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,Die 2$ Welt"
Nr. 52
des Herrn Richter Rosendale aus Albany. Die regelmässigen Vereinsabende finden jeden ersten und dritten Donnerstag des Monats statt.
Ein anderer zionistischer Frauenverein, die „Daughters of Zion", hält seine Vereinsabende alle Dienstag ab. Kürzlich wurden diese mit einem Vortrag des Herrn Seff und der Frau Prof. Gottheil eröffnet. Letztere referierte über den Londoner Congress. Ihre Ausführungen wurden mit grossem Beifall aufgenommen. Der Verein „Daughters of Zion" besteht grösstentheils aus Arbeitermädchen, deren eifrige propagandistische Thätigkeit die höchste Anerkennung verdient.
Fiau Prof. Gottheil wurde von dem „Council of Jewish Women" eingeladen, einen Vortrag über die historische Bedeutung der jüdischen Feste zu halten und besonders das Chanukafest vom historischen Standpunkt zu würdigen. Der „Council of Jewish Women" ist eine Organisation jüdischer Frauen in Amerika mit Zweigvereinen in allen Städten der Union. Schon im vorigen Jahre sprach Frau Prof. Gottheil in der Section Philadelphia über den Zionismus. Diesmal gedenkt sie nachzuweisen, dass die zionistische Idee in allen jüdischen Festbräuchen zum lebendigen Ausdruck kommt.
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Wien. (G e s 11 s ch a f t für Sammlung undCon- servierüng'von Kunst- und historischen Denkmälern des Judenthums.) Samstag, den 15. d. M. fand im Festsaale des n.-ö. Gewerbevereines die Generalversammlung der „Gesellschaft für Sammlung und Cons«rvierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judenthums" statt, zu der sich wegen des darauffolgenden Vortrages von Prof. C o r n i 11 aus Breslau ein äusserst zahlreiches Publicum eingefunden hatte. Nach der Verlesung des Einlaufes, aus dem namentlich ein Brief des Herin S. Cohn hervorzuheben ist, in welchem dieser dem Vereine die prachtvollen. Reproductionen des Herrn Architekten Fleischer aus der Hagadah von Serajevo anbietet, erklärt der Präsident ßaurath S t i as s n y dass auf vielseitiges Verlangen künftighin die Sammlungen des Vereines zweimal wöchentlich dem allgemeinen Besuche zugänglich gemacht werden solLen. Architekt Fleischer verliest den Rechenschaftsbericht und erwähnt namentlich die Stiftung des Baron Rothschild für arme jüdische Künstler, die im verflossenen Jahre schon einer Reihe von Malern, Musikern und Bildhauern zugute gekommen ist. Baurath von Goldschmidt verliest den Cassabericht. Auf seinen Vorschlag werden die drei ausscheidenden Revisoren wiedergewählt. — Auf Antrag des Decans der philosophischen Facultät, Prof. Dr. D. H. Müller, werden sechs von ihm vorgeschlagene correspondierende Mitglieder gewählt. — Der Vorsitzende ertheilt nun Herrn Prof. C o r n i 11 das Wort zu seinem Vortrage über das „Hohe Lied". In klaren, einfachen Worten entwickelt der Vortragende seine Gedanken. Prof. Cornill verweist zunächst darauf, dass in der Bibel ausser dem Hohen Liede noch mehrere Psalmen und andere Gesänge erotischen Inhalts enthalten seien. Der eigentliche Sinn des Hohen Liedes wurde erst durch Forschungen der neuesten Zeit festgestellt. Einerseits kam man durch das Studium der Sitten des modernen Syriens und Palästinas, die bei dem conservativen Charakter ihrer Träger ruhig einen Rückschluss auf die Sitten des classi- schen' Orients zulassen, darauf, dass Gesänge von der Art des Hohen Liedes in grosser Zahl vorhanden gewesen sein müssen, da noch heute ähnliche bei der acht Tage dauernden Hochzeitsfeier vornehmer Leute gesungen werden: andererseits zeigte die Auffindung uralter ägyptischer Lieder, die denselben Inhalt, zum Theil sogar dieselben Worte haben wie das „Hohe Lied", dass dieses ein reines Liebes- liei ist, da selbst die darin vorkommenden Namen Salomo und Sulamith Analoga in diesen altägyptischen Gesängen finden. Die Auffassung des Hohen Liedes als eine Allegorie der Verbindung Gottes mit Israel sei durch nichts begründet.
