S. 114

Nene Anraektische Zeitung.

Nr. 15

2. Bericht über den Kassenstand. Der Kassirer.

3. Bericht der Kassenrevisoren.

4. Antrag auf Umgestaltung resp. Auflösung des Vereins.

5. Verwendung des Vereinsvermögens im Auf- kösungSfalle.

6. Anderweitige Antrüge (welche vor dem 17. Aug. dem Präsidenten schriftlich zuzustellen sind).

Chinesisches.

In Kalifornien werden bekanntlich die Chinesen, welche billig und gut arbeiten, von den faulen Aankees sehr verfolgt, namentlich ihnen der Vor- Wurf gemacht, daß sie die einheimische Arbeiter- bevölkerung in'S Elend stürzen. Hiegegen ver- theidigen sich die Chinesen mit Recht unter Auf- Wendung aller Mittel. Der chinesische General- Couli-Tag hat vor einiger Zeit eine Flugschrift er- scheinen lasten: ״Hat daS Chinesenthum die Ver- armung der Arbeiterbevölkerung begünstigt ?״ Die Schrift ist eine vortreffliche und wahres Was würde eS aber nützen, wenn sie nur von Coulis gelesm würde? Ein angesehener Chinese hat nun die Arbeit in die drei Mal des Tags erscheinende ״Kalifornian Limes" lancirt und nicht nur jeder Chinese, sondern jeder Menschenfreund fteut sich, daß ein dem Parteistreite fremdes Blatt so un- parteiisch spricht.

Wissen Sie aber, welchen Narrenstreich nun die Makaoer ״Chinesische Wochenschrift" macht?

Sie posaunt aus: ״Dem chinesischen Notabeln in Kalifornien ist es durch persönliche Berwen- düng bei der Redaktion der ״Kalifornian Times" gelungen, die Aufnahme eines theilweisen Ab- drucks der Flugschrift ״Hat das Chinesenthum u. s. w." zu bewirken."

Jeder Unbefangene wird zu beurtheilen ver- stehen, wie da die Sache um Persönlichen halber geschädigt wird.

Wäre es nicht bester gewesen, die Jankers hätten gemeint, die ״Kalifornian Times" habe auS Einsicht und Ueberzeugung freiwillig die bettestende Notiz gebracht?

1»le ^uvrn tu wotlieu.

Bon Regimentsarzt Dr. W. Dcrblich.

Bor mehreren Jahren erschien in Wester- mann's ״Jllustrirten deutschen Monatsheften" (Band 41) eine Abhandlung vom Professor der Botanik vr. Schleiden, betitelt: ״die Bedeutung der Juden zur Erhaltung und Wiederbelebung der Wissenschaften im Mittelalter." Diese Ab- Handlung erregte eine große Sensatton, da sie von einem in der wissenschaftlichen Welt rühm- lichst bekannten Gelehrten herrührte, welcher sich

nicht scheute, mit seltener Offenheit für die Juden eine Lanze zu brechen, ja sogar als Herold und Verkünder ihre- Ruhmes und ihrer geistigen wie moralischen Ueberlegenheit aufzutreten. Und dies in einer Epoche, in welcher man dem auS- erwählten Volke nichts Geringeres als die Ent- artung der menschlichen Gesellschaft, den industriellen und volkswirthschastlichen Ruin in die Schuhe zu schieben beliebte und zur selben Zeit, als bedeu- tende Männer, wie Billroth und Richard Wagner den Juden jedwedes Talent schlankweg abgesprochön haben.

Professor Schleiden blieb aber nicht bei seinem Thema im finstern Mittelalter stehen; er ging in die graue Vorzest zurück und sprang auch in die Helle Neuzeit hinein. Ueberall sah er die Jsrae- liten als die eigentlichen Träger der Kultur, als einen naturfrischen/, fortwährend blüthenttagendcn Stamm, welcher die Reinheit des Gottesglaubens, die Grundlagen der Sittlichkeit und den frischen Saft des geistigen Lebens aufbewahrt und über- liefert. Er fand in diesem Stamm sogar Eigen- schäften die man bei ihm kaum gesucht hatte.

Wegen des Heldenmuthes unter den Makka- bäern, wegen der kühnen Vertheidigung Neapels gegen Belizar. der Pyrenäenpässe gegen die Fran- ken stellt Schleiden was ihnen bislang noch von Niemanden nachgesagt wurde die Juden an die Seite der großen Helden, von denen die Geschichte zu erzählen weiß!

