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„Di© $c Welt"
Nr. 13
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Ein jüdischer König in Marokko. Der „Morning Lea der" bringt eine interessante historische Notiz bezüglich der Juden von Marokko. Es wohnten nämlich in Marokko in den verflossenen Jahrhunderten sehr zahlreiche und reiche Juden und es gelang ihnen, auf die Regierung des Landes grossen Einfluss zu üben. So war zum Beispiel ungefähr vor 300 Jahren in Taza, einer der bedeutendsten Städte Marokkos, ein Jude namens Ben-Meschal Herrscher. Es war damals gerade ein Bürgerkrieg zwischen zwei Kronprätendenten ausgebrochen. Taza, die Residenz des jüdischen Sultans, lag in der Mitte zwischen Algerien und Fez und erst durch die List einiger „Tolmidim", d.h. Gelehrten, konnte die Kasbah oder Festung von Taza erobert werden und die Stadt in die Hände des Thronprätendenten R a s c h i d fallen. Infolge dessenwurde zur Erinnerung daran eine berühmte jährliche Feier ausgeschrieben, „das Fest des Tholba", eine der lustigsten Feiern von Fez. Nach einer anderen Version dauerte die Regierung des jüdischen Sultans nur neun Monate, dann wurde er getötet und an seine Stelle trat Muley-Ali Seherif, der eigentliche glaubenstreue Sultan — Alamin-Sultan, wie er tituliert wird.
Jüdische Hofärzte der türkischen Sultane zwischen 1400 bis 1800 n. Chr. In der Liste der berühmten Gesetzesgelehrten, welche die Regierungszeit Mohammed IL, des Eroberers von Konstantinopel, durch ihr Wirken verherrlichten, finden wir auch sechs Hofärzte, darunter einen Juden. Dieser jüdische Leibarzt hiess Jakob. Hammer-Purgstall bezeichnet ihn nach den Aussprüchen des osmanischen Geschichtsschreibers Aali als den geschicktesten von allen Leibärzten Mohammeds IL Hekim Jakob war beim Eroberer in grosser Gunst gewesen und als er sogar zum Islam übertrat, wurde er von den Steuerlasten befreit und schliesslich zum Finanzminister erhoben. Hekim Jakob ist, wie bereits gesagt, der erste jüdische Hofarzt, dessen die osmanische Geschichte erwähnt. Unter den hundert Leibärzten der Sultane von 1400—1800 finden wir zahlreiche Juden, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man sich erinnert, welche bedeutende Rolle jüdische Aerzte schon an den Höfen der arabischen und egyptischen Kalifen und im moslemischen Spanien gespielt haben. lr.
Ein jüdischer Kartograph aus dem XV. Jahrhundert. Joachim Lorenzo Vilanueva, ein ausgezeichneter spanischer Schriftsteller zu Beginn des vorigen Jahrhundertes, beschreibt eine sehr bemerkenswerte Weltkarte, die er in den Archiven des Karthäuserklosters von Val de Cristo bei Segorbe aufgefunden hat. Diese Karte war 121 m breit und 0*87 mlhoch, trug Datum und Unterschrift, und zwar konnte man sehr deutlich am linken Rande des Pargamentes in Goldbuchstaben die Inschrift lesen: „Mecia de Villadestes, Me fecit in anno MCCCCXIII.« Zu deutsch: „Von Mecia de Villadestes im Jahre 1413 angefertigt.* Der Verfasser stammt von der Baleareninsel Majorka; der Vorname „Mecia" ist eine Variante von „Macia", das gleichbedeutend ist mit Mathias. Ueber diesen Punkt herrscht unter den Gelehrten Einigkeit, dagegen streitet man über die Bedeutung des zweiten Teiles dieses Namens, weil eine Oert- lichkeit Villa d'Estes nicht existiert hat. War man aber auch über den Autor der Weltkarte im ungewissen, so blieb doch deren wissenschaftlicher Wert unangefochten und anerkannt und in der berühmten Ausgabe von Atlanten aus dem XIV. und XV. Jahrhundert, die im Jahre 1896 von dem französischen Geographen Gabriel Marcel veranstaltet wurde, nimmt die Karte von Mecia einen sehr ehrenvollen Platz ein. Sechs grosse Blätter sind ihr daselbst gewidmet. Ueber die Lebensschicksale des Kartographen war, wie bemerkt, bis in die letzte Zeit hinein trotz eifrigster Forschung eine nähere Nachricht nicht aufzufinden. Vor kurzem nun berichtete Herr E. T. Hamyin einer Sitzung der Pariser „Acadämie des inscriptions", es sei ihm von dem mallorkischen Archivar Herrn Miquel Bon et ein Dokument zur Verfügung gestellt worden, das sich seiner Meinung nach auf Mecia Villadestes beziehe. Das Schriftstück, in lateinischer Sprache abgefasst, stellt sich als eine Fahrtlizenz dar. Der Stellvertreter des königlichen Gouverneurs von Mallorca beauftragt den Kapitän Pierre Aym ar i;c, den Macian de Villade sters auf seinem Schiffe nach Sizilien gu bringen und sich bei sonstiger Strafe von den sizilianischen Behörden ein Zeugnis darüber ausstellen zu lassen, dass er den „Konvertiten" wohlbehalten ans Land gesetzt habe. Hamy stellt nun die Hypothese auf, dass der in dieser Lizenz erwähnte Macian d e Villan d ester s identisch sei mit dem Zeichner jenes Atlas, Mecia de
Villadestes, der! während der Judenverfolgungen des Jahres 1391 zum Christentum übergetreten sei. Villadestes sei ein Schüler des berühmten jüdischen Geographen Jahuda Cresques, des wahrscheinlichen Autors des Atlas Karls V., und gehöre zu der ausgezeichneten jüdisch- katalonischen Geographenschule, deren Werke in der neuesten Zeit ein immer steigendes Ansehen gewinnen. Aus der Schule des Cresques ging sicherlich auch der Gründer der hervorragenden italienischen Geographenschule von Ancona, Grazioso Benincasa (um 1435), hervor, lr.
