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„Die # Welt"
Nr. 19
seien jedoch die Folgen des Pauperismus, der allgemeinen jüdischen Armut. Seine Gegner wollen dies nicht gelten lassen, sie meinen, dass einzelne Preisträger so wenig beweisen, wie die wenigen sehr reichen Juden für das Gesammtvermögen dos jüdischen Stammes. Gewiss — nur scheint Groller Folgendes gemeint zu haben : Der Jude kann unter natürlichen Lebensbedingungen und bei gehöriger Uebung seine Körperkraft genau so ausbilden, wie der Arier. Er besitzt hierzu die Fähigkeiten, und das beweisen die ausgezeichneten Sportsmänner, ebenso wie die vielen reichen Juden beweisen, dass der Jude die Fähigkeit besitzt, Geld zu erwerben.
Während oben in der „Welt" 4er Kampf tobt, mühen wir uns unten im Turnsaale „an den Geräthen", die Sache praktisch anzufassen. Haben Sie schon eine Hantel von 70 Pfund grstemmt? Nie. Nun, von Damen wird der Herr Turnlehrer Pollak das auch gar nicht verlangen, aber einen rundlichen Herrn Ihrer Bekanntschaft könnten Sie dabei beobachten, wie er die schwere Eisenstange mit den grossen Kugeln auf Commando hebt und in vorgeschriebenem Tempo über seinem Kopfe streckt.
Wenn er oinigemale dieses „Kunststück" vollbracht hat. dann leuchtet es aus seinen Augen von tiefer Befriedigung, Er schaut sich im Kreise um, als harre er der bewundernden Worte. Aber was ihm bei aller Kraftanstrengung mit beiden Händen gelungen ist — ein Student vollbringt es spielend mit einer. Das gibt kein übles Bild, solch ein Jüngling, ebenmässig und doch musculös, wie er sich niederbeugt und mit gestrecktem Arm das 70 Pfd. wiegende Eisenstück hoch über sein Haupt erhebt. Ein Symbol der Kraft, der Jugend, der jüdischen Zukunft.
Was ein Pferd ist, wissen Sie? Das lebensvolle, gelenke Thier, — im Turnsaale wird es symbolisch von einem vier- füssigen Monstrum aus ledergepolstertem Holze dargestellt. Es wirft niemanden ab, man fällt von selbst hinunter . . . Das heisst, nicht jeder, ich habe einen jungen Mann gesehen, der sich mit einer Hand am Sattel dieses Thieres hielt, den zwei Klammern ersetzen, mit gestrecktem Arm, Kopf unten, die Beine hoch, stramm in den Lüften, als wollte er an der Decke spazieren gehen. Wir sind dabei, einige Vorurtheiie zu besiegen, das von der körperlichen Minderwertigkeit muss auch fallen — durch Arbeit.
Vorerst hat ein gutgesinnter Jude seinem Namen ein dauerndes Gedächtnis gesichert, indem er das Geld vorstreckte, bald wird die Halle sich auch finanziell lohnen. Bald? Wenn Sie für uns Propaganda machen, Madame. Schicken Sie uns recht viele Frauen und Mädchen, eitVrn Sie die Männer an, nach r'en Stunden der dumpfen Comptoir- arbeit die Glieder im. edlen Wettkampfe zu stärken. Es muss heissen:
Ein Mann, der nicht in elegantem Schwünge, mit einer Hand gestützt, übers Pferd voltigiert, ist kein rechter Mann.
Ein Mann, der nicht vom „Reck aus über eine Schnur springt, die 175 cm hoch gespannt wird, ist kein rechter Mann.
Ein Mann, der nicht eine schöne Kniewelle macht, ist kein rechter Mann. Lächeln Sie nicht so sicher, Sie wissen gar nichts. Ich kann es nämlich auch nicht. Aber lernen will ich es. Und darin liegt der ganze Zauber. Man mups sich hohe Ziele stecken. 175cm hoch! Sobald ich es erreicht habe, hören Sie wieder von Ihrem getreuen S.
Einige Daten über die Zeit der Einwanderung der Juden in Südrussland.
Kürzlich machte A. L. Pogodin in der russischen „Geographischen Gesellschaft" eine interessante Mittheilung über'die Zeit der Einwänderurig der Juden im Süden Russlands. Der Referent hält es für möglich, zu beweisen, dass in P a n t i k a p ej a (Kertsch) im IV, Jahrh. v. Chr. Juden beiderlei Geschlechtes zu finden waren.. Einige historische Angaben weisen darauf hin, dass Juden im selben IV. und sogar V. Jaljrh. v.. Chr. in einem Theile Mediene, in Armenien, Grusien und Pe-rsien zu finden waren. Einige Aufschriften späterer Zeiten weisen darauf hin, dass im I. Jahrh. n. Chr. das jüdische Element am nördlichen Ufer des Schwarzen Meeres ziemlich stark war. In zwei in Kertsch gefundenen Aufschriften, die sich auf das Jahr 80 n. Chr. beziehen, wird ein"f>r Synagoge und einer ganzen jüdischen Colonie in Kertsch' -Erwähnung gethan. Eine Aufschrift vom III. Jahrh. n. Chr. erwähnt jüdische religiöse Symbole ; > jüdische Grabschriüenirsind vom Jahre 457 an zu finden. In 27 grichischen Grabschriften; hat Pogodin jüdische Namen gefunden * und- führt .die Ansiedlung der
Juden in obengenannte Colonien auf das IV. Jahrh, v. Chr. zurück. Eine sonderbare Unterbrechung macht sich zwischen dem III. und I. Jahrhundert bemerkbar, was Pogodin durch die Möglichkeit der Eroberung von Kertsch durch die Gothen erklärt. Li Verbindung mit diesen Ansiedlungen der Juden im Süden Russiands wird vom Referenten auf das Erscheinen der Juden in Kiew und anderen Stalten Russlands um das X. Jahrhundert gewiesen.
