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Nr. 6.

Wien, 8. Februar 1901.

5. Jahrgang

^abbine* ©f. fl. Ralf.

(Zu seinem 70. Geburtstage 10. Februar 1901.)

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Unser ausgezeichneter Gesinnungsgenosse ist ge­boren am 10. Februar 1831 in Rauisch-Holzhausen in Hessen. Nach einer sorgfältigen, auf das Rabbinats- sludium hinzielenden Vorbereitung bestand er im Jahre 1849 die Lehrerprüfung und wirkte dann als Lehrer in Gudensberg bei Cassel. Im Jahre 1854 bezog er die Universität Marburg und bestand im Jahre 1857 die Rabbinatsprüfung. Von 1859 bis 1863 sehen wir ihn als Lehrer und Prediger in einer kleinen Stadt des Grossherzogthums Hessen und von da bis November 1865 als Religionslehrer und Rabbinatsgehilfe in Mecklenburg-Schwerin. Im selben Jahre promovierte er an der Universität Rostock zum Doctor der Philosophie und trat seine Stelle in Memel als Rabbiner an. Mit dem Antritte dieses Postens in der Grenzstadt begann zugleich seine eifrige Thätigkeit zu­gunsten der Armen und Leidenden. Im Jahre 1867, als der schwere Noth- stand in Ostpreussen ausbrach, bildete sich unter der Protection des dama­ligen Kronprinzen F r i e d r i c h W i 1 h e 1 m ein Unterstützungs - Comite, dessen Seele Rülf war. Um den hunderten nothleidender jüdischer Familien, die aus Russland eingewandert waren, helfen zu können, begann er mit der Samm­lung unter den deutschen Juden. Von da ab bis zum April 1898 bildete die Unterstützungsthätigkeit das Lebenselement R ü 1 f s. Im Jahre 1871 wurde er zum Schriftführer des Unterstützungs-Vereines gewählt,und als solcher schrieb erbiszum Jahrel897 die Jahresberichte. Als in dem schrecklichen Nothjahre auch die russischen Juden jenseits der Grenze sich nach Memel um Unterstützung wandten, da dort die schlimmste Hungersnoth herrschte, bildete sich unter dem Vorsitze Rülfs ein Unter- stützungs-Gomite, das in zwei Jahren über eine halbe Million Mark sammelte und in wöchentlichen Unter-

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Stützungen an 230 Ortschaften vertheilte. Was seitdem zur Untertützung der rassischen Juden bei Hungers­noth, Brandunglück, Verfolgungen geschehen ist, lässt sich kaum beschreiben. Zwei dauernde Anstalten in Memel verdanken dem Wirken Rülfs ihre Entstehimg : das im Jahre 1870 gegründete israelitische Kranken­haus und die israelitische Armenschule. Von der Zeit resultieren auch die ersten Schriften Rülfs:Meine Reise nach Kowno" 1869,Drei Tage in Jüdisch-Püissland" 1881,Aruchas Bas-Ami" 1883, und eine Anzahl anderer Schriften. Duroh die Berührung mit den russischen Juden krystallisierte sich allmählich die jüdische Weltanschauung in Rülf zu einem zielbewussten National-Judenlhum.

Auch als Publicisten finden wir Rülf thätig, und seit dem Jahre 1872 war er Ghefredacteur einer politischen Tageszeitung, die er auf die Höhe brachte. Dabei behielt er noch Zeit für seine ausgedehnten philosophischen Stundien. Im Jahre 1884 gieng der vielbeschäftigte Gelehrte an die Arbeit, um sein Hauptwerk zu vollenden. 1888 erschienen die beiden erslen Bände Wissenschaft des Weltgedankens" und Wissenschaft der Gedankenweit". Im Jahre 1893 folgte der dritte Band Wissenschaft der Krafteinheit Ä und im November 1897 der vierte Band :Wissenschaft der Geisteseinheit' 4 . Der lünfte Band:Wissenschaft der Gotteseinheit" steht noch aus. Auch auf socialem Ge­biete machte Rülf den Versuch, durch die Schrift: Das Erbrecht als Erbübel" das grosse Problem zu lösen, und fand damit viel Anklang. Seit dem Früh­jahre 1898 lebt Rülf in Bonn-Poppelsdorf, sich ganz seinen Lieblingsstudien widmend. Aber auch da ist der Zionismus der Gedanke, der ihn stets beseelt. Den -Zionisten in Deutschland war Rülf von dem

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