Nr. 14
„Die # Welt"
Seite 3
den Zionismus vom Standpunkte des ungarischen patriotischen Juden behandelte und nachwies, dass es eben eine Pflicht des Patriotismus sei, die Sache des Zionismus zu fördern. Er meinte, es müsse für die jüdischen Massen Galiziens ein Ableitungscanal geschaffen werden, denn sonst werfen sie sich auf Ungarn, und Ungarn könne nicht noch grössere, seinem nationalen Leben ganz fremde Armenmassen vertragen. Er entfesselte mit seinen Ausführungen einen wahrhaften Sturm von Beifall. Es sprachen noch die Herren B. M ar m o r e k und Gabel unter grossem Beifall, ferner Herr Abrahamsohn, der die Grüsse der Zionisten in Bern überbrachte. Nach einer kurzen, kräftigen Rede unseres wackeren Präsidenten, in der er all' das Gesagte zusammenfasste, wurde eine Resolution zum Beschluss erhoben, in der die Versammlung sich mit den Ausführungen der Referenten einverstanden erklärt, die Gründung eines Zionisten Vereines be- schliesst und eine Commission mit der Ausarbeitung der Statuten betraut.
Abbitte des „Jewish Chronicle".
In der letzten Nummer des „Jewish Chronicle" (vom 28. März) ist eine weiter unten reprodueierte Berichtigung des Sollicitors des „Jewish Colonial Trust" neben der wahren Bilanz der Bank abgedruckt. Der „Jewish Cronicle" fügt dieser Berichtigung noch eine ausdrückliche Entschuldigung und Abbitte hinzu, welche wir ebenfalls in wortgetreuer Uebersetzung folgen lassen. Nachdem der „Jewish Chronicle" diese Abbitte geleistet hat, hält es der Fünfer-Aussehuss des Aufsichtsrath es der Bank für angemessen, von der beabsichtigten Stellung eines Strafantrages gegen dieses Blatt abzusehen, da der Fünfer-Ausschuss durchaus nicht von rachsüchtigen Motiven geleitet wird. Wohl aber ist es im Interesse der durch solche und ähnliche Angriffe schon seit geraumer Zeit schwer geschädigten Jüdischen Colonialbank geboten, vor den englischen Gerichten im Civilrechtswege eine Schadenersatzklage anzustrengen. Der Fünfer-Ausschuss hat in diesem Sinne die Londoner Governors und Rechtsfreunde des „Jewish Colonial Trust" instruiert.
Berichtigung des Sollicitors des „Jewish Colonial Trust."
„An den Herausgeber des „Jewish Chronicle". Mein Herr! Die Aufmerksamkeit meines Clienten, des „Jewish Colonial Trust (Jüdische Colonialbank) Limited", ist auf einen Artikel gelenkt worden, der in Ihrer Ausgabe vom 21. d. M. veröffentlicht ist unter dem Titel: „Die Bilanz des „Jewish Colonial Trust". Die Darstellungen oder Vermuthungen des betreffenden Artikels, dass „Discontierte Wechsel Pfd. St. 48.762 18 sh.; Lombard - Vorschüsse Pfd. St 5.391 12 sh.; in runden Ziffern gegen Pfd. St. 54.000 aus dem sorgfältig behüteten Tresor der Bank — um einen deutschen Ausdruck zu gebrauchen — spazieren gegangen sind, dass „in der That die Bank keinerlei Geschäfte macht* ; dass „die Posten „Diseontierte Wechsel" und „Lombard- Vorschüsse * Euphemismen sind für kolossale Bakschische, welche in Constantinopel an hohe Functionäre zu zahlen waren" ; dass „die Posten „Correspondenten Nostro" Pfd. St. 37.294 13 sh. 6d und „Correspondenten Loro* Pfd.St. 2.933 14 sh. lOd, welche ein Totale von Pfd. St. 40.228 8 sh. 4d ausmachen . .. ebenso wie . . . „Depots ohne fixe Termine" Pfd. St. 29.578 13 sh. nur in dem Sinne Activa der Bank sind, dass sie Ausgaben an ihre Agenten darstellen ";dass „EigeneEffecten(Consols)" Pfd. St.25.661 1 sh. unverkaufte Shares der Bank darstellen"; dass
Pfd. St. 2.041 13 sh. 2 d alle Einnahmen sind, welche das Capital von Pfd. St. 225.894, das im Laufe der letzten drei Jahre eingezahlt worden ist, bringt, während doch sonst gemäss der gemachten Aufstellung die Interessen wenigstens Pfd. St. 6000 betragen müssten"; dass „der Trust gegenwärtig einzig und allein die folgenden Beträge besitzt: Cassa in Banken und bar Pfd. St. 15.230 2 sh., Depots mit fixen Terminen und ohne solche Pfd. St. 105.376 10 sh. 7 d, zusammen Pfd.St. 120.50G 12 sh. 7 d« ; und dass „von den voll eingezahlten Shares im Werte von Pfd. St. 225.894 beinahe die Hälfte bereits verschwunden ist, und ein sehr grosser Theil einzig und allein in der Einbildung existiert" ; alle diese Darstellungen oder Vermuthungen sind neben vielen anderen in allem und jedem falsch und unbegründet.
