Breslauer 3üb
sches Gemeindeblatl
Vr. 1
Ein Zührer
Bon Gemeinderybbiner Dr. Hoffman». l
Die Schriftabschriitte des laufenden Monats sind dein -weiten Buche des Pentateuch entnommen. Sie erzählen uns, wie Israel ein Volk wird. Sie werden beherrscht von der überragenden Gestalt unseres Lehrelrs Mose. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, die große Persönlichkeit des einzigen Gottesmannes in ihrem vollen" Umfange zu würdigen. Wir wollen nur zusehen, wie er -zumFsihrer geworden ist.
„Als Mose groß getvorden war/ ging er hinaus zu seinen Brüdent. Als einem Adoptivsohn der ägyptischen Prinzessin, der wie ein Prinz des königlichen Hauses erzogen wurde, standen ihm alle Schätze der großen und reichen Kultur des Landes offen. Was. hatte der feingebildete Jüngling mit der Anwartschaft auf die höchsten Stellen der ägyptischen Beamten Hierarchie noch gemeinsam mit den elenden und schmutzigen Sklaven, die im heißen Sonnenbrände unter der Peitsche der Aufseher fronen mußten? Wenn er auf sein persönliches Wohlsein, auf den bloßen äußeren Vorteil sah, so konnte ihm die Entscheidung nicht schwer fallen. 'Hier zeigte er aber die wahre Führernatur, die des Volkes Wohl dem eigenen voran setzte. Er wußte, daß diese geplagten Menschen seine Brüder waren. Noch verstand er sie nicht. Deshalb ging er zu ihnen. Er mischte sich unter das Volk, um fein tief innerstes Fühle», um feine Leiden und Freuden kennen zu lernen. Und das war nicht bloß ein Akt der Demagogie, um. sich dadurch etwa ihre Gunst zu gewiimen. Als er die Höhe des Erfolges erklommen und fein Volk aus Aegypten geführt hatte, sehen wir das gleiche . Bild. Er ist umgeben von den Scharen der Seinen. Sie drängen sich um ihn, schütten ihm vertrauensvoll ihr Herz aus Als gerechter Richter sitzt er vom Morgen bis zum Abend, um ihre kleinen-und großen Streitigkeiten zu entscheiden.
So ist es auch später immer im tausendjährigen Verlause der Geschichte Israels gewesen. Die wahrhaft Großen, deren Namen bei Fürsten und Völkern mit Ehren genannt wurden, sind immer auch wie Mose zu ihren Brüdern gegangen, wie elend und gedrückt sie auch waren, und haben das eigene Ansehen zum Heile und Segen für ihre Brüder in die Wagschale geworfen. Wenn es auch ekne Periode-der Schmach gegeben hat, wo Männer durch Abfall von ihrer alten Gemeinschaft sich emporzuarbeiten suchten, so dürfen wir mit Genugtuung feststellen, daß diese Zeit wohl vorüber ist. —
Unsere Breslauer jüdische Gemeinde erfreut sich der Führung durch einen wackeren und vorzüglichen Manch der schon, als er noch ein hohes richterliches Amt bekleidete, sich mit warmem Herzen ihren Angelegenheiten widmete. Als er dann in den Ruhestand trat, da ging er ganz zu seinen Brüdern * und weihte seine volle Kraft dem Dienste der Gemeinschaft. Ein gerechter Richter, steht er auf der Wacht, um klug zwischen den ringenden Parteien vermittelnd, jedem das Seine zu geben. Möge der Allgütige ihm noch eine lange und segensreiche Wirksamkeit in unserer Mitte schenken.
Leo Gold
zum siebzigsten Ge!«' von- Kgnnnergcrichtsrat L e Präsident des Preust. Las;
Wenn ich das Wort in diesen zunächst eine örtliche Bedeutung be es deshalb, weil der bevorstehende Goldfelds die Augen des ganzen j Breslau richtet, und es mir deshalb tuung gewährt, an diesem Tage zi ehrern in der eigenen Gemeinde sp bin ich mir wohl bewußt, daß ich ihr t nicht zu entwerfen brauche. Aber da? bekannt ist und in vollem Umfange — denn es entspricht nicht-Goldfeld >
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urtstagc
Wolfs ^Berlin, desvcrbandes.
