigens ohnehin nach der noch immer herrschenden öffentlichen Meinung große Schwierigkeiten finden würde, nicht für fähig zu erachten." Dieses Rescript scheint uns darum von großer Wichtigkeit, weil es nicht auf ein Gesetz verweist, sondern den Sinn der Gesetzgebung interpre- tirt, und dies auf eine Weise, welche die Acnderung jener Gesetze hoffe» läßt, indem dieselben unverkennbar an Bedingungen geknüpft sind, die wir täglich mehr schwinden sehen. Die Ausschließung der Juden von Staattzämlern wird nämlich in diesem Rescript auf bisher befolgte Grundsätze zurückgeführt; diese Grundsätze aber werden nicht auf die Unfähigkeit des Juden als solches, sondern nur auf die ihm durch die noch immer herrschende öffentliche Meinung entgegentretenden Schwierigkeiten basirt. Warum also sollten die Juden selbst dem Gesetzgeber die Beweismittel vorenthalten,-daß jene öffentliche Meinung sich immer mehr zu ihren Gunsten ändert, und daß daher auch die Schwierigkeiten bei der Ausübung des Richteramtes, welche jenes Ministerialrescript voraussetzt, immer mehr abnehmen, ja vielleicht ganz verschwinden werden. Will man aber selbst die aus Juden gefallene Wahl zu richterlichen Aemtern als einen Beweis der günstiger gewordenen öffentlichen Meinung nicht gelten lassen, indem das eigentliche Vertrauen sich erst bei der wirklichen Ausübung des Amtes herausstelle, so würde die Behörde allerdings kaum ein Mittel haben, von diesem Umschlagen der öffentlichen Meinung sich zu überzeugen, so lange sie die Bestätigung zu diesem Amte den Juden verweigert. Nichtsdestoweniger liegt uns ein Beispiel vor, welches alle Befürchtungen jenes Ministerialrescri'pts auf eine merkwürdige Weise beseitigt, und welches unumstößlich beweist, daß der zu einem richterlichen