Aus unseren Büchern.
Einiges über die Frau. Die schönsten Feiertage waren einst der fünfzehnte Ab und Jom-kippur; denn an diesen Tagen gab sich di e jüdische Jugend den Wonnen des Tanzes hin. Die Mädchen mussten alle weisse Kleider tragen. Die Armen wie die Reichen borgten ihre Kleider, damit sich auch die Geringsten ihrer Armut nicht schämen sollten.
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Da pflegten die Schönsten den Jünglingen zuzurufen: Wendet euren Blick auf uns, denn die Frau ist nur I»r Schönheit wegen da!
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Die Adeligen aber sprachen: Auf uns sehet her, dein die Frau ist der Nachkommen wegen da!
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Die Unschönen sagten: Wählet aus Gottesfurcht, dexn eitel ist die Anmut und lügenhaft die Schönheit! Rühmenswert ailein ist die gottesfürchtige Frau!
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Heirate eine Frau nicht des Geldes wegen. Das Geld verschwindet und dir bleiben nur die ungeratenen Kiniesr.
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Der um des Mammons willen eine Frau heimführt, wird von Eliahu gefesselt und von Gott gegeisselt.
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Heirate keine Frau, um Karriere zu machen, dfein sonst lässt dich Gott nicht aufsteigen.
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Verheirate deine kleine Tochter an einen grossen Mann und deinen kleinen Sohn an ein grosses Mädchen, damit nicht deine Nachkommen körperlich unvollkommen werden.
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Lass' deiner Tochter keine Heiralsanträge macLen, so lange sie nicht zu sagen versteht: Diesen will ich !
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Der keine Frau heimführt, ist kein vollkommei er Mensch«
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Der keine Frau heimführt, entbehrt der Schutzwolir gegen die Sünde.
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Ehre deine Frau, denn sie lässt das Glück in deimfem Hause blühen,
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Ehre deine Frau, denn sie vermittelt dir den Seg«en Gottes.
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Tu den Willen Gottes und erfülle den Wunsch deiner Gattin.
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Viel mehr verhiess Gott den Frauen als den Männern. *
Die Frau bekundet ein besonderes Interesse für fremde Geheimnisse.
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Zehn Masse Reden sind auf die Welt geKommen;
davon nahmen die Frauen neun Masse für sich und ein
Mass liessen sie den Männern.
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Werde deiner Frau nicht untreu, damit deine Frau dir nicht untreu werde.
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Die Frau steigt nmt ihrem Manne, sinkt aber nicht mit ihm.
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Der Frau geziemi es, nur ein Glas Wein zu gemessen; ein zweites darf sie nur noch in Gegenwart ihres Mannes leeren.
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Wer seine Frau verliert, dem leuchtet keine Sonne mehr. D. R.
Aus den Liedern eines Judenmädchens.
Abend.
Abends, wenn in <Len dunklen Gassen Sich Dämmer an die Gibel drängen, Fühl' ich mich plctzlich so verlassen, Möcht* mich ans Kleid der Mutter hängen, Die Dämmerung drückt mich schwer, so schwer ! Fürcht' mich gar sehr! ♦......
Wieder zieht zu (3en Fensterscheiben Der weiche Abendschein zurück . . . Könnt' stets ich t>ei der Mutter bleiben, In meiner Gassen stillem Glück! . . . Und immer nah'n die Dämmer schwer, Nun hab' ich kein_e Mutter mehr! Furcht' mich gar sehr!
Breslau. Arthur Silbergleit.
Idyllen aus der Gass'.
Von Martha Wolfenstein. (Autorisierte Uebeirsetzung aus dem Englischen») Fortsetzung.)
Mirjams Geschäft ging ganz besonders schlecht. Es blühte nur bei TJeberflns-s in der Gass 5 . Der grosse Ofen war jetzt oft kalt, und Mirjam sass müssig da und in Sorgen. Sie würde Schimmele zu dieser Zeit gern seinen Eltern überlassen haben, aber die Ernte auf Eeb Sclilomes Pachtung war ebenfalb missraten, und auch dort gab es kaum mehr als Erdäpfel mit Salz den ganzen Winter hindurch. Es kam der Tag, wo sie an das Ende ihrer Mittel gelangte; es war nichts mehr übrig geblieben als der kleine Schatz, der dazu dienen sollte, ihrem blinden Sohne das Augenlicht zu kaufen. Sie hätte eher ihre rechte Hand abgeschnitten, als daran gerührt.
An einem traurige-n Tage schickte Mirjam Schimmele zur Höhe, um eine ausstehende Schuld von einer ihrer vornehmen Kunden einzuholen. Schimmele wartete lange auf das Erscheinen der Hemm des Hauses, ging aber schliesslich, niedergeschlagen und mit leeren Händen fort.
Als er durch eine enge Strasse kam, wurde er von einer Gruppe christlicher Knaben, die Ball spielten, angehalten. Bomul, der Sohn^der Feuerfrau, war, unter ihnen, und als er Schimmele bemerkte, schrie er plötzlieh:
„Da geht er, der Cliristustöter!"
Die anderen Knaben nahmen den Namen im Ohorns auf und brüllten wieder und wieder: „Christustöter! Cliristustöter!"
Schimmele wurde vor Unwillen rot, und seinem ersten Impulse folgend, begann er sich zu verteidigen und erklärte.