Mit einem Appell an die Versammelten, den jüdischen Familiengeist stets hochzuhalten, auch wenn das Judenthum ringsum von Gefahren bedrängt sei, schloss Prof. Cornill seinen mit dem grössten Beifalle aufgenommenen Vortrag.
Sch—nn.
Prag. Herr Dr. Güdemann hat einen würdigen Imitator gefunden. Worte, die wir vor nicht langer Zeit in Wiens bedeutendstem Gotteshause zu hören bekamen und die wir auch ihrem Werte entsprechend gewürdigt haben, erklangen nun auch in den prachtvollen Hallen des Weinberger Tempels aus dem Munde des Herrn Rabbiner Doctor Gustav Weiner. Und wieder war es der arme Zionismus, der all das Elend, alle Schmach und Unbill von allen Ecken und Enden der Welt zusammengescharrt und damit die Juden überschüttet hat. „Die Juden bieten gegenwärtig ein Bild innerer und äusserer Zerfahrenheit", so erklangeu die Worte des erzürnten Rabbi und die andächtigen Zuhörer in den ersten Reihen nickten zustimmend mit den sorgenschweren Häuptern, „und das haben die Zionisten am Gewissen . . u. s. w. u. s. w. Ich hatte genug gehört, obwohl ich wollte, ich hätte es nicht gehört. Herr Dr. Güdemann hat Succurs gefunden und mag zufrieden sein. Jedoch Herr Dr. W einer, der meines Wissens in seinen bisherigen Predigten Niemandem nahegetreten ist, der sich immer der gewissenhaftesten Objectivität beflissen und in den geheiligten Hallen stets Göttliches vom Weltlichen, Erhabenes vom Niedrigen, Wahrheit von Lüge aufs Strengste geschieden hatte, möge nicht mir, sondern sich und seinem Gewissen eine ernste Frage beantworten: Wer säet Zwietracht in den Judenreihen — thun es diejenigen, die die Mängel ihres Volkes offen eingestehend, dem Uebei die Wurzeln abzuschneiden suchen, um auf gesunden Grundlagen das erhabenste Werk der Menschenliebe ausführen zu können, oder diejenigen, welche von einer unbestimmten und er- sonnenen Mission der jüdischen Religion träumend, wissend oder unwissend, das Volk durch Worte, von denen doch wenigstens die geheiligte Stätte verschont bleiben sollte, irreführen und gegen diejenigen, die es am besten mit ihm meinen, aufhetzen ? —11—
Balta. (Personalnachricht.) Am 12. d. M. wurde die Wahl unseres Gesinnungsgenossen Herrn M. Schön- k in aus Odessa zum hiesigen Kronrabbiner von amtswegen bestätigt.
Wien. (Personalnachricht.) Unser Gesinnungsgenosse Theodor Meissl wurde am 22. December zum Doctor der gesammten Heilkunde promovirt.
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Voranzeigen.
Wien. Im Vereine jüdischer Mädchen „H adassa' hält Sonntag, den 30. December, im Congress-Bureau, IX., Türkenstrasse 9. Herr Dr. Leopold Kahn einen Vortrag über: „Die Stellung der Frau im Alterthume*. Beginn 4'/ 2 Uhr nachmittags. Gäste herzlich willkommen.
Wien. (Erster Wiener Jüdischer Turnverein, I., Mölkerbastei 5.) Turnabende finden statt: Montag, Donnerstag, Dienstag und Freitag von
Wien. (Einzelverein „Wien" des Zion-Ver- bandes österr. Vereine zur Förderung der Colonisation Palästinas und Syriens, IL, Schwarzingergasse 2.) Dienstag den 1. Jänner 1901, halb S Uhr abends. Vortrag des stud. theol. Apdowitzer: ,D ie Famiii e der Kamchid en". Dienstag den S.Jänner 1901, halb 8 Uhr abends. Vortrag des Redacteurs Mor. J. Cohen, Vice-Prasident des Vereines': „Türken und Jude n".
Berichte.
Karlsruhe. Am 22. December fand im Local des hiesigen „Russischen Polytechnischen Le se verein es" eine Versammlung statt, in welcher stud. Perelmann ein Referat hielt über das Thema: „Der jüdische Nationalismus