Nr. 23

,Die s£ Welt"

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pagandiste» der Sabbathruhe", die bereits seit 15 Jahren ein eigenes Zeitungsorgan in New-York hat, denAmerican Sentinel". Die Partei und deren Organ setzen sich dafür ein, dass der gesetzlich normierte allwöchentliche Ruhetag von dem Sonntag auf den Samstag verlegt werde, und dass es auch bis dahin jedem Kaufmann, der am Samstag seinen Ruhetag halten will, freigegeben werde, seinen Laden am Sonntag geöffnet zu halten. DerAmerican Sentinel", das Organ dieser Partei, siedelt dieser Tage von New-York nach Chicago über.

Die Zahl der nach Amerika eingewanderten Juden belief sich im Vorjahre laut den offiziellen statistischen Nachweisen auf 37.115 Seelen. Und zwar kamen von diesen Einwanderern Ü4.275 aus Russland, 11.071 aus Oesterreich-Ungarn, i:>t:i aus Rumänien, 405 aus Deutschland, 117 aus England, 81 aus der Türkei und <56 aus verschiedenen Ländern.

Personalnachrichten. Dienstag den 20. Mai fand in Brünn die Trauung des Schriftstellers Herrn Dr. Hermann K a d i s c h mit Frl. Olga Abeles statt. Am 17. d. M. findet in Galatz die Trauung des Frl. Marie Pineles. Tochter unseres Gesinnungsgenossen Herrn Samuel Pineles, mit Herrn Samuel Focsaneanu aus Braila statt.

Correspondenzen.

Friedek-Mistek. Unser Gesinnungsgenosse Herr Doctor J. Bergmann, Rabbiner in L o s c h i t z, Mähren, wurde einstimmig zum Rabbiner der hiesigen Cultusgemeinde ge­wählt. Am 15. August d. J. tritt er sein Amt in Friedek an.

Lemberg. (Juden müssen strenger geprüft werden.) Das hier erscheinende BlattSlowo Polski e~ meldet folgende charakteristische Begebenheit: In VV* oj tko vv. einem Dorfe bei Dobromil, wohnt ein Jude namens Samuel Reich. Da er sein Söhnchen nicht in die Dorfschule schicken will, lässt er es privat unterrichten. Vor einigen Tagen schickte er seinen Privatlehrer in das nächstgelegene Städtchen, damit er sich beim dortigen Schulleiter erkundige, was der Schüler wissen muss, um die Prüfung zu bestehen. Der Herr Director ertheilte die im Gesetze vorgeschriebenen Informationen. Als er aber im weiteren Verlaufe des Ge­sprächs in Erfahrung gebracht hatte, dass der zu exami­nierende Schüler Jude sei, da sagte er:Da muss ich andere Informationen geben, denn Juden müssen strenger geprüft werden."

Mönchen. Die Wiener Akademische VerbindungUnitas" hat eine Agitationsfahrt nach München unternommen, die sehr grossen Erfolg hatte. Ein näherer Bericht hierüber demnächst.

London. Die Nachricht, dass der IV. Zionisten-Congress in London stattfinden werde, wurde in allen Theilen Englands

und nicht zum wenigsten in antizionistischen Kreisen

freudig begrüsst. Von allen Seiten kommen Anfragen an die Mitglieder derEnglish Zionist Federation". Zufällig wurde just beim Eintreffen der Nachricht ein Communi<|ue an die zur Federation gehörenden Vereine redigiert, und man konnte die Neuigkeit noch bekanntgeben, so dass sie 12 Stunden nach ihrem Eintreffen im ganzen Königreiche bekannt war.

New-York. In New-York gibt es bereits fünf zionistische Frauenvereine, welche sich nicht nur mit der Propaganda der zionistischen Idee befassen, sondern auch in ihr Programm das Studium der jüdischen Geschichte und Literatur aufgenommen haben. Die Mitglieder der Vereine versammeln sich einmal in der Woche, überdies haben sie einmal im Monate eine öffentliche Versammlung, wo das Publicum, welche Meinung es auch haben mag, stets will­kommen ist, und wo die Leiter des Zionismus in Amerika die Bedeutung unserer Bewegung auseinandersetzen. Bedauerlicherweise haben wir hier für unsere Sache wenig Persönlichkeiten, die zur Propagierung der Idee geeignet wären, die ganze Arbeit lastet auf Herrn und Frau Prof. G o 11 h e i 1 und Herrn W i s e. Es muss auch rühmend die Thätigkeit von Frl. Leon hervorgehoben werden.