Ich bin beauftragt: in erster Reihe Sie aufzufordern, in Ihrer nächsten Nummer eine Copie dieses Briefes zugleich mit einem unzweideutigen Widerruf der Darstellungen, welche in dem zur Beschwerde Anlass gebenden Artikel enthalten sind, ferner aber auch eine Ehrenerklärung und Entschuldigung wegen dessen Einschaltung zu veröffentlichen.
Die Fassung dieser Entschuldigung, sowie der Platz, welcher ihm in Ihrem Blatte zukommen soll, sollen mir zur Befriedigung meiner Clienten unterbreitet werden, und ich fordere Sie hiermit auf, dies im Laufe des heutigen Tages zu thun. Ich bin ferner beauftragt, Sie aufzufordern, in der gleichen Nummer die beigeschlossene Bilanz der Bank zu veröffentlichen, welche übrigens laut der mir gewordenen Information sich in Ihren Händen befunden hat, bevor der zur Beschwerde Anlass gebende Artikel erschienen ist, und dessen einzelne Posten — was zu constatieren überflüssig ist — unter ihren correcten Titeln verzeichnet sind und getreulich das darstellen, was sie besagen. Es soll ausdrücklich bemerkt sein, dass alle Passiva der Bank, einschliesslich die volleingezahlten Shares, voll gedeckt sind durch die flüssigen Activa, und dass die Gründungspesen durch die Reserven gedeckt sind. Ich bin ferner instruiert, zu constatieren, dass die Post „Einnahmen (Zinsen, Provisionen etc.) Pfd.-St. 2.041 13 sh 2 cl" nur auf die Monate Jänner und Februar des laufenden Jahres Bezug hat.
Meine Clienten behalten sich alle weiteren Verfahren, welche sie in Betracht des in Frage stehenden Artikels zu treffen für gut finden sollten, vor.
Ihr gehorsamer 6. Old Jewry, London E. C, Harry R. Lewis,
den 24. März 1902,
Nun folgt der Abdruck der Bilanz des Jewish Colonial Trust per 28. Februar 1902. (Siehe Nr. 11 der „Welt* vom 14. März 1902.)
Daran schliesst sich die nachfolgende
Redactionelle Erklärung des Jewish Chronicle".
Mr. H. R. Lewis, der Sollicitor (Anwalt) des Jewish Colonial Trust, hat eine vollständige und klare Antwort auf die Kritik unseres Gorrespondenten er- theilt, dessen ungünstiger Commentar in unserer letzten Nummer auf der gleichen Seite mit einem dem Trust günstigen Schreiben eines Zionisten erschienen ist. Das Fehlen irgend einer Angabe in der Bilanz, dass die Post 2 5 041 Pfd. St. 13 sh 3 d bloss das Einkommender vorhergehenden zwei Monate und nicht eines Jahres darstellt, führte zu Missverständnissen, denen wir Ausdruck gaben; aber wir freuen uns, dass es nur Miss-