Die Juden legten, wie Schleiden haarklein nachweist, nicht nur in allen großen Städten des Orients Lehranstalten an, sondern sie gründeten auch die berühmtesten Akademien im Westen Europa's. Die medizinischen Schule» in Mont- pellier und Salerno stammen von den Juden her. Die Ausbildung der Philosophie verdankt man den Juden, ja Aristoteles selbst soll einer Sage nach diesem Volke angehört haben. Der größte Philosoph des Mittetalters, Maimonides, war ein Glaubensgenosse des Spinoza und Mendels- sohn.

In der Sprachwissenschaft, in der Astrono- mie, Mathematik, Heilkunde und Musik waren die Juden seit den urälteiten Zeiten maßgebend.

Vchtewen ote Pmme vor auen uuvcicu o 1 ״> kern. Der Verfasser führt Aussprüche berühmter Rabbiner an, an- denen mit Klarheit in die Augen springt, daß der Jude eigentlich ein wahres Muster von Gefühl, Barmherzigkeit und Tugend sein muß. Unter Anderem zitirt er nachstehende Lehren eines französischen Rabbiners (Jehuda Leon ben Jsak Hachassid): ״Wie gegen Deine Glaubensbrüder sollst Du auch gegen den Christen handeln: hat dieser sich zu seinem Nachtheile ge- irrt, so sollst Du ihn darauf aufmerksam machen." ״Du sollst dich nie eines lügenhaften Vor-

wände- bedienen, und nickt einmal einem unstchern

Borger sollst du saaen: du habest kein Geld." Hiezu bemerkt Schleiden: ״ Dagegen hatte die christliche Kirche es öffentlich als Grundsatz au», gesprochen: Ketzern braucht man nicht Wort zu halten." ״ DaS Ziel aller philosophischen Theo- rie ist die praktische Verwirklichung sittlicher Zwecke, und dann eben besieht das Judenchum", heißt es an einer Stelle in jener Abhandlung.

Man kann nicht genug staunen über die feu- rige beredte Vertheidigung und die blendende Reinwaschung von Seiten des klassisch gebildeten Botanikers. Ein alltäglicher Leser wird zweifelS- ohne die Hände über den Kopf zusammenschlagrn ob dieser Schwärmerei eines sonst nüchternen Naturforschers und mit Don Carlos auSrufen:

״ Du sprichst von Zeiten, die vergangen sind."

Im wilden Mittelalter mögen die Juden durch ihr stilles, geistiges Leben sich ausgezeichnet haben. Wo sind aber jetzt die wunderlichen Hei- ligen, die Ritter voller Mildthätigkeit, Sanftmuth, Wohlwollen, Aufrichtigkeit, und Gerechtigkeitsliebe im Judenthume? Wo findet man denn sonst die Bielprozentigen als im sogenannten auserwählten Volke? Wo stecken die nach der landläufigen Annahme aus ihrer Art geschlagenen Israeliten, wie Professor Schleiden sie schildert? Ich wage die Behauptung aufzustellen, daß diese weihen Raben in Bosnien sich aufhalten!

Die Juden in Neu - Oesterreich unterscheiden sich durch mehrere allerdings negative Eigen- schäften von vielen europäischen Glaubensgenossen. Sie sind vor allem keine Chorführer der öffent- lichen Meinung, weder in Wort noch in Schrif- ten, weil ein öffentliches, geistiges Volksleben in dieser Provinz ebensowenig existirt, wie ein ton- angebendes Zeitungswesen. Sie machen weder in Geld noch in politischen Meinungen Wechsel- geschäfte. Sie betheiligen sich nicht am Volks- wirthschaftlichen Aufschwünge oder Untergange, weil das Land noch keinen Effektenhandel tteibt. Sie sind keine Börsenbarone, stehen auch nicht mit dem stolzen Adel auf Du und Du, weil eS in der goldenen Bosna an einem gothaischen Ka- «.;.; ן,״ , Aristokraten noch

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Türkei durchaus nicht verpönt ist. Den!» ״י , jetzigen Moslem geben gar wenig auf den Aus- spruch des Al Hafi in Lessings ״ Nathan dem Weisen": ״ Leihen, auf Wucher leihen, ist nicht viel besser als stehlen!" Die modernen Türken sind vielmehr auf daS Leihen angewiesen. Sie versprechen auch Wucherzinsen und zwar sehr hohe Zinsen, beeilen sich aber gar nicht mit dem Zurückzahlen, dem Beispiele der hohen Pforte folgend, worüber die Besitzer der Türkenloose viel zu erzählen wissen.

prächttger Korkbäume spielten und jauchzten wir Kinder."

