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Nr. 52.
Wien, 28. December 1900.
4. Jahrgang
unsere J^ese? I
„Die Welt" tritt mit der nächsten Nummer in ihren fünften Jahrgang. Bald werden es vier Jahre sein, seitdem wir auf den Plan getreten sind, um für die Sache des jüdischen Volkes, den Zionismus, publi- cistisch einzustehen. Wir wollen uns keine Lobeshymne spenden, eingedenk des altjüdischen Spruches: „Es rühme Dich ein fremder, nicht Dein Mund.- Aber das können wir ohne Ruhmredigkeit sagen: „Die Welt" ist sich allezeit treu geblieben. Freund und Feind werden uns dieses Zeugnis nicht versagen können. Freund und Feind werden uns auch bestätigen, dass wir den Gedanken, dem wir dienen, immer, auch in der Hitze des Kampfes, würdig repräsentiert haben. Und so haben wir auch die jüdische Publicistik zu Ehren gebracht. Was wir uns zu beweisen vorgesetzt hatten, dass ein jüdisches Blatt durchaus entschieden und tüchtig in der Gesinnung, durchaus vornehm in der Form sein kann — wir glauben es in den vier Jahren unseres Bestandes bewiesen zu haben. Und noch ein anderes bescheidenes Verdienst nehmen wir für uns in Anspruch. Man war bisher gewohnt, unter dem Sammelnamen „Jüdische Presse" eine Anzahl von periodischen Druckschriften zu verstehen, in denen die unterschiedlichen Standeserhöhungen und Decorierungen einzelner Leute jüdischer Gonfession chronologisch getreu verzeichnet werden. „Die Welt" hat diese Art von Knopf loch- Gultus niemals betrieben. Man weiss jetzt, dass es Judenblätter gibt, die die Interessen des Judenthums in einer höheren Form pflegen.
Den Zionisten war „Die Welt" stets eine treue Beratherin, vielleicht auch manchmal eine Führerin. Wir glauben, sagen zu können, dass unser Blatt an der Ausbreitung des zionistischen Gedankens, aber auch an dessen innerer Ausgestaltung und Vertiefung, einen hervorragenden Antheil hat Das ist allerdings nicht unser Verdienst allein. D^nn eine Reihe der besten schriftstellerischen Kräfte hat uns dabei wertvolle Hilfe geleistet. Von der ausserordentlichen Werbekraft der guten Sache, deren Wort wir führen, zeugt auch die Thatsache, dass es bisher keinem jüdischen Blatte gelungen ist, eine so erlesene Garde von Mitarbeitern um sich zu scharen, wie diejenige ist, deren wir uns rühmen können.
Indem wir die Versicherung geben, dass wir bemüht sein werden, den Geist, in dem „Die Welt" bisher geleitet wurde, auch weiterhin zu wahren, bitten wir alle Freunde und Gesinnungsgenossen, unserem Blatte ihr Wohlwollen zu erhalten und unserem Streben ihren werkthätigen Beistand zu leihen.
Wien, den 28. December 1900.
Die Redaction.
Religion und Assimilation.
Von Moriz Zobel.
Unsere Kölner Gesinnungsgenossen sind mit eine m Gemeindeprogramm in den Wahlkampf gezogen, das eine eingehende Besprechung wohl verdient. Sie haben sich mit den Männern verbunden, die die religiösen Institutionen der jüdischen Gemeinde in der altüberlieferten, durch Satzung und Herkommen geheiligten Form erhalten wollen; die gegen die Sucht, den jüdischen Gottesdienst fremden Culten ähnlich zu machen, ihm ein protestantisch-paslorales, unjüdisches Gepräge zu geben, mit aller Kraft ankämpfen. Das sind die Gon-
servativen, mit denen vereint die Zionisten in Köln einen grossen Wahlsieg errungen haben. Unsere Kölner Gesinnungsgenossen haben mit diesem Wahlbündnis, wie mir scheint, einen glücklichen Griff gethan und eine richtige Folgerung abgeleitet.
Auf dem zweiten Gongress ist die Parole ausgegeben worden: Die jüdischen Gemeinden müssen von den Anhängern der Zionssache erobert werden. Nun ist die jüdische Gemeinde unserer Zeit, _wie die Dinge einmal liegen, vorwiegend C u 11 u s gemeinde, mit anderen Worten : eine religiös - administrative Körperschaft. Freilich ist es wünschenswert dass sie viel mehr als