Ein hebräischer Papyrus. Die grossen Papyrusfunde, welche in der letzten Zeit in Egypten gemacht worden sind, kommen in der Hauptsache dem griechischen und egyptischen Sprachgebiete zugute, beträchtliche Textmassen bereicherten auch die lateinische und die arabische Sprache. Daneben sind aber auch nicht wenige hebräische Papyri gefunden worden. Während jedoch alles, was bis jetzt an solchen Texten bekannt wurde, Urkunden des täglichen Lebens oder theologische Stücke von geringerer Bedeutung betraf, ist nun auch ein alttestamentlicher Papyrus ans Licht gezogen worden. In der bekannten englischen „Society of the biblical archeology" wurde kürzlich berichtet, dass ein Engländer namens W. L. Nash ein aus Egypten stammendes Papyrusblatt erworben hat, das die zehn Gebote und den Anfang des „Schema Jisroel* in hebräischer Sprache biete. Die zehn Gebote erscheinen in etwas veränderter Ordnung und auch sonst bietet das kleine Blatt manch wichtige Neuigkeit. Es ist etwa im 6. Jahrhundert n. Chr. geschrieben worden. Im Anschlüsse an diese Nachricht sei mitgeteilt, dass die umfangreichen Septuaginta-Bruchstücke der Heidelberger Universitätsbibliothek nun bald der Oeffentlichkeit übergeben werden. Vor wenigen Jahren hatte die bezeichnete Biblothek das Glück, von einem Papyrushändler in Wien umfangreiche Reste einer aus Egypten stammenden Septuaginta-Hand- schrift zu erwerben. Sie wurden dem Heidelberger Professor A. Deissmann zur Bearbeitung überwiesen, der nun in kurzer Zeit die Ausgabe der Oeffentlichkeit übergeben wird, zugleich mit einer sorgfältigen Wiedergabe der neugewonnenen Ueber lieferung. Von Septuaginta-Stücken sind bis jetzt schon manche Papyri in Egypten gefunden worden, aber immer nur sehr kleinenUmfanges, während erst die Heidelberger Blätter es gestatten, über den in Egypten im Umlauf gewesenen Septuaginta-Text neue, wichtige Vermutungen aufzustellen. („Reichsbote".)
Jüdische Kunstdenkmäler. Vor kurzem hielt, wie die „Frankfurter Zeitung" berichtet, die „Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kunstdenkmäler" ihre Generalversammlung unter dem Vorsitze von Ch. Ha 11- g arten ab. Den Geschäftsbericht erstattete Direktor Frauberger-Düeseldorf. Die Schwierigkeiten, die sich der vor einigen Jahren gegründeten Gesellschaft in den Weg stellten, waren gross, da brauchbare Photographien alter Synagogen und Kultusgeräte nicht vorhanden waren, bei der Aufnahme der oft versteckt liegenden Synagogen sich allerhand Unzuträglichkeiten ergaben, Frauberger des Hebräischen nicht kundig ist und nur in seinen freien Stunden sich mit der Sache beschäftigen konnte. Trotzdem ist mit den bescheidenen zur Verfügung stehenden Mitteln Ausserordentliches geschehen. Frauberger besuchte die jüdischen Ausstellungen in London, Paris und Wien, die altertümlichen Synagogen in Worms und Prag, besichtigte Fürth und Amsterdam, bereiste dann auf Kosten des Herrn Hallgarten in Begleitung eines Künstlers und stellenweise eines Antiquitätenhändlers ganz Italien, wo aber nur Gegenstände aus dem späten Mittelalter und der Renaissance gefunden wurden. In der Zeit ihres Bestehens hat die Gesellschaft 29.760 Mark ausgegeben, unter anderem für Restaurierung des Bades in Friedberg .1500 Mark. Frauberger hielt 15Vorträge in verschiedenen Städten Deutschlands. Von Publikationen erschienen 2 Hefte und 1 Nötizblatt: Heft 3, Notizblatt 2 und 3, möglicherweise auch 4, werden im Laufe des Jahres erscheinen. Nach Beendigung des Berichtes dankte der Vorsitzende Direktor frauberger für seine eifrige Tätigkeit. Mitgeteilt wurde, dass anstelle des verstorbenen Gg. Speyer Wilh. B.Bonn die Kassaführung übernommen hat und Rabbiner Doktor Seligmann in den Vorstand kooptiert worden ist.
Von der Michael Beer-Stiftung. Bildhauer Rudolf Marcus e erhielt den ersten Preis dieser Stiftung.
Das Kaiserin Elisabeth-Denkmal. Den fünften Preis bei der Konkurrenz erhielt der Bildhauer Alexander Jaray in Charlottenburg*