,Lch erinnere mich, daß ich ein Mal nach Blumen suchend unten an den Bach gerieth, der zwischen den Hügeln dahinrieselt. Ich setzte mich an sein kühle» Ufer auf eine Baumwurzel und sah den kleinen Schildkröten zu, die im Waffen schwammen. Ich weiß nicht, waS mich überkam, Estendi der heilige Friede Gottes lagerte über seine wundervolle Welt Und diesen Frieden, mein Vater," fuhr sie fort, die dunkeln Augen sanft zu ihm aufschlagend, ״fühle ich jetzt wieder m meiner Brust. Und ich sollte selbst den Wind der Wüste über mein stille- Grab herbei- rufen? Unmöglich, Effendi, unmöglich!"

So wenig auch Esther sich über ihren Aufent- halt im kaiserlichen Palaste ausließ, man nahm höheren Orte- offenbar Antheil an ihr. Der Kadi nhielt den Auftrag die schristaelehrten Juden der Stadt zu versammeln und die ganze Gemeinde mit harter Strafe zu bedrohen, wenn sie nicht ihre Autorität bei dem Mädchen altwendeten, um e- -um Uebertritt zu bewegen. Der Plan war gut angelegt. Die Juden hatten noch nicht an die Verfolgung unter Sultan Muleh Aezid ver- geffeu, der seinen, den rückständigen Sold for- deruden Truppen auf vier.und zwanzig Stunden die Plünderung dr» Judenviertel» in Fez bewil- ligt hatte. Die Rabbiner versammelten sich im

Hause des Kadi; der ging in das Harem, wo Esther mit Handarbeiten beschäftigt war.

״Meine Tochtqr," sagte er zu ihr, ״Du hast auf die Gründe bjtr Mohammedaner nicht hören wollen; ich merke,i Du bist um die jenseitige Welt besorgt. Sieh, die Weisen Deiner Nation warten auf Dich; sie werden Dir Gewißheit geben, daß Dir auch bei uns jder Friede in der andern Welt gesichert sei."

״Das ist es rächt," entgegnete sie erblassend; ״aber ich bitte Dich, Effendi, erspare mir diese Qual."

״Es ist de» Sultans Befehl, Esther, er wünsch sehnlich Dich zu rttten."

״dt wünscht"' sagte sie die Lippen ver ziehend. ״

Der alte Main ttat ihr näher.

״Dir darf ich e- vertrauen, Mädchen, dere Einsicht die manl!e» greism Haupte» überrag e« herrscht aroße Aufregung im Volk der Haupt stadt. Die Mollahs predigen laut, daß der Ho Dich im Unglauben bestärke. Es wäre Alle z« befürchten Du verstehst"

,Lch versiehe, !und ich verstehe nicht," erwi derte sie achselzuckfnd. ״aber nicht darauf komm e» an. Du weißt, daß ich hier keinen Wille habe, also geschehe der Eure."

Die Judeufchast vou Fez hatte e» bi»hr nicht an Verwendung und Bestechung fehlen lasser

ihre gefangene Schwester zu befreien; es war umsonst gewesen. Nun hatten diese Alten wenig- stens das Glück dies Mädchen zu sehen, von dem sie bis an ihr Ende mit Begeisterung sprachen. Die Furcht vor einem allgemeinen Unglück hatte die Greise so eingeschüchtert, daß sie Esther mit Bitten und Gründen bestürmten, wenn auch nur zum Schein den Islam anzunehmen.

Lange war sie still; dann richtete sie da» Haupt in die Höhe und übersah festen Blicke- die Versammlung.

״Meine Väter," sagte sie, ״ich begreife, was Euch bewegt. Fürchtet nicht für unfern Stamm, Gott wird die Unschuld schützen; führt nicht da» Beispiel der Königin Esther an. sie war nicht gezwungen, ihren Glauben abzuschwören, ihr Volk zu verleugnen. O, Ihr Säulen Israel», hört die Worte eines unverständigen Kinde». Ich war noch sehr jung, al» der berühmte Jäger Taleb Bucassem in unser Hau» kam, denn mein Vater handelte bisweilen mit Feuerwaffen, die er vo» den Söhnen der Enaländer kaufte. Einst erzählte dieser Jäger den Kampf zwischen zwei Löwen und einem Eber, die er belauschte. Ich spielte neben seinem Knie, und kein Laut seine» Munde» entging mir. Da» unreine Äuitjar siegte im Aampf mit dem Löwen; aber, nachdem e» den Herrn mtt der falben Mähne erschlagen und sein Weck verhöhnte, richtete sich die Löwin zur Rache

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