Blättern ergreife, denen gemessen ist, so geschieht iebzigste Geburtstag Leo ijdischen Deutschlands auf eine besondere Genug- seinen zahlreichen Ver- echen zu dürfen. Tabei as Bild ihres Oberhaupts , was dort vielleicht nicht nicht bekannt sein kann, Art, von seinem Wirken
Aufhebens zu machen — das, was er über den Kreis Breslaus hinaus für das gesamte deutsche Judentum geleistet hat, kann tind soll nicht verschwiegen werden, unt so oft vergönnt war, in Reih und 'Glieo mit ihm stehen, sein Wirken aus nächster Nähe zu beobachten, ist cs ciise freudig geübte Pflicht, davon Kunde zu geben. Hehr als ein gemeinsamer Tätigkeit liegt hinter uns, hervorragende Vertreter der Breslauer
ahrzchnt vührend dessen dieser Gemeinde und der
schlesischen Juden über die bloße Vertretung ihrer Interessen immer mehr hinausgcivachsen und ein Führer des «deutschen Judentlims geworden ist. |
Wer wäre auch mehr dazu befähigt gewesen, !o1s dieser »och heute an der Schwelle des Alters vollkommen jugend- frische Manu mit seiner geistigen und kcrperlichen (Elastizität, mit seiner innerlichen Freiheit, init seiner Empfang! chkcit für jeden Fortschritt? Er mit seiner strengen Sachlichkeit und seiner kristallklaren Logik, mit seiner umfassenden Bildung auf so vielen Gebieten, in den Natnrwissei.schäften, wie in der Philosophie, auf seinem ureigensten Gebiete, der Re htskunde, wie in der Geschichte und, nachdem er sich ilun e »mal zu- ^ gewendet hat, auch auf dem Gebiete der Religion «sowie der Verwaltung der Religionsgemeinde, hat an jeder Stelle große Leistungen vollbringen können. !
Von seinem Eintritt in den Vorstand der Breslauer Gemeinde an hat der Gedanke, das; es Tinge gibt, bief in zweckentsprechender und segensreicher Weise nur dann! gefördert werden können, wenn sie von einer höheren Wart«s mit dem Ausblick über die engere Gemeinde hinaus behandelt werden, bei Goldfeld einen verständnisvollen Widerhall gefunden, und so war er denn das geborene Mitglied der von den deutschen Großgemeinden gegründeten Konfcrenigcincinschaft. Hier wurde in häufigen inhaltsreichen Sitzung«'» so manche gemeinsame Angelegenheit in wertvollen, a len Gesick«tspunkten Rechnung tragenden Beratungen verhandelt und zu einem glücklichen Ende geführt. Goldfeld war es, dessen Stimme immer mit achtungsvoller Aufmerksamkeit gehört wurde und oft den Ausschlag gab. Tas wareis die Sitzungen, in denen die Notwendigkeit der Zusammenfass mg aller deutschen Juden zur Pflege ihrer gemeinsamen I iteresscu deutlich vor Augen trat, und die die später crfolss e Gründung großer Verbünde in glücklichster Weise vorbereiteten.
Noch au Ruderer Stelle wirkte und wirkt noch jetzt Goldfeld in einflußreicher Weise mit, das ist in dem Ausschuß des Tcutsch- Jsraelitischen Gemeinde-Bundes, der den jüdischen Gemeinden und ihren Beamten so oft ein treuer Helfer gewesen ist.
Als sich dann die Uebcrzeugnng Lahn brach, daß eine Stesle geschaffen werden mußte, der )ic Vertretung aller preußischen jüdischen Gemeinden nach außen und nach innen anvertraut wurden konnte, als zu diesem Zwecke der Preußische Landesverband jüdischer Gemeinden gegründet tburde, da war es selbst oerstündlich, daß Goldfeld ich unter denjenigen befand, die zu der Gründung und zu der Leitung des Verbandes berrifen waren.
! Der Landesverband hat schwere Zeiten durch pnnachen. Das liegt an den allgemeinen Verhält» sscn, atn der gemeinsamen Not des deutschen Vaterlandes rnd der Neuheit der Aufgaben. Er ist ein mit vieler Atühe er ichtetes Bauwerk, an dessen Erhaltung, weiterem Ausbau uiw zwecscntsprechender Arbeit viele Köpfe Mitwirken müssen, und «die Breslauer Gemeinde hat sich den Anspruch auf den Taus der gesamten preußischen Judcnheit erworben, daß sie Goldfeld, der damals noch nicht ihr Vorsitzender war, in den Rat des Landesverbandes entsandt hat. Hier fand er Gelegenheit zur Betätigung seiner hervorragenden Eigenschaften. Er wurde vyn Anfang an Mitglied des Engeren Rates und hat als solches sich an der Löfuug der wichtigsten Aufgaben des Landqsverbandes in aufopfernder Weise beteiligt. Er hat dns nicht bloß als eine ehrenvolle Beschäftigung angesehen, smwcrn als eine Pflicht, und es hat ihm, seiner Natur entsprechend, Freude gemacht, daß er hier immer wieder Gelegenheit fayd, leine Begabung und sein Können in den Dienst einer vijm ihm als gut,