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Von Elise Gutmann.
. (Schluß.)
la die Gedichtfrage erledigt ist, trijs sie in den Hintergrund und macht der Prämiierungsfrage Platz. Einstimmig werden Liesel Mann und Elsa Bratm als die Glücklichen gepriesen, da sie ja zur Deklamation herangezogen wurden! Auch Liesel ist davon überzeugt. Großmütig verleiht sie im voraus das zu erhaltende Buch an ihre Kameradinnen, natürlich in erster Linie an Hänna. Ihr Wesen hat eine .bedauerliche Wandlung erfahren. War da» Kind bi» dahin fleißig und aufmerksam, so gibt si.e jetzt Anlaß zum Tadel wegen Mangel an diesen Tugenden. Selbst die Mutter muß »häufig das Töchtercheu ob seiner Zerstreutheit ermahnen. Liefet bereut, verspricht Besserung, hält aber ihr Wort nicht. Ihre Gedanken drehen sich um-zwei Dinge: Prüfung, Prämie. .Sie malt sich den Verlauf recht schön aus. Sogar Kleideranprobe hält die Eitle im Geiste. Das lange, lockige Haar, offen getragen, wird wunderschön auSsehen. Die Farbe des Bandes macht ihr Kopfzerbrechen. Sogar während des hebräischen Unterrichtes denkt sie daran. Verwirrt -fährt sie auf, wenn eine Frage an sie gerichtet wird. Der gütige Lehrer schüttelt mißbilligend den Kopf über die geistesabwesenden Antworten der Kleinen. Beschämt senkt sie die Augen. Sie kann den vorwurfsvollen Blick nicht ertragen. Sie faßt gute Vorsätze; leider sind sie Uicht von Dauer.
Am zweiten Tage des Gholhamoed, nachmittag« 3 Uhr, soll die 4. Klasse sich zur Prüfung einfinden. Schon eine Stunde früher ist Liesel fix und fertig.'Da» ganze Hairs hat unter der Aufregung des Kinde» zu leiden; die sanfte-Mutter, ist schwer erzürnt. Nun wird zu Hanna gepilgert.- Diese denkt in ihrer Gemütsruhe noch nicht an» Ankleiden. Liesel weint vor Zorn über ein solches Pflegma. Endlich, endlich ist die Gespielin in ihrem Festgewande! Die Kinder kommen noch vor Toresschluß an. Herr Dr. Weiß, der Rabbiner, spricht freundliche Begrüßungsworte, um den schüchtern Eintretenden , die Befangenheit zu nehmen. Die Prüfung beginnt. Psalmen werden -.gelesen, Tischgebet, Sch’mone eßre, Nischmas, Lamnazeach übersetzt, Segenssprüche zitiert. Liesel nimmt sich im Bewußtsein ihrer Würde zusammen. Ihre Beklemmung ist verstogen.
Der offizielle Teil ist beendet; der deklamatorische fängt an. Auf den Wink des Lehrers schreitet Liesel auf das Podium, macht den sorgfältig einstudierteu Knicks und spricht laut und klar. Beifällig nicken die Anwesenden. Sie bemerkt dies wohl; erhobenen