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. . . Wenn'ichnun zUrückkomme zu deinem Knechte, meinem Väter, und der Knabe istjnicht bei uns, an ^dessen Seele seine Seele geknüpft ist, so wird^geschehen, wenn er siebet, der',Knabe sei nicht da, daß er stirbt! und so werden deine Knechte das greise Haupt deines" Knechtes, unseres Vaters,f[hinunterbringen mit Jammer in die Hruft. Denn dein Knecht hat gebürgt für den Knaben bei meinem Vater, mit den Worten: Wenn ich ihn dir nicht wiederbringe, so habe ich gesündigt gegen meinen

Vater alle Tage. . . .

Es sind mehr denn sechsund­dreißig Jahrhunderte verflossen, seit­dem diese Worte gesprochen 'wurden. Noch war Europa eine Wildnis. Die Länder, welche wir bewohnen, waren vollständig unbekannt. Auf den Hü­geln, wo später das mächtige Rom erbaut wurde, hat der Mensch gleich den Tieren des Waldes in Höhlen und Schlupfwinkeln gehaust.

Das alte Griechenland hat noch nicht bestanden, seine Geschichte noch nicht begonnen, als der arme, als Sklave verkaufte Hebräerknabe nach Aegypten kam, um hier durch Gottes Hilfe und feine Geistesgaben hoch cmporzusteigen.

,Zu derselben Zeit, als Jehuda diese Worte zu dem mächtigsten Manne eines großen Reiches, zu Josef, dem Vizekönig von Aegypten, sprach, da war von der ganzen Abendwelt keine Spur.

.Doch nicht allein, wann diefe überaus schönen und männlichen Worte gesprochen wurden, ist hoch­bedeutsam, sondern auch, wie sie ge­sprochen wurden. Jedes einzelne von. ihnen ist wie aus Erz gegossen. Diese wenigen Sätze zeugen nicht allein von Kraft und Mut inan be­denke, daß ein Wink des Vizekönigs genügt hätte, die zehn Mann zäh­lende Schar dem Tode zu überliefern sondern auch! von so tiefer und rührenden Liebe zu dem greisen Vater, daß ihresgleichen wohl kaum an anderer Stelle gu finden sind.

Mich, Herr, behalte als Sklaven bei dir," bittet Jehuda,doch den Knaben lasse mit seinen Brüdern ziehen. Denn wenn ich hinaufzöge zu meinem Vater, ohne den Knaben mitzubrittgen, .... nein, ich mag das Elend nicht mitansehen, welches über meinen Vater hereinbrechen würde." Das sind nicht mehr Worte allein, das sind Taten; das ist Liebe nicht mehr allein, das ist Aufopfe­rung. Denn jener, der so sprach, glaubte einem Tyrannen gegenüber­zustehen, der, danach zu schließen, was vorhergegangen war, nur Böses im Sinne hatte.

All das ist aber noch viel höher einzuschätzen, wenn wir bedenken, daß Jehuda zu jener Zeit schon längst eine eigene Familie hatte, die ' er zärtlich liebte und die gewiß mit Sehnsucht seine Rückkehr erwartete. Doch alles war in dem Augenblicke vergessen, wo es galt, den Vater vor einem Herzleid zu bewahren.

Diese Bibelstelle allein zeugt von soviel Adel unserer Vorfahren, daß sie vollauf genügen würde, stolz auf solche Ahnen zu sein.

Allein nicht nur Jehudas, auch Josefs Verhalten ist groß und edel. Nicht nur, daß er das Böse vergaß, was ihm von seinen Brüdern zuge­fügt wurde, sondern er lud sie ja samt ihren Familien zu sich ein nach Aegypten. Er wies ihnen einen fruchtbaren Landstrich. zum Aufent­halte an. Dem Könige stellte er