Nr. 19

Die # Welt"

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befinden. Ais Gegner trat nur Herr Rabbinatscandidat Hoschan der auf. In seinem meisterhaften Schlussworte behandelte Herr Dr. Nobel noch einmal das Verhältnis des Zionismus zur Religion und richtete eine zündende, von tiefem Ernste und glühender Begeisterung, getragene Ansprache an die Zuhörerschaft. Der auf der Stelle ge­gründeten Ortsgruppe meldeten sich zahlreiche Mitglieder an. Es wird nun die Aufgabe der Marburger Gesinnungs­genossen und der Kölner Centrale sein, die Agitation baldmöglichst auch auf die verhältnismässig dichte jüdische Bevölkerung der Landgemeinden auszudehnen. 1.1. B.

Memel. Die hiesige zionistische Vereinigung»nairr, hielt am 30. März eine gut besuchte Versammlung ab, in welcher Herr Referendar Abrahmsohn aus Königsberg über den letzten Congress in Basel referierte. Der Vortrag fand allgemeinen Beifall und der Zionismus würde hier recht fruchtbaren Boden finden, wenn die Leitung der hiesigen zionistischen Vereinigung in ihrer Thätigkeit un­ermüdlich fortfahren würde.

Berlin, den 18. April 1902. DerVerein Jüdischer Studenten" steht im Begriffe, sein 15. Semester zu beginnen. Der Verein, der sich zu -einem wichtigen Factor im jüdisch­akademischen Leben entwickelt hat, steht nicht allein, da er von einer Reihe von Brudervereinen an anderen Hoch­schulen umgeben ist, die zu einem Bunde jüdischer Corpora- tionen verbunden sind. Wenn es vor 7 Jahren als ein Wagnis gelten konnte, die ersteVereinigung Jüdischer Studierender" an der Berliner Universität ins Leben zu rufen, so ist seitdem diese Gründung durch die glänzende Entwicklung gerechtfertigt, welche die imB. J. C." ver­einigten Verbindungen genommen haben. Ein neuer Schritt auf der betretenen Bahn ist die Gründung einer eigenen Verbindungszeitung, von der soeben die erste Nummer erschien. Das Blatt, das sich bemüht, nichts zu versprechen, das es später vielleicht nicht halten könnte, macht es sich zur Aufgabe, einen Mittelpunkt nicht nur für die Vereine Jüdischer Studenten, sondern für das ganze jüdisch­akademische Leben zu schaffen. Jüdisches Selbstbewusst- sein, getragen von der Kenntnis jüdischer Geschichte, Cultur und Wissenschaft, von der regsten Antheilnahme an allen Fragen des jüdischen Lebens, ohne Partei zu werden, so^l (das Programm sein, dasD e r j ü d i s c h e S tu d en t a n«Mer den jüdischen Studenten vertreten soll und wird, fir will die Stimme der Vereine Jüdischer Studenten sein, die innere, die Rechenschaft gegen sich selbst ablegt, und die äussere, die sich bestrebt, jüdisches Selbstbewusstsein im Sinne des Vereines Jüdischer Studenten in immer weitere Kreise unserer Studentenschaft zu tragen. Als Motto hat sichDer Jüdische Student" das be­zeichnende Wort gewählt:Für Freiheit und Juden­thum!" Wir wollen hoffen, dass er dem blau-weiss-gelben Banner, r>em er sich widmet, alle Ehre macht, und dass er die Erfolge habe, die seine Gründer von ihm erwarten. Jedenfalls ist sein Erscheinen ein neues Zeichen von dem Wiedererwachen eines gesunden jüdischen Selbstbewusst- seins in den Kreisen unserer Akademiker. Redacteur ist Dr. Heinrich L o e w e, Berlin, NW/6, Marienstrasse 18.

Aus dem Elsass. Der junge, aber sehr rührige Strass- burger Zionisten-Verein hatte am 13. April eine Agitations­reise nach Hagenau veranstaltet. Dr. Dannenberg sprach dort überWesen und Bedeutung des Zionismus". Die Versammlung war von 150 Personen bet>ucht, was in Anbetracht des Umstand es, dass Hagenau nur zwölf jüdische Familien zählt, gewiss ein Zeichen für das grosse Interesse ist, welches der Versammlung entgegengebracht wurde. Ueberhaupt begegnet der Zionismus im ganzen Elsass lebhafter Sympathie, da die elsässischen Juden sich mehr jüdisches Gefühl bewahrt haben, als in den meisten übrigen Gegenden Deutschlands. Der Redner, welcher als einer der besten Agitationsredner unserer Bewegung gelten darf, gab eine glänzende Schilderung der materiellen und sittlichen Judennoth, der Haltung der Assimilanten und Orthodoxen, um dann in schwungvollen Worten das Wesen des Zionismus zu entwickeln und das Baseler Programm zu erläutern. Der Vortragende machte mit seinen Ausführungen einen tiefen Eindruck auf die Versammlung, der sich darin bekundete, dass über Auf­forderung des Vorsitzenden Herrn Ingenieur Pohl sich sogleich 40 Herren zur Bildung einer Ortsgruppe Hagenau anmeldeten. Doch steht eine noch weit grössere Betheiligung zu erwarten. Durch dieses Resultat ermuthigt, wird der Strassburger Verein in kürzester Zeit weitere Wander-Versammlungen in . Zaber n, Colmar und anderen grösseren Orten des Elsass abhalten.

Deutschland. Eine Neu-Einführung des Zionismus, die sich überall glänzend bewährte, sind die Seder-Feiern für alleinstehende Juden. Solche Feiern wurden auch in Berlin, München und anderen vielen Orten in Deutschland durchgeführt und gestalteten sich zu erhebenden nationalen Festen, in denen die Liebe zu unserem Volke mit der neu­erwachten Hoffnung zu innigem Ausdrucke gelangte.

Russland.

x Wilna. Am ersten Halbfeiertage des Passah-Festes fand Im Saale der jüdischen Volksküche ein Zionisten-Abend statt, der sehr gelungen ausfiel. Der grosse Saal war voll von Gästen. Der Cantor Herr Bernstein mit sei:« wohlorganisierten Chor erfreute das Publicum durch t 1 '. Vortrag einiger Psalmen und Festlieder. Der Rabbiner H«=:r Neraser sprach über die Bedeutung des Passah-Festes. Die Pointe des Abends bildete die schwungvolle und feurige Rede des Herrn Melamed aus Dwinsk, der alle Vorwürfe und Einwendungen der Antizionisten als unstich­hältig geisselte. Die Stimmung war animiert. Unter den Gästen befand sich auch eine Repräsentantin der hiesigen russischen Aristokratie, die Frau des Generals S.

Warschau. Wie dieNowosti" und diePetersburgskija Wjedomosti* melden, hat sich in Warschau ein neuer Zionistenverein gebildet, dessen Mitglieder ausschliesslich junge Männer bis zu einer gewissen Altersgrenze sein können. Der Zweck dos neuen Vereines, welcher den NamenLicht Zions" führt, ist, die Idee des Zionismus unter der Jugend der armen, wenig gebildeten Bevölkerung von Warschau zu verbreiten. Der neue Verein zählt bereits mehr als 200 Mitglieder, die sich hauptsächlich aus den Zöglingen mittlerer und höherer Lehranstalten recrutieren. Jeden Freitag hält der Verein seine Sitzungen ab.

Libau. Auch bei uns wurde das Purimfest feierlich be­gangen, indem von einem hiesigen zionistischen Damen­kreise ein Kinderfest arrangiert wurde. Gegen 500 Kinder waren versammelt. Das Fest wurde von einem Mädchen - chor mit dem LiedeDort wo die Ceder" eingeleitet. Dieser Chor führte noch einige Lieder (Hatikwoh" und einen Chor­gesang ausSulamith") aus. Es folgten zwei vierhändige Clavierstücke, von zwei Kindern ausgeführt, wie denn auch das ganze Programm von Kindern ausgeführt wurde. Darauf gelangte ein kleines, dem Feste angepasstes Theaterstück zur Aufführung, und nach einigen deutschen und russischen Solovorträgen von Dr. Loewe und S. Frug wurden den Kindern Nebelbilder, die Geschichte von Purim illustrierend, und Bilder aus den Colonien gezeigt. Bei der Erklärung der Bilder wurde den Kindern die Geschichte von Purim kurz erzählt. Nachdem unter den Kindern Säekchen mit Er­frischungen vertheilt wurden, erhielten sie weiss-blaue mit Davidschildern verzierte Fahnen. N. N.

Kowno. Durch die Gründung eines orthodoxen theo­retischen Centrums ist der intelligenten Orthodoxie Ge­legenheit geboten worden, sich dem Zionismus offen anzupchliessen. Am 24. Adar wird hier ein neuer Verein von Orthodoxen gegründet, unter dessen Mitglieder sich die angesehensten Leute der Stadt befinden. DerVereinSchlom Zion" zählt jetzt schon 170 Mitglieder. In der constituierenden Generalversammlung wurden die Statuten entworfen und dem Rayonsvorsteher zur Bestätigung übersandt. Se. Ehr­würden Rabbiner F. E. Reines aus ,Lida hielt über Ein­ladung des Vereines eine zionistische Rede in der neuen Synagoge und hat dadurch dem Vereine viele neue Mit­glieder zugeführt. Zu Ehren des Rabbiner Reines wurde ein Commers veranstaltet, wobei 70 Rubel für den National­fonds gesammelt wurden. Es wurde beschlossen, noch 30 Rubel zu sammeln, um den Namen des Rabbiner Reines ins goldene Buch eintragen zu lassen.

Dunajevze (Gouv. Pod.) Am 10. April fand hier beim zweiten Zionisten verein «pv^ vypx« ein Passah-Fest statt. Nach den einleitenden Worten des Herrn M. F a r b s t e i n, Präses des Vereines, hielt Herr S. Mandel, Mitglied des ersten Zionisten verein es, einen V ortrag :U e b e r die Hoffnung des Judenthums'. Als zweiter Redner referierte Herr Z. Scharfstein:Ueber das Juden­thum und seine Wirkung auf die Ent­wicklung der Menschheit". Beide Redner fanden Beifall. Als der literarische Theil des Abends zu Ende war, wurde ein zu diesem Zwecke von A. Gusakov ver- fasstes Drama:Der gefundene Sohn" aufgeführt, wobei Herr Marmor sich auszeichnete. Der Abend wurde mit zionistischen Liedern eröffnet. Das Fest hatte ein gutes Ergebnis für den Nationalfonds. K. Mandel.