Aufruf.

Ein Nothschrei von mehr als zweimalhunderttausend in namenloses Unglück gerathenen Juden dringt aus Rumänien in die Welt hinaus. Die Lage der Juden in Rumänien ist bereits seit langem die denkbar traurigste geworden, seitdem man nämlich für sie die Bezeichnung Fremdlinge" erfunden, sie aller bürgerlichen Rechte be­raubt und ihnen nur die Erfüllung von Bürgerpflichten be- liess. Juden ist als Fremden die Bethätigung im Handel und Gewerbe unterbunden, und sogar der Zugang zu den Unterrichtsanstalten wird der heranwachsenden Jugend so gut wie verwehrt.

Dieses Elend in ihrem Vaterlande erfuhr durch die zwei letztjährigen Missernten eine ungeheuerliche Steigerung. Während die Regierung für die Nichtjuden Nothstands- arbeiten verfügte und unter die Hungernden Brot vertheilt, sind die Juden als sogenannteFremde" auf den Aus- sterbe-Etat gesetzt worden. Ueber 200.000 Juden fielen dadurch grenzenloser Verzweiflung anheim. Dringendst ist die Pflicht zu helfen.

Da an eine Auswanderung und Verpflanzung einer solchen Menschenmenge in fremde Länder gegenwärtig nicht zu denken ist, muss sich die Hilfsaction zunächst darauf beschränken, die Hilfsbedürftigen in Rumänien selbst zu unterstützen, um es ihnen zu ermöglichen, die schwere Hungerzeit bis zur voraussichtlich günstigen Ernte dieses Jahres zu überdauern. Hierzu sind aber bedeutende Geld­mittel erforderlich. Wir richten daher an alle Glaubens­brüder und an alle Menschenfreunde die inständige Bitte, unsere Hilfsaction mit Geldspenden ausgiebig und ehebald zu fördern.

Gaben übernimmt die Israelitische Allian z in W i e n, I.. Weihburggasse 10, und auch die Administration dieses Blattes.

Vereinsnachrichten-

Wien. (GesangvereinI v r i a".) In den letzten Monaten hat sich im X. Wiener Bezirke auf Initiative des Einzelvereines .Favoriten" der GesangvereinIvria" kon­stituiert, der zu seiner Tendenz hauptsächlich die Pflege des jüdisch-religiösen und nationalen Gesanges gemacht hat. Der Verein besitzt eine grössere Anzahl von ausüben­den Mitgliedern und steht unter der tüchtigen Leitung des Chormeisters Herrn Professor Hirschler. Wir be- grüssen die neue Vereinsgründung auf das freudigste, die zur Stärkung des jüdisch-nationalen Gefühles in ihrem Kreise einen bedeutenden Antheil haben dürfte.

Wien. Der EinzelvereinFavorite n" des ,.Z i o n u veranstaltet in dem neuerbauten Saale des jüdischen Gast­hauses des Herrn Ezerek, 10. Bezirk, Keplergasse 7, Dienstag den 1-2. Juni, um !> Uhr abends, eine Vereins­versammlung, in welcher Herr Dr. I. Schal it über die gegenwärtige Situation des Zionismus sprechen wird.

Allerlei Nachrichten-

Ueber die Pflege des Schachspiels unter den Juden im 12. Jahrhundert finden sich in einigen auswärtigen Blättern interessante Daten. Seit dem 12. Jahrhundert schon war dieses königliche Spiel bei den Juden sehr gepflegt. Einige Autoritäten meinen sogar, dass schon der Talmud seiner erwähnt. Während allgemein Schach mehr von Männern gespielt wird, war es schon in alter Zeit bei jüdi­schen Frauen sehr beliebt Am Sabbath, wo das Spie