(Aus der Zeitschrift „Giwopisnaja Rossija".)
Julie Goldbaum.
Deutsche Chronik.
Bonn. Der letzte Sonnabend war für unsere junge, aber intensiv und erfolgreich arbeitende Gruppe ein besonderer Festtag. In einer ausserordentlich zahlreich besuchten, vom Altmeister Dr. R ü 1 f geleiteten Versammlung sprach der verehrte Führer der englischen Zionisten Sir Francis Montefiore über unsere Bewegung und erntete mit seinen Ausführungen, die sich namentlich auch mit der Entkräftung der gegen den Zionismus vorgebrachten Einwände befassten, reichen Beifall. Ausserordentlich dankbar war das Publicum auch dem zweiten Redner des Abends, unserem bewährten süddeutschen Freunde, Herrn Dr. Moses, Arzt in Mannheim, der über „Die zionistische Bewegung und das christliche Deutschland" sprach, und in lichtvollster Weise die ver^- schiedenen Parteirichtungen im christlichen Deutschland und ihre Stellung zu unserer Bewegung, soweit sie im einzelnen präcisiert worden ist, erörterte. An der Discussion, die ohne unnütze Schärfe sachlich geführt wurde, betheiligten sich unsere Freunde Rü 1 f, Bodenheimer und Klee, von uns freundlich gegenüberstehender Seite die Herren Cultusvorstand G o 1 d s c Ii m i d t und*Rechtsanwalt R o S e ulberg, letzterer der mannhafte Vor-kivmpfe.r der Judentags- Idee in der Kölner zionistischen Versammlung, die vor einigen Wochen stattgefunden hat Der einzige Gegner in der Discussion, Herr Jäger, ersuchte *<tim Auskunft über Verschiedenes, die ihm gerne ' und befriedigen! gegeben wurde. Von einer scharfen Gegnerschaft gegen die Zionsidee ist hier überhaupt nichts zu spüren. Abgesehen von dem kleinen Kreise indifferenter, zum Theile kaum noch dem Namen nach dem Judenthum angehörender Elemente, lässt sich die Gemeinde, in der recht viel jüdisches Bewusstsein herrscht, in zwei Theile theileiij einen zionistischen und einen, der, bei aller warmen Anerkennung der ethischen Bedeutung des Zionismus und auch der Nathwendigkeit einer Hilföactiön grossen Stils für diejenigen Juden, die an ihren Wohnorten keine Heimat haben, doch noch, wenn auch in wohlwollender Neutralität, abseits steht, weil er skeptisch ist der Möglichkeit der Realisation unserer Ziele gegenüber. Diese Kreise ; -werden gewonnen sein am Tage des ersten praktischen Erfolges, Jedenfalls aber bedeutet diese Situation in Bonn gegenüber der feindlich gehässigen Kampfmethöde, die an anderen Orten beliebt war — man denke an Protest- München, an die unglückselige Rabbiner-Erklärung, an den ,famosen Ausschluss der Zionisten bei der zu berufenden Judentags-Conferenz - - bereits einen sehr erfreulichen Fort- "schritt. Wir finden überall sachliche, gerechteWürdigung, freundliche Anerkennung, zahlreiche Unterstützung. Wir glauben, dass der englische und der süddeutsche Freundeinen erfreulichen Eindruck mit fortgenommen haben -\ auch an dieser Stelle sei beiden Herren noch einmal der wärmste Dank der rheinischen Zionisten für ihre Bereitwilligkeit, uns zu helfen, ausgesprochen. Der Abend bedeutete' einen ^gewaltigen moralischen und einen nicht unbedeutenden praktischen Erfolg. > A. ,
l Leipzig. Kürzlich veranstaltete der hiesige zionistische Studenten verein »Zionah" eine Abschied^feier. z^; JEhrjen, ^seines Vorsitzenden des Herrn cancL phiL *Leö .. Jftfjf % <sich nach Russland begibt, um in (Jen entfernten piQvipzeh des Czarenreiches für unsere Sache zaf-w^^ sehen Darbietungen, sowie die Declam hebräischer und russischer Spräche , weckten sturmischen Beifall. Ihren Höhepunkt erreichte die Feste^4fe^mun^^.nl^., ?Berr Jaffe das Schluss \vpri ergriff »#uc4i; in M^tir Ljejler Hinsicht war die Feier* -durchaus; gelungen sie;,"ergab;eiu =Reinerträgnis von .270 .Mark. D ieser Betrag j^vg^-W Vereine für z.ionistische ■% weejee mßi\ fojgt t , /Ms;|fn3\^:> 120;^^ark..-.iur,/d^e , zipnmtische^ „Zionahf. und 160 : Miirl^für ole, no^leide^iä .../Palästina,..